Das "House of One" in Berlin-Mitte soll Christen, Juden und Muslime unter einem Dach vereinen
Update 12. Februar 2019: Der Tagesspiegel berichtet, dass aus dem Berliner Jahresüberschuss 2018 in Höhe von 2,4 Milliarden Euro 650 Millionen Euro dem „Sondervermögen Infrastruktur der Wachsenden Stadt“ (Siwana) zugeführt werden sollen. 10 Millionen Euro davon kommen dem House of One zugute, also genau der Betrag, den es brauchte, damit der Grundstein gelegt werden kann. Vielleicht kann es dann 2019 endlich mit dem Bau losgehen!
Vor Kurzem bin ich auf einer Tour durch Berlin auf das "House of One" aufmerksam geworden beziehungsweise auf das Grundstück in Mitte, auf dem mal das House of One mal stehen soll: der Petriplatz, der lange Zeit unbebaut vor sich hin wilderte. Mitte heißt nämlich nicht einfach nur so Mitte, sondern weil der Petriplatz auf der Spreeinsel der zentrale Platz der mittelalterlichen Stadt "Cölln bei Berlin" war – das historische Zentrum der heutigen Hauptstadt.
Auf dem Petriplatz wurden in den 2000er Jahren bei archäologischen Ausgrabungen jede Menge historische Artefakte und Fundamente gefunden, unter anderem die der Petrikirche – woraufhin die Stadt diese historische Mitte reaktivieren wollte. Aber wie? Damit war die Idee des House of One geboren. Ein Haus, das dem wachsenden, multikulturellen Berlin gerecht werden soll und damit eine Antwort auf die Frage nach Integration und Zusammenleben geben will.
Die Short Facts // Das House of One ist ein multireligiöser Bau, der Christentum, Judentum und Islam unter einem Dach vereinen will // Der Bau wird durch Spendengelder finanziert und kostet insgesamt 40 Millionen Euro // Baubeginn sollte 2015 sein, bisher sind aber erst 1 Millionen Euro zusammengekommen
Wer immer noch Fragezeichen im Gesicht hat, dem beantworten hier ausführlich ein paar Fragen zum House of One.
Was ist das House of One?
Das House of One ist keine Kirche, Moschee oder Synagoge, sondern alles in einem – ein interreligiöser Bau, der die drei großen Glaubensrichtungen unter einem Dach vereinen will – Christentum, Judentum und Islam – und damit ein weltweit einmaliges Projekt ist.
Wer kam denn auf die Idee?
Gründungsmitglieder des Vereins, der hinter dem House of One steht, sind als jüdischer Partner die Jüdische Gemeinde Berlin und das Abraham Geiger Kolleg, als muslimischer Partner das Forum für Interkulturellen Dialog e.V. und als christlicher Partner die Evangelische Kirchengemeinde St. Petri-St. Marien und der Evangelische Kirchenkreis Berlin-Stadtmitte.
Welche konfessionellen Besonderheiten mussten bei dem Entwurf der Kirche beachtet werden?
Das Haus vereint drei Gebetsräume und diese müssen nach den jeweiligen Erfordernissen der jeweiligen Religionen gebaut werden. Anna Poeschel von der Pressestelle des House of One schreibt mir: "Dabei wird bewusst darauf geachtet, dass auch andere Konfessionen (wie im christlichen Falle die Katholiken) oder konservative Richtungen ihren Gottesdienst darin feiern können. Das Besondere ist hier, dass diese drei Gebetsräume durch einen vierten Raum verbunden sind: einen zentralen Raum der Begegnung, der für gemeinsame Veranstaltungen genutzt werden kann."
Was entgegnet der Verein Kritikern auf den Vorwurf, dass die beteiligten Partner (jüdische Gemeinde, islamische Gülen-Bewegung, evangelische Kirche) die vielen verschiedenen Glaubensrichtungen nicht im Gesamten widerspiegeln?
