ARTVERGNÜGEN #39 – Kader Attia in den Kunstwerken, das Amerika Haus im Wandel der Zeit, Rundgang der UdK und Jodie Carey im Tieranatomischen Theater

Das Leben kann nicht immer heiter Sonnenschein sein. Diese Lektion lehrt uns der diesjährige Sommer. Und die Kunst hat die Dinge ja sowieso noch nie schön geredet: Gewalt, Bomben, Knochen, Blut und Alkohol... Deswegen Feuer frei für die Studenten der UdK, die Installation von Jodie Carey, documenta-Künstler Kader Attia und das C/O.

kw_attia_foto uwe walter_012_67777

Kader Attia in den Kunstwerken
Wohnhaft in Frankreich und Algerien wuchs der kleine Kader gleichermaßen im westlich-christlichen wie auch arabisch-muslimischen System auf. Wichtig für ihn als Künstler, der persönliche Erfahrungen öffentlich in Form gießt. Mit “REPAIR. 5 ACTS“ öffnet Attia ein Archiv, welches die Eingriffe der Kolonialmächte in die Kultur des Mittleren Ostens und Nordafrikas zeigt. Reparatur versteht er dabei nicht als Akt des notwendigen Fixierens sondern eher als aufgezwungene, oftmals rein ästhetische Korrektur. Wichtig für Attia ist dabei vor allem die Frage, was es auszubessern gibt und wer darüber entscheidet. Ingo Arend (taz) schreibt von “Versteckter Gewalt”, von welcher uns der Prachtleierschwanz, ein Vogel, der Zivilgeräusche des Menschen, wie das Klicken eines Kameraauslösers oder eine Kettensäge, imitiert, in "Mimesis as Resistance" ein Lied zwitschert. Die Tragödie dabei: Der Vogel eignete sich die Symptome jenes Systems an, welches ihn aus seinem Lebensumfeld drängt. Die Wucht der Ausstellung entsteht also nicht nur aus der Brutalität jener Reparaturen, sondern auch durch ihre theatralische Inszenierung. Grandios und bittersweet.

“REPAIR. 5 ACTS”  bis 25. August
KW: Auguststraße 69
Mi-Mo, 12 – 19.00 h, Do 12 – 21.00 h
Eintritt 6 Euro, ermäßigt 4 Euro.

solakov

Ausgestellt wird seit dem KW-Relaunch übrigens ausschließlich in der unteren Etage. Trotzdem lohnt sich der Weg nach oben: Erstens befinden sich dort die Toilettenräume, zweitens zwei Videoarbeiten und drittens hat der bulgarische Künstler Nedko Solakov scheinbar folgend einer zufälligen Eingebung, ein paar Worte zur Geschichte des Hauses an die Wand gekrakelt.

c_o_key-visual-open-air1neu2

Bourgeoisie, Swing und Molotow-Cocktails: Das Amerika Haus im Wandel der Zeit in der Open Air Galerie des neuen C/O Berlin
Zwischen Bahnhof Zoo und UdK liegt neuerdings und bald auch öffentlich begehbar das neue C/O Berlin. Die Eröffnung der Räumlichkeit ist fürs Frühjahr 2014 geplant. Um uns vorab mit der Umgebung vertraut zu machen, wurden historische Fotografien des Hauses im Wandel der Zeit zusammengetragen. Und der architektonische Stammbaum ist lang: Erbaut auf heiterem Areal, einst stand hier das Kabarett und Tanzlokal „Villa d’Este“, wurde es später zur Zeit des Vietnamkrieges als Symbol des amerikanischen Imperialismus mit Eiern und Molotow-Cocktails beworfen. Lange Zeit und im Speziellen nach 9/11 verwandelte sich das Haus in einen Hochsicherheitstrakt. Bis die Türen erneut geöffnet werden,  reisen wir zurück in schwarz-weiße Zeiten.

13. Juli bis 15. September
Eröffnung Freitag, 12.Juli, 19.00 h
C/O Berlin: Amerika Haus, Hardenbergstraße 22-24,
zugänglich 24/7
Eintritt frei

Bildcredit: 
"Amerika Haus Ende 1950er Jahre, Fotograf unbekannt" © Bildindex der Kunst und Architektur Deutsches Dokumentationszentrum für Kunstgeschichte - Bildarchiv Foto Marburg

udk

Rundgang der UdK
Beschwipst von Sekt und Historie geht's weiter zum UdK Headquarter in der Hardenbergstraße. Ihr kennt es, das alljährliche Volksfest im zauberhaften Säulengarten und in seinen angrenzenden Ateliers und Klassenräumen. Stürzt euch auch dieses Mal ohne große Überlegung ins Gewirr, nehmt hier und da im Vorbeigehen einen Drink mit und stoßt immer mal wieder auf grandiose, amüsante, sinnlose und intelligente Diplom-, Bachelor-, Master- und Meisterarbeiten an. Hauptbühne ist, allein schon aufgrund seines Umfangs, sicherlich der Campus in der Hardenbergstraße. Nicht zu ignorieren sind aber auch die benachbarten Fakultäten. 
Hier ein paar Highlights:

Medienkunst trifft auf Musik
 Intermediales Konzert der Klasse Medienkunst und des Künstlerorchesters der UdK, mit Werken von Takemitsu, Norton, Mozart, Krasà. 
Konzert: Samstag, 13. Juli, 16.00 h. 
Joseph-Joachim-Konzertsaal, Bundesallee 1-9, Berlin-Wilmersdorf. 
Video- und Audio-Installationen: Medienhaus, Grunewaldstraße 2-5, Berlin-Schöneberg.

Sound Studies Akustische Entdeckungen an verschiedenen Orten: Am Einsteinufer sind 112 Klangkunstwerke zu hören, die unter der Leitung von Prof. Hans Peter Kuhn entstanden sind. Robