Das Problem Fast Fashion: Austauschbarer Style auf Kosten der Umwelt
Früher gab es nur Sommer- und Winterschlussverkauf. Man kaufte 1 bis 2 Kleidungsstücke, manchmal mehr, und trug sie über mehrere Jahre. Zwischendurch auftretende Löcher, Risse & Co. wurden einfach geflickt. Erst wenn das gute Stück seinen Zenit überschritten hatte, wurde ein neues Teil beschafft. Heutzutage ist das anders. Heute gibt es den vielsagenden Begriff "Fast Fashion". Und Fast Fashion ist scheiße.
Dank immer schneller austauschbaren Trends, der weltweiten Massenproduktion und der billigen Preise ist Fast Fashion vor allem für Jüngere Normalität. Wenn ein neuer "Concept Store" von H&M, Zara oder Primark öffnet, rennt die trendgeile Masse ihm die Türen ein – um kurz darauf tütenweise billigen Ramsch aus ihm zu schleppen.
Hier bekommt man also noch was für's Geld. Das kann man niemandem vorwerfen. Dass das Zeug so billig ist, weil bei der Qualität und Herstellung gespart wird und dass viele Käufer durch den Preis überhaupt nicht überlegen, ob sie die Kleidungsstücke wirklich brauchen, dagegen schon. Fast Fashion ist scheiße. Nur, falls das noch nicht klar war.
Mit dem Finger auf einzelne zeigen, ist jedoch nicht angebracht. Jede*r von uns hat schon beim ein oder anderen Schnäppchen zugeschlagen. Warum auch nicht, wenn einem etwas gefällt und man es sich leisten kann. Hier liegt allerdings auch das Problem: Die Kleidung ist zu billig, erschwinglich für jede*n. An sich ja keine schlechte Sache. Wenn, ja wenn die Klamotten nicht so billig wären, dass es im Geldbeutel überhaupt keine Rolle spielt, ob man sich ein Einzelteil oder gleich fünf verschiedene Dinge kauft.
Laut Greenpeace werden in Deutschland pro Jahr und Person 60 Kleidungsstücke gekauft, von denen gerade mal die Hälfte wirklich getragen wird. Der Rest wandert irgendwann auf den Müll. In Europa summiert sich das auf fast 6 Millionen Tonnen weggeworfene Kleidung, von denen drei Viertel nicht einmal recycelt wird. Wie vieles davon kaum getragen oder schnell kaputt ist? Unbekannt. Trotzdem eine bemerkenswert hohe Zahl, die nur einen Teil des Problems darstellt. Die Spitze des Eisbergs sozusagen.
Ganz unten in der Nahrungskette der Kleidungsindustrie steht – wie sollte es auch anders sein – der Mensch. Genauer gesagt abertausende an Menschen, die Fast Fashion überhaupt erst ermöglichen, indem sie unter teilweise unwürdigen Bedingungen, ohne Krankenversicherung oder Arbeitsschutz, ohne Altersvorsorge und ohne Pausen durchrackern - und davon nicht einmal leben können:
Laut der Kampagne für Saubere Kleidung betrug 2018 der Mindestlohn in Indien etwa 94 Euro, der Existenzlohn dagegen knapp 300 Euro. Dieser berechnet sich aus zahlreichen Faktoren wie der Größe der Familie, Wohn- und Gesundheitskosten oder auch einfach dem Preis der Lebensmittel, die gebraucht werden. Mit 100 Euro kommt man da nicht weit.
Die Folgen sollten jeder*m klar sein: In armen Familien muss wirklich jede*r anpacken, um das gemeinschaftliche Überleben zu sichern. Egal ob jung oder alt. Gleichzeitig besteht natürlich immer die Gefahr, dass ein wichtiges Familienmitglied ausfällt: Krankheit, mangelnder Arbeitsschutz und dadurch entstandene, teilweise schwere Verletzungen.
Ein weiteres Thema ist die Herstellung. Besser gesagt: die Herstellungsmethoden und ihre Folgen. Das Preisdumping im Endhandel macht sich natürlich auch hier bemerkbar: Je billiger das Kleidungsstück am Ende ist, desto weniger hochwertiges Material wurde verwendet, während der Rohstoffverbrauch relativ hoch bleibt.
300 Tonnen Wasser verbraucht die Herstellung von einer Tonne Stoff laut Greenpeace. Nur um es klar zu machen: Wasser, dass unter Umständen vor Ort dann wiederum der Bevölkerung fehlt. Darüber hinaus kommen die Arbeiter*innen schon bei der Produktion billiger Kleidung mit gefährlichen Chemikalien in Kontakt – von denen kein kleiner Anteil im Trinkwasser der Bevölkerung landet.
Und auch der CO2-Abdruck wird nachhaltig belastet – die Ware muss ja auch irgendwie zur*m Endkund*in kommen. Nach der Christlichen Initiative Romero importiert Deutschland pro Jahr für über 45 Milliarden Euro Kleidung, 90 Prozent davon werden außerhalb Europas produziert, dementsprechend lang sind auch die Lieferwege. Dass ein Großteil davon Fast Fashion sein dürfte, können wir uns denken.
Ihr merkt schon: Zu diesem Thema finden sich so viele Fehler im System, dass man ein Buch dazu schreiben könnte. Wie sieht es allerdings mit Lösungswegen aus? Können wir, die Endverbraucher*innen, einen Wandel aktiv mit gestalten? Zu einem gewissen Teil sicher.
Fast Fashion wird so lange erfolgreich sein, wie es einen Markt dafür gibt. Dass sich dieser in Europa eher vergrößern als verkleinern wird, ist ebenfalls anzunehmen. Wir als Individuen können uns dem Trend entziehen, indem wir bewusster, nachhaltiger einkaufen und unseren Einkauf darauf beschränken, was wir wirklich brauchen – oder gleich zu Second Hand greifen.
Fast Fashion ist ein Trend, der kaum zu verhindern ist. Aber es gibt positive Entwicklungen: Brands zum Beispiel, die rein ökologisch und fair produzierte Kleidung anbieten und so den Gegenpol zur Modeindustrie bilden. Das Problem von Fast Fashion ist also kein unbekanntes, aber größtenteils akzeptiertes. Und das muss sich ändern.