So cool sahen politische Statements lange nicht aus – Tony Futura provoziert mit seinen Grafiken auf Instagram

Tony Futura habe ich zu Weihnachten 2015 auf Facebook entdeckt, als ich ein Bild von ihm auf unserem Facebook-Kanal postete, ohne Quellenangabe, weil ich sie nirgendwo fand. Eine befreundete Journalistin taggte Tony, ich korrigierte die Sache, entschuldigte mich bei Tony, der nur lakonisch meinte: "Schon gut, ich krieg jeden Tag mit, wie sich sowas verselbstständigt...".

Tony heißt natürlich nicht Futura mit Nachnamen, aber arbeitet als Senior Art Director bei der Berliner Werbeagentur DOJO. Er ist 29 Jahre alt, kommt ursprünglich aus dem Osten von Brandenburg und hat an der FH Potsdam Kommunikationsdesign studiert. Seit ein paar Monaten macht er neben seinem Job mit intelligenten, provozierenden, witzigen und (wenn auch ungewollt) politischen Grafiken auf seinem Instagram-Channel auf sich aufmerksam, die sich eben in letzter Zeit immer öfter im Netz verselbstständigen.

Du kommentierst mit deinen Bildern aktuelle, nationale und internationale Geschehnisse – von Popkultur bis hin zu Politik – ähnlich wie die Comic-Strips früher in Tageszeitungen. Siehst du dich selbst als "politischen" Kommentator des Zeitgeschehens?
Persönlich sehe ich mich nicht so. Ich bin eigentlich ein relativ unpolitischer Mensch, was mich selbst auch an mir stört. Eher versuche ich mich selbst mit den Bildern zu unterhalten und mich herauszufordern. Ich weiß, dass einige mich als großen Systemkritiker sehen, das war allerdings nie die Absicht meiner Bilder. Ich freue mich einfach sehr, wenn ich Menschen zum Denken anstoßen kann und mit simplen Bildern etwas in ihnen auslöse.

Ich freue mich einfach sehr, wenn ich Menschen zum Denken anstoßen kann und mit simplen Bildern etwas in ihnen auslöse.

Deine Bilder sind teilweise aber schon sehr kritisch, bzw. provokant. Hast du das Gefühl, dass der Großteil deiner Follower die Anspielungen versteht? Wie reagieren sie auf deine Bilder?
Ich denke schon, dass die meisten verstehen, was meine persönliche Intention bei jedem Bild ist. Klar wird es genauso viele geben, denen das zu hoch oder auch zu flach ist. Ich versuche nicht, ein bestimmtes Level zu halten. Ich mache einfach nur das, was ich selbst gern sehen würde und wovon ich denke, dass es mich vielleicht auf andere Gedanken und Perspektiven bringt.

Mittlerweile kriege ich fast täglich "Dankesbriefe" per Mail oder Instagram, in denen mir Leute schreiben, wie inspirierend meine Arbeiten für sie sind und dass ich bloß nicht aufhören soll. In den Kommentaren unter verschiedenen Facebook-Posts sieht es witzigerweise oft anders aus. Dort fallen dann oft Worte wie "sexistic" oder "no talent at all" und vieles weiteres. Ich finde das alles ziemlich unterhaltsam, vor allem, dass so simple Bilder Menschen so in Rage versetzen können. Eine Userin meinte mal, ich würde den "animal holocaust" glorifizieren. Andere meinten, ich sollte mal richtig vermöbelt werden, weil ich klassische Kunstwerke verschandele und keinen Respekt gegenüber den alten Meistern zeige. Ich beobachte die Diskussionen unter den jeweiligen Lagern dann meist und ziehe daraus für mich meine eigenen Schlüsse.

Wann und warum hast du damit begonnen, kleine Grafiken für Instagram zu bauen?
Das hat so ungefähr vor einem halben Jahr angefangen. Ich hatte den Eindruck, dass ich lange keinen kreativen Output mehr gehabt habe (also abgesehen von dem auf der Arbeit) und das Gefühl, dass ich eigentlich mehr machen könnte als Fotos von meinem Essen oder neuen Sneakern. Zudem muss ich mich wegen meines Jobs mit Kanälen wie diesem vertraut machen. Beide Gründe zusammen waren genug, um mich selbst zu überreden, mal wieder etwas zu machen.

Instagram ist ja mittlerweile nicht mehr nur eine Plattform, um (hübsche, inszenierte) Bilder zu posten, sondern dient vielen als Mittel zur Inszenierung ihrer eigenen Kunst und Meinung. Es gibt z.B. Online-Magazine, die nur auf Instagram stattfinden. Wären deine Bilder ohne Instagram nicht entstanden?
Wären sie in der Form vielleicht irgendwann oder irgendwo anders als auf Instagram. Es war für mich anfangs einfach nur ein willkommener Grund mich auszuprobieren und mir selbst die Aufgabe zu geben, so viele Ideen wie möglich zu entwickeln. Ich habe leider keine Ahnung mehr, wer mal gesagt hat (wahrscheinlich irgendein Werber, dessen Buch ich gelesen habe), dass man Ideen nicht für sich behalten, sondern sie rauslassen soll, um sie mit der Welt zu teilen. Sonst macht es irgendwer anders und man selbst steht ohne was da. Und je weniger man für sich zurücklegt, desto mehr Neues muss man produzieren. Ein ziemlich cleverer Gedanke, denke ich. Dieser ganze Prozess ist eine riesige Erfahrung für mich und ich bin sehr froh darüber, dass es gerade so gut läuft.

Wie lange brauchst du, um eine Grafik zu bauen? Kannst du neben deinem Job spontan Grafiken bauen oder hast du eine Agenda?
Das ist sehr unterschiedlich. Ich sitze ungern länger als eine Stunde an den Bildern, viele sind auch nur digitale Collagen, die aus Netzfundstücken und eigenem Material zusammen gebaut werden. Manchmal muss ich mich mit anderen Programmen als Photoshop vertraut machen, manchmal lasse ich Ideen von anderen umsetzen, die zum Beispiel 3D-Software besser beherrschen und die ich dafür auf meinem Account feature.

Einen festen Plan hab' ich nicht, ich suche einfach interessante Themen oder bekannte Bilder und drehe die Aussage durch das Kombinieren mit anderen Inhalten. Am liebsten sind mir natürlich Themen, die eine positive Aussagekraft haben und andere vielleicht dazu bringen, etwas an der Welt zu ändern – wie zum Thema Fischfang.

Was inspiriert dich sonst noch?
Das ist sehr unterschiedlich. Manchmal fallen mir die Dinge eher Geistesblitz-ähnlich ein, wenn ich irgendwo etwas sehe oder höre, meistens suche ich gezielt nach einfachen Objekten, mit denen viele Menschen etwas in Verbindung bringen können. Besonders interessant finde ich es, wenn man aus offenbar gegensätzlichen Dingen eine klare und sinnvolle Aussage schaffen kann. Bilder aus der Kunst und der Pop-Kultur bieten mir hier einfach eine perfekte Grundlage.

Hast du einen Plan oder gibt's demnächst eine Ausstellung mit deinen Grafiken?
Keine Ahnung. Ich denke, so lange ich Spaß dran habe und ich merke, dass das andere auch haben. Aber ich würde wirklich gern eine Ausstellung machen dürfen, dafür will ich einige der Bilder aber als Skulpturen umsetzen und vor allem auch den richtigen Ort finden. Ich habe bisher schon Angebote aus New York und London bekommen, war mir jedoch nie wirklich sicher, ob ich bereit dafür bin. Aber vielleicht klappt es ja dieses Jahr noch.

Vielen Dank, Tony!


Alle Bilder: © Tony Futura

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