ARTVERGNÜGEN #101 – Unsere 11 Kunsttipps für den November 2016

Ab November steht man gefühlt bereits zwischen den Jahren. Genau jenen Transit führt uns auch die Kunst vor – sie schießt uns aktuell wild durch die Zeiten und Sphären: das Ende des Polaroids, der Beginn der Raumfahrt, die Zukunft des Produktdesign. Kommt mit, kommt mit uns ins Abenteuerland!

Installationsansicht "Open Windows" © Sexauer Galerie

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Open Windows – Reflections of BEUYS

Vor 30 Jahren starb Joseph Beuys. Der Mann hat uns die Salonhaftigkeit des Hässlichen gelehrt, das Banale ins Museum gebracht, die Nicht-Kunst proklamiert– Stichwort: "Ist das Kunst oder kann das weg?". Anlässlich Beuys' Sterbetages lässt die Galerie Sexauer sein Werk durch konzeptionelle Erben wieder aufleben. Das Beuyssche Credo “Jeder Mensch ist ein Künstler” wurde bei der Eröffnung in einer Performance von Alexander Iskin umgesetzt. Nicht fehlen dürfen die legendären "One Minute Sculptures" von Erwin Wurm, außerdem Werke von Alfredo Jaar, Kitty Kraus, Jonathan Meese, Michael Sailstorfer, Christoph Schlingensief und Rirkrit Tiravanija.

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Christopher Kline

In Kinderhook, New York, regierte einst der Präsident Martin Van Buren. Eines Tages machte er sich daran, seine Memoiren niederzuschreiben, als sich mysteriöses ereignete. Der Künstler Christopher Kline hat sich in den letzten Jahren intensiv mit den Mythen seines Heimatortes auseinandergesetzt. Sein langfristiges Projekt findet jetzt seinen Höhepunkt in einem verfilmten Puppentheater. Sich auf seine skurrile Fantasie in Idee und Form einzulassen, hat sich bisher noch nie nicht gelohnt. Also: tut es. 

Der schweigende Stern, DDR/Polen 1960, Regie: Kurt Maetzig © DEFA-Stiftung / Waltraud Pathenheimer

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Things to Come

Die Zukunft ist derzeit sehr angesagt. Neulich beleuchteten wir "11 Serien, deren Ideen Realität wurden": "Die Simpsons" prophezeiten Trump als Präsident, "Knight Rider" die fahrerlosen Autos und "Friends" Facebook. In der Deutschen Kinemathek kann man solche Sci-Fi-Szenarien jetzt in einer Art begehbarem Erlebnispark erfahren. In der Ausstellung "Things to Come" bewegt sich der Besucher durch 300 Exponate zwischen Schwerelosigkeit und Kommandobrücke, Aliens und Robotern, zwischen Interstellar und Star Trek. Zum Glück haben sich manche Fantasien bis jetzt nicht materialisiert...

  • Deutsche Kinemathek Potsdamer Straße 2, 10785
  • Dienstag – Sonntag: 10.00–18.00 Uhr, Donnerstag: 10.00–20.00 Uhr
  • Sonderausstellung: 5 Euro, Kombiticket inkl. Ständige Ausstellung: 7 Euro
© Galerie Max Hetzler

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Konstantin Grcic

Konstantin Grcic, schon zu Lebzeiten legendärer Industrie- und Produktdesigner, lehnt sich gegen das Label des Minimalisten – er sei ein Simplizist. Materialien und Produktionstechniken bringt er bisher ungesehen zum Einsatz. Aus flachem Aluguss formte er den "Chair One", der futuristisch und wenig funktional erscheint, sich aber äußerst komfortabel sitzt. Die Vielzweckleuchte "May Day" bewegt sich ebenfalls nicht allzu weit von ihrer Inspiration, der Baustellenlampe, weg, wurde aber durch kluge Adaption weiter gedacht. Praktikabilität und Experimente vereinen sich in Grcics Produkten zu auffälligen Klassikern des Produktdesign.  

Ohne Titel © Jette Skorna, "Woman in Disguise"

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Monat der Fotografie – Off

Stillstand bedeutet Tod. Daher folgt auf den Europäischen Monat der Fotografie jetzt reibungslos der "Monat der Fotografie-Off", mit einem Fokus auf Berliner und Paris Künstler, aber nicht strikt auf jene reduziert. Nach einer erfolgreichen Erstausgabe 2014 geht das Festival in die zweite Runde. 50 Ausstellungen wird es geben, eine davon ist die "Woman in Disguise"-Gruppenschau, die am 3. November um 19 Uhr in der Galerie VOLUME eröffnet. Dem Frauenbild im digitalen Zeitalter gilt hier die volle und vor allem unsere Aufmerksamkeit.

