11 Fragen und Antworten, die dir ein besseres Verständnis über die LSBTI* Community geben

Heute findet mit dem Christopher Street Day einer der wichtigsten Tage für die LSBTI* Community des Jahres statt. Das ist doch mal eine gute Gelegenheit, ein paar Dinge zu erklären, die vielleicht noch unklar sind, denn wie wir aus Pocahontas wissen: "Fremde Erde ist nur fremd, wenn der Fremde sie nicht kennt." Hier also 11 Fragen und Antworten rund um Homosexualität, Transgender und queere Community, die ihr euch schon immer gestellt, aber nie zu fragen getraut habt – sei es aus Angst, unhöflich oder aufdringlich zu sein oder als ignorant zu gelten. Los geht's!

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1. Erst mal, wofür steht denn LSBTI*?

Die zugegeben etwas sperrige Bezeichnung steht für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender und intergeschlechtliche Personen. Vereinfacht gesagt, geht es um Menschen, die in ihrer Sexualität und/oder Gender-Identität von der heterosexuellen cis-Norm abweichen. (Was ist denn jetzt cis? Cis bezeichnet Personen, die sich mit dem Geschlecht identifizieren, dass ihnen zur Geburt zugewiesen wurde). Zur Verkürzung werden manchmal Buchstaben wie das „I“ weggelassen. Im Englischen spricht man zum Beispiel meist von der LGBT-Community. Außerdem hat sich das Wort „queer“ zur Bezeichnung etabliert, weil es nicht exkludierend, sondern umfassend ist.

2. Und wie bezeichne ich dich jetzt ganz persönlich?

Das hängt von jeder Person individuell ab, wie sie oder er sich identifizieren. Warte am besten bis sich dir dein Gegenüber öffnen möchte. Besonders für Transgender ist es wichtig, dass du sie mit dem richtigen Pronomen („sie“ oder „er“) belegst und dich daran hältst. Mich zum Beispiel kannst du als schwul bezeichnen.

3. Ist das nicht super kompliziert?!

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Keine Sorge, ist es wirklich nicht. Du konntest alle drei Annas deiner Grundschulklasse auseinanderhalten, da bekommst du das auch hin.

4. In der Beziehung: Wer ist denn dann der Mann und wer die Frau?

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Ähm,... also: Bei einem schwulen Paar sind beispielsweise natürlich beide Männer Männer. Wenn du damit fragen möchtest, wer welche Position beim Sex einnimmt: Das ist eindeutig ein Thema für Rotweinabende unter Freunden.

5. Was hat es mit dem Christopher Street Day auf sich?

Beim CSD wird jährlich der Unruhen gedacht, die im Juni 1969 rund um die Schwulenbar Stonewall Inn in der Christopher Street (daher der Name!) in New York City stattfanden. Die gewaltsame Auseinandersetzung zwischen der Polizei, die in Razzien das Publikum der Bar diskriminierend verfolgte, und der transsexuellen und homosexuellen Gäste, die für ihre Freiheit einstanden, begründete eine neue Bewegung der Emanzipation. Heute geht es weiter darum, für die Rechte der Community einzustehen, auf Ungerechtigkeiten aufmerksam zu machen und dabei unsere Vielfalt zu zelebrieren.

6. Ihr seid doch in Deutschland gleichberechtigt oder nicht?

Leider nicht in jedem Bereich. Auch wenn wir große Fortschritte gemacht haben, dürfen wir zum Beispiel nicht heiraten und Ehen führen, sondern haben sogenannte "Eingetragene Lebenspartnerschaften", in welchen wir kein volles Adoptionsrecht besitzen. Warum das wichtig ist? Wegen Familie natürlich, und darum! Außerdem gibt es viele weitere Themen wie die Rehabilitierung der rund 50.000 Männer, die nach Paragraf 175 noch in der Bundesrepublik für ihre homosexuellen Handlungen verfolgt wurden, oder die Sicherheit für queere Geflüchtete.

7. Ist es nicht irgendwie gerade „in“ sich zu outen?

Nein, es ist nicht "in". Warum Coming-Outs in der Öffentlichkeit zunehmen, hat den einfachen Grund, dass sich heute mehr Menschen damit wohl fühlen ihr authentisches Ich zu leben als das in der Vergangenheit der Fall war. Trotzdem fällt es vor allem jungen Menschen immer noch schwer sich zu outen, weil sie oft nicht wissen, wie Familie, Freunde und Arbeit darauf reagieren, wie man vor zwei Jahren bei Schauspielerin Ellen Page sehen konnte. Unterstützung ist hier ganz wichtig!

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8. Schwule sind ja gerade überall im Fernsehen zu sehen. Das ist doch toll oder?

In letzter Zeit hat die Anzahl besonders von schwulen Charakteren und besonders im TV zugenommen, yes! Es gibt dreidimensionale Repräsentationen in Modern Family, Orange Is The New Black und mittlerweile auch im Berliner Tatort. Leider beschränkt sich diese Sichtbarkeit aber größtenteils auf weiße, schwule Charaktere. People of Color sind beispielsweise immer noch wesentlich schlechter vertreten. Auf der großen Leinwand im Kino werden queere Menschen unterdessen immer noch allzu häufig als "verrückter bester Freund" zur Punchline. Und so gerne wir Captain Americas Chris Evans ohne T-Shirt sehen (!), sucht man einen schwulen Superhelden oder eine romantische Komödie mit Trans-Schauspielerin Laverne Cox in der Hauptrolle vergebens. Brokeback Mountain tröstet eben nur eine Weile.

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9. Aber in der Gesellschaft und vor allem in Berlin ist man doch angekommen?

Auch hier folgt eine "Jein"-Antwort. In den meisten Situationen können wir unsere Liebe leben und öffentlich zeigen. In Berlin fällt das oft leichter als in kleinen Gemeinden. Dennoch gibt es Entwicklungen, die mich persönlich beunruhigen. Darunter fällt die Alternative für Deutschland (ganz aktuell), Trump und natürlich der Anschlag auf den Pulse Club in Orlando, welcher einen Schutzraum der Community an Latin Night traf und bei dem 49 Menschen das Leben genommen wurde. In der aktuellen Studie "Die enthemmte Mitte" der Universität Leipzig haben zudem 4 von 10 Menschen angegeben, dass sie es ekelhaft finden, wenn sich Homosexuelle in der Öffentlichkeit küssen. Puh!

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10. Hat man da manchmal Angst, sich und seine Liebe öffentlich zu zeigen?

Oft ist es weniger Angst, als dass man sich unwohl fühlt. Auch das ist natürlich bei jedem individuell verschieden. Jeder macht seine eigenen Erfahrungen. Habe ich schon mal die Hand meines Partners losgelassen, weil ich befürchtete, beleidigt zu werden? Ja. Sollte ich seine Hand dennoch festhalten? Ja.

11. Gelten diese Antworten für die gesamte Community?

Nein, und das ist ganz wichtig! Jede Person geht anders mit ihrer Sexualität und Gender-Identität um und dabei sind Verallgemeinerungen schwer möglich. Was uns eint: Wir möchten wie jeder Mensch ein authentisches Leben führen, Liebe in die Welt tragen und sonntags mit einem Mars-Eis in der Hand auf der Couch liegen und Netflix schauen (okay – letzteres trifft wahrscheinlich nur auf mich zu).

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