Poeschel sagt: "Gerade im Bereich des Islam gibt es keine Institution, die für die Muslime im Gesamten sprechen kann. Aber abgesehen davon: Die Initiative für das House of One ging von 'kleinen' Organisationen, d. h. von der Basis her, aus: einer evangelischen und einer jüdischen Gemeinde sowie einem muslimischen Dialogverein. Diese Organisationen haben sich auf den Weg der Realisierung gemacht, weil sie an die Idee glauben, trotzdem im Vorhinein nicht alle schwierigen theologischen und politischen Fragen beantwortet werden konnten und können, die bei einer größeren Zahl von beteiligten Konfessionen und Richtung zweifelsohne vermehrt auftreten. Dennoch beanspruchen die drei Gründerpartner natürlich keine Ausschließlichkeit. Alle anderen Institutionen und Glaubensrichtungen sind herzlich willkommen, die Bandbreite des religiösen Lebens zu erweitern und zum Ausdruck zu bringen."
Sind in dem Haus auch Nicht-Gläubige willkommen?
Ja. Poeschel meint: "Das House of One sucht ausdrücklich den Austausch mit der mehrheitlich atheistischen Stadtgesellschaft." Dies soll durch verschiedene Veranstaltungen und Besichtigungsmöglichkeiten gewährleistet werden. Zudem sind Touristen wie Schüler, Studenten und alle anderen Interessierten willkommen. Das House of One will ein Ort des Lernen werden.
Wie finanziert sich das Haus?
Hier wird's spannend, denn das House of One will sich unabhängig von Interessengemeinschaften finanzieren, um größtmögliche Freiheit bei der Planung und Umsetzung zu garantieren. Deshalb soll es von Spendengeldern finanziert werden. Auf der Website kann man symbolische Steine kaufen, die jeweils 10 Euro (Mindestspendensumme) kosten. Aus über 4 Millionen Steinen, also wenn über 40 Millionen Euro gespendet wurden, kann mit dem Bau des House of One begonnen werden.
Aber bis dahin ist es noch ein weiter Weg, denn bisher sind gerade mal etwas über 1 Million Euro gespendet worden.
Wann sollte denn das Haus gebaut werden?
Geplanter Baubeginn war eigentlich Ende 2015. Ab 10 Millionen gesammelten Euro kann der Grundstein gelegt werden. Die Bauzeit selbst ist dann auf zwei Jahre angesetzt.
Welche Schwierigkeiten hat das House of One bei der Finanzierung?
Im Prinzip Vertrauen seitens der Spender. Poeschel sagt: "Anders als humanitäre oder ökologische Initiativen ist das House of One als mögliches Spendenprojekt noch nicht etabliert. Wir müssen die Idee erst einmal bekannt machen und über einen gewissen Zeitraum zeigen, dass sie trägt. Allerdings hat unser Projekt weltweit Resonanz gefunden. Wir haben Presseberichterstattung und Spenden aus über 40 Ländern erhalten."
Warum kann das Projekt nur privat finanziert werden und nicht z.B. durch die Stadt oder durch die beteiligten Konfessionen selbst?
Der Verein agiert hier – verständlicherweise – recht idealistisch, denn sie wollen, dass das Haus, wie oben beschrieben, von der breiten Masse getragen und nicht durch politische Ziele beeinflusst wird. Poeschel meint, dass sich beispielsweise die Stadt Berlin, der Bund und die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg verschiedenartig beteiligen, zum Beispiel durch Kollekten, Personal, internationalen Kontakten und der Finanzierung von Veranstaltungsreihen. "Wir wollen, dass unsere Idee in die Breite ausstrahlt und von einer breiten Masse getragen wird, damit die Friedensidee in unserer Stadt und der Welt, in der wir leben, ankommen kann.", sagt Poeschel.
Wir wollen, dass unsere Idee von einer breiten Masse getragen wird, damit die Friedensidee in unserer Stadt und der Welt, in der wir leben, ankommen kann.
Was geschieht mit den bisher eingenommenen Geldern, sollten die 40 Millionen für den Bau nicht zusammen kommen?
Der Verein hofft natürlich, dass es nicht so weit kommt. Sollte aber zumindest die Spendensumme von 10 Millionen Euro für den Beginn der 1. Bauphase nicht erreicht werden, werden die Spenden für Projekte verwendet, die „zum gegenseitigen Verständnis der Religionen durch friedensfördernde, sozial gerechte und die Schöpfung erhaltene Formen des Zusammenlebens beitragen“. Was das für Projekte sein werden, wird erst in Zukunft entschieden.
Bleibt zu hoffen, dass das Haus tatsächlich irgendwann Wirklichkeit wird und nicht nur ein schöner, friedlicher Traum.