Omis Kuchen und geschmierte Brötchen im Meuh in Neukölln
Update: Das Meuh hat dauerhaft geschlossen.
Bertrand Saxod hat sanfte Gesichtszüge, einen französischen Akzent, geschorene Haare und trägt einen roten Trainingsanzug. Seine Passion: Alles, was mit backen und kochen zu tun hat. Sein Traum: das Meuh, ein kleines aber feines Café auf der Reuterstraße nähe Hermannplatz, das Frühstück, Kuchen und Tagessuppen serviert.
„Ich habe schon immer gerne gekocht. Während meine Cousinen früher draußen spielten, habe ich mit meiner Oma in der Küche gestanden und gelernt, wie man einen richtigen Crêpe zubereitet“, erzählt der junge Schweizer. Diese Leidenschaft zog sich durch sein ganzes Leben – allerdings blieb es immer beim Dinner für Freunde und Familie.
Vor drei Jahren kam Bertrand dann nach Berlin, damals arbeitete er noch im Sales Management eines Kosmetikunternehmens. Seine Freunde versuchten ihn schon lange davon zu überzeugen, seinen Traum vom eigenen Café zu verwirklichen. Und so sollte es kommen. „Im November 2016 hatte ich die Schlüssel zum Laden in der Hand. Wir renovierten vier Monate, bis wir das Meuh im April eröffneten. Wir haben damals so gut wie alles selber gemacht. Das Holz für die Dekoration und Möbel haben wir auf der Nachbarstraße gefunden und selbst zusammen gezimmert“, sagt Bertrand.
Das Meuh ist vor allem eines: gemütlich. Von der Decke hängen golden besprühte Äste an dicken Knoten, die Sofas schaffen Wohnzimmeratmosphäre und die Bücher und Magazine stapeln sich im Schaufenster. In einem holzigen Bilderrahmen ist eine Zeichentrick-Kuh eingerahmt. Das ist übrigens auch die Namensgeberin des Cafés.
„Meine ursprüngliche Idee war es, in dem Café ausschließlich regionale Feinkost-Produkte aus meiner Heimatstadt in der Nähe von Genf anzubieten. Exzellenter Käse, Joghurt, Milch – alles Produkte von der Kuh. So kamen wir auf die Idee, das Café 'Meuh', dem Kuhlaut, zu nennen“, sagt Bertrand. Bisher würde sich der teure Import der Produkte allerdings nicht rentieren. Deshalb bleibt Betrand bei regionalen und saisonalen Lebensmitteln, die er selbst einkauft. Daraus backt er dann süße Spezialitäten und kocht Gerichte, die er in Omis Küche erlernt hat. Seine Interpretation eines Apple Pies (Blätterteil mit Apfel und Crumbles) hat sich in der Nachbarschaft schon herumgesprochen. Auch seine Bretzeli, eine Feingebäckspezialität aus der Schweiz, auf Französisch „Bricelet“, findet man wahrscheinlich nirgendwo anders in Berlin. Übrigens eignen sich die süßen Fladen perfekt, um sie in den Milchkaffee zu tunken.
„Wir wollten mit dem Laden einen Ort im Kiez schaffen, an dem sich jeder wohlfühlt. Wir veranstalten auch Konzerte, kleine Flohmärkte, Ausstellungen oder Geburtstage. Wir möchten gerne alle hier zusammenbringen“, sagt Bertrand.
Von Trends hält Bertrand nicht viel. Avocado-Toast und pochiertes Ei käme ihm nicht auf die Speisekarte, die er regelmäßig aktualisiert. Stattdessen werden geschmierte Brötchen, wahlweise mit Käse, Pilzen oder Butter, verschiedene Omelette und herzhafte Crêpe angeboten – bodenständig, einfach aber gut. Für den süßen Hunger gibt es ausgefalleneres. Heute steht zum Beispiel ein brasilianische Kuchen mit Schokolade, Honig und Doce de Leche, ein lateinamerikanischer Aufstrich aus Milch, Zucker und Vanille in der kleinen Vitrine. Daneben reiht sich eine Schoko-Birnen-Fondant-Torte und ein Orangenkuchen. Dazu gibt es Kaffee von der Gourmet Rösterei Kaffeepur, die am Paul-Linke-Ufer in Kreuzberg ausgewählte Bohnen röstet.
„Ich bin ein Experimentator. Kochen ist für mich wie Chemie. Mich fasziniert, wie sich die Zutaten zu einem Ganzen transformieren. Deswegen probiere ich auch gerne Neues aus. Mein Orangenküchlein besteht zum Beispiel nur aus einer Orange, Mandelmehl und Zucker. Das ergibt eine tolle, saftige Konsistenz“, sagt Bertrand. Allein deswegen lohnt es sich im Meuh vorbeizuschauen.
Unbedingt probieren: Orangenküchlein à la Bertrand.
Veggie: Für Pflanzenesser ist gesorgt.
Mit wem gehst du hin: Definitiv mit Oma und dem französischen Tandem-Partner.
Besonderheit des Ladens: Der Großteil von dem, was im Meuh angeboten wird, ist von Bertrand selbstgemacht. Er steht am Liebsten selbst in der Küche.
Lärmfaktor: Niedrig. Wenn man Glück hat, läuft toller französischer Hip Hop.
Preise: Günstig. Cappuccino gibt es schon für 2,50€ und Mittagsgerichte für 5€.
Meuh | Reuterstraße 13, 12053 Berlin | Montag, Mittwoch, Donnerstag & Freitag: 08–18 Uhr, Samstag & Sonntag: 08–19 Uhr | Mehr Info
Tasnim Rödder