Das Jammern über den Sommer geht mir auf die Nerven!
Alles stöhnt, alles ächzt. Wo man dieser Tage auch hin kommt, trifft man auf jammernde Menschen. "Es ist so heiß!", "Ich kann nicht mehr...", "Wann hört das bloß wieder auf?". Jedes Gespräch dreht sich um die anhaltende Hitze, jeder noch so kleine Smalltalk fängt mit einer Beschwerde über das gute Wetter an. Selbst konservative Omis und vermeintlich revolutionäre Punks verbünden sich und nicken einander mit ihren schweißüberströmten Köpfen zu, so als wollten sie sich Mut machen, eine wirklich harte Krise durchzustehen.
Ich kann da nur mit dem Kopf schütteln, nicht weil ich den Schweiß von meinem Körper abstoßen will, sondern weil mich das anhaltende Jammern über die Wärme nervt. Klar ist es heiß, es ist Sommer – und dass im Sommer die Temperaturen mitunter auf Rekordwerte klettern, völlig normal. Die Sonne lacht, der See ruft, wir könnten das Leben genießen. Mit einem Bierchen oder einem kühlen Wein im Park sitzen, eine Partie Tischtennis spielen oder auch einfach nur lethargisch in unseren Betten liegen, den Ventilator auf höchste Stufe stellen und unsere Lieblingsserie einmal mehr durchsuchten, während wir ein Eis nach dem anderen schlecken.
Selbst konservative Omis und vermeintlich revolutionäre Punks verbünden sich und nicken einander mit ihren schweißüberströmten Köpfen zu, so als wollten sie sich Mut machen, eine wirklich harte Krise durchzustehen.
Statt Sommermärchen muss ich mir jedoch tagtäglich anhören, wie furchtbar die Hitze doch wäre. Hier stöhnt ein Kollege über die Dämmse (BTW: Das sächsische Wort des Jahres 2015) in der Dachgeschosswohnung, dort erzählt mir ein Freund, seit Wochen nicht mehr richtig schlafen zu können. Statt mich und meine Freunde zunächst auf der Gartenparty zu begrüßen, rannte eine Freundin vor einigen Tagen sofort zum Gartenschlauch, als ob sie am Verdursten wäre, nur um sich Wasser über die Haare laufen zu lassen.
Das ist denn auch das zweite Verhalten, das mich befremdet. Neben dem Gejammere verlieren sich die Berliner derzeit in dem Versuch, der Hitze durch skurrile Aktionen etwas entgegenzusetzen. Dabei scheint so eine Art Wettbewerb ausgebrochen zu sein: Wer schafft es, noch mehr Kleidung wegzulassen und dabei irgendwie stilsicher zu wirken, wer schafft es, durch eine noch auffälligere Aktionen sein strapaziertes Gemüt abzukühlen. Hätte es die Ice Bucket Challenge nicht schon gegeben, wäre sie diesen Sommer ganz sicher erfunden worden. Dabei sind es doch die kleinen Dinge im Leben, die Freude bereiten – und völlig ausreichen. Eiswürfel im Wasserglas, ein Eiskaffee nach dem Lunch oder ein gut gekühlter Drink zum Feierabend.
Ich meine, rund um den Äquator leben Millionen, wenn nicht gar Milliarden Menschen, die tagtäglich mit der Hitze, die dort herrscht, fertig werden und deren Leben sich – und da gehe ich ganz stark von aus – um mehr als das bloße Lamentieren über Sonnenschein besteht. Auch den Berlinern würde ich dieser Tage ein bisschen mehr Entspannung und Freude über den Sommer. Es wird früh genug wieder Herbst, um nicht gleich mit dem Winter zu drohen.
Es wird früh genug wieder Herbst, um nicht gleich mit dem Winter zu drohen.
Max Müller