Warum wir in Berlin endlich vernünftiges "Drug Checking" brauchen

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Update: Tatsächlich könnte bald das Drug Checking in der Hauptstadt starten. Dafür setzt sich jetzt ein Berliner Projekt ein, sie wollen es sogar direkt auf Landesebene möglich machen. Tibor Harrach, Pharmazeut und Aktivist, betreut als pharmazeutischer Koordinator das Drug-Checking-Projekt. Vom Berliner Senat wurden für Ende 2018 sowie 2019 insgesamt 150.000 Euro für das Modellprojekt bewilligt, sodass dafür Personal, eine Ausstattung sowie Laborressourcen davon bezahlt werden könnten. Was jetzt schon geht: Apotheken sowie auch einige Landesbehörden dürfen das Drug Checking bereits anbieten. Ausnahmegenehmigungen sind ebenfalls möglich, ohne dass das Betäubungsmittelrecht geändert werden muss.

Vor Kurzem wurden die Ergebnisse einer Studie veröffentlicht, die im vergangenen Herbst zum Drogenkonsum in der Berliner Clubszene durchgeführt wurde. Was dabei herauskam, ist eher so semi-überraschend: Fast 90 Prozent der befragten Partygänger hatten im zurückliegenden Monat Alkohol getrunken, 72 Prozent hatten geraucht und mehr als die Hälfte (62 Prozent) hatte Cannabis konsumiert. Rund die Hälfte gab außerdem an, Amphetamin oder Ecstasy genommen zu haben, gefolgt von Kokain und Ketamin. Und: 55 % der Befragten wünschen sich vom Staat mehr Aufklärung und Prävention.

Der Berliner Senat kündigte daraufhin an, noch in diesem Jahr entsprechende Projekte in die Wege zu leiten. Dazu könnte gehören, dass Konsumenten die Möglichkeiten bekommen, illegal erworbene Substanzen vor dem Gebrauch genau auf ihre Inhaltsstoffe testen zu lassen. So könnten viele Risiken gemindert werden: Viel zu oft sind Substanzen zum Beispiel verunreinigt oder mit anderen Stoffen gestreckt, die extrem gesundheitsschädigend sind. Durch Schwankungen der enthaltenen Mengen besteht außerdem leichter die Gefahr einer Überdosis: Bei Ecstasy-Pillen beispielsweise kann die enthaltene MDMA-Menge extrem variieren, auch wenn die Pillen identisch aussehen.

In einigen europäischen Ländern existieren Möglichkeiten zum Testen seiner Partydrogen bereits. Vor allem in den Niederlanden, aber auch in Österreich, der Schweiz, Spanien und Frankreich wird "Drug Checking" betrieben. Zwar bieten vereinzelt Festivals auch in Deutschland Schnelltestverfahren an, doch diese geben in der Regel kaum hinreichend Aufschluss über Art und Menge der enthaltenen Substanzen. Forderungen nach offiziellen Konzepten gibt es schon lange: Bereits 2008 hat sich die Initiative „Drug-Checking Berlin-Brandenburg“ gegründet, um die Diskussion in Deutschland voranzutreiben.

"Drug Checking"-Angebote könnten einen großen Teil dazu beitragen, die allgemeine Aufklärung zu verbessern 

Dass die deutsche Drogenpolitik nicht die liberalste ist, sollte bekannt sein. Die rechtlichen Gegebenheiten schließen Testverfahren illegaler Drogen bisher aus. So ist es wenig verwunderlich, dass viele Politiker dem Thema "Drug Checking" ziemlich negativ gegenüberstehen. Besonders die CDU (again: Was für eine Überraschung!) äußerte in der Vergangenheit Bedenken, Angebote wie "Drug Checking" würden den Drogenkonsum an sich verharmlosen und könnten Menschen erst dazu verleiten, in dem sie suggerierten, dass die Substanzen an sich keinen Schaden anrichten könnten.

Dazu muss eines gesagt sein: Natürlich steht außer Frage, dass auch „cleane“ Drogen immer noch Drogen sind – der Konsum psychoaktiver Substanzen kann immer negative Folgen nach sich ziehen. Gerade bei sehr häufigem Konsum ist die Gefahr einer psychischen Abhängigkeit groß und körperliche Schäden sind nicht auszuschließen. Das ist aber gar nicht der Punkt. Denn Fakt ist, und die aktuelle Berliner Studie liefert hierfür einen weiteren Beweis: Wer Drogen konsumieren möchte, der tut das auch. Gerade in Städten wie Berlin findet jeder, der danach sucht, ohne große Mühe einen Weg, an Speed, Koks, MDMA oder Sonstiges zu gelangen.

Natürlich konsumieren viel zu viele Menschen, ohne sich großartig Gedanken über die genauen Inhaltsstoffe oder die Folgen regelmäßigen Gebrauchs zu machen. Trotzdem ist sogenannter "Safer Use" ein Thema, mit dem sich sehr viele Feierwütige auseinandersetzen. Würde sich "Drug Checking" in der Berliner Clubkultur etablieren, könnte das nicht nur das Risiko des Konsums von unreinen oder zu hoch dosierten Drogen minimieren, sondern auch einen großen Teil zur allgemeinen Aufklärung beitragen. Bei einer sinnvollen Umsetzung könnten "Drug Checking"-Anlaufstellen nicht nur die Ergebnisse der Tests weitergeben, sondern auch für umfassende Beratung und Suchtprävention sorgen. Und wenn ein solches Angebot erst einmal existiert, könnte es dazu führen, dass mehr Menschen ihren Konsum reflektieren und sich mit möglichen Risiken überhaupt auseinandersetzen.

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