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Berlin Art Prize 2016

In diesem Jahr präsentiert sich der unabhängige Berlin Art Prize frisch renoviert: 2016 gibt es nur noch neun Nominierte auf der Shortlist, die wiederum dürfen dafür in der Ausstellung mehrere ihrer Werke zeigen. Drei von ihnen werden zu den Gewinnern des Berlin Art Prize zählen und zur Preisverleihung unter anderem eine eigens von Tomás Saraceno kreierte Trophäe überreicht bekommen. Zur diesjährigen Jury gehören mit Karen Archey, Kito Nedo, Emeka Ogboh, Ahmet Öğüt und Susanne Winterling ausschließlich Künstler und Kulturschaffende, die selbst in Berlin zu Hause sind. Wer die schon immer mal treffen wollte, sollte sich spätestens zur Afterparty ab 22 Uhr auf der Tanzfläche einfinden.

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All-Analog Aperitif mit Jens Meurer

“An Impossible Project” ist ein Dokumentarfilm, der die Geschichte der Retter der letzten Polaroidfabrik erzählt, die passenderweise unter dem Namen Impossible arbeiten. Im Mittelpunkt steht dabei der 27-jährige Oskar Smolokowski, Leiter von Impossible, der nach über 20 Jahren die erste neue Polaroidkamera auf den Markt gebracht hat. Das macht er nicht aus nostalgischen Gründen, sondern weil er zusammen mit seinem Team das Alte mit dem Neuen verbinden möchte, analog mit digital. Benutzt wird diese Entwicklung inzwischen von Größen wie Ellen von Unwerth.

8
Meatspace | COVEN Berlin

Coven Berlin schafft in der Kunstszene Berlins Raum für Diskurse zu Feminismus, Liebe, Geschlecht, Sexualität und Kunst selbst und holt uns damit auf erfrischende Art aus unserem Opening-Trott. Im “Meatspace” wird sich alles um Fleisch und Blut in allen erdenklichen Körperformen und unserem Verhältnis dazu drehen. Bei Talks, Performances, Livemusik, einer Tattoosession von Girls That Poke und Visual Art ist jeder eingeladen, sich in entspannter Atmosphäre auszutauschen und einen Blick über den eigenen Tellerrand zu wagen.

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Julian Röder

Im Interview durften wir erfahren, dass der Fotograf Julian Röder ein sehr netter Mensch, ein aufmerksamer Beobachter und ein pointierter Dokumentateur ist. Ausgebildet von Ostkreuz und der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig siedelt er sich zwischen angewandter und konzeptionell dokumentarischer Fotografie an. Macht und Ökonomie ziehen sich als roter Faden durch seine Bilder und zeigen sich par excellence auf der größten Waffenmesse der Welt in Abu Dhabi, deren Besuch Julian in seiner, mit dem Lead Award ausgezeichneten, Serie “Waffen für Arabien” dokumentierte. Die Überblicksausstellung “Recht und Raum” verschafft Einblick in Julians breites Repertoire und präsentiert zudem seinen noch neuen, dreiteiligen Serien-Zyklus "Macht und Angst".  

  • Haus am Waldsee Argentinische Allee 30, 14163 Berlin
  • Eröffnung 17. November 2016, 19.30 Uhr | Bis 12. Februar 2017 | Dienstag – Sonntag 11.00–18.00 Uhr, montags geschlossen
  • 7 Euro, ermäßigt 5 Euro

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Costumes and Wishes for the 21st Century

Der Mensch ist nicht dumm: Er macht sich die graue Jahreszeit einfach zur buntesten. Weihnachten, Karneval und Halloween sind die lautesten Anlässe, die Kunst ein weiteres Ventil. Die Künstlerin Dominique Gonzalez-Foerster führt in ihren Werken durch Räume und Zeiten, in die euch das Berliner Label BLESS im Schinkel Pavillon tatsächlich auch schlüpfen lässt. Wer wollt ihr sein? Edgar Allen Poe? Fitzcarraldo? Mit ergänzendem Hair & Makeup wird das Rollenspiel zum bunten Zirkus, zur Zeitreise und zu einer irgendwie ganz schön bizarren Szenerie.

  • Schinkel Pavillon Oberwallstraße 1, 10117 Berlin
  • Bis 22. Januar 2017 | Donnerstag – Sonntag: 12–18 Uhr | November Cosplay Sundays 7./13./20.November: 15.00–18.00 Uhr
  • 4 Euro, ermäßigt 3 Euro
Greg Lynn: Embryologisches Haus, Kunststoff Eier – Größe B, 1999–2001 ABS-Kunststoff, Vakuum geformt © Embryological House fonds, Montréal

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+ultra. gestaltung schafft wissen

Gute Gestaltung ist eine mächtige Waffe der Kommunikation. Gutes Design vermittelt komplexe Inhalte. Und eben solche komplexen wissenschaftlich-technischen und gesellschaftlichen Entwicklungen stellen besondere Anforderungen an Gestaltungsprozesse. Der 3D-Druck beispielsweise ermöglicht schnelles Prototyping im Produktdesign – und das ist noch eins der mental greifbarsten Beispiele von"+ultra. gestaltung schafft wissen". Studenten des Studiengangs Curating Knowledge an der HU nehmen euch aber an die Hand und erklären euch während regelmäßigen Führungen beispielsweise, was der Eiffelturm mit euren Knochen gemein hat. Das Hilfsangebot solltet ihr annehmen. 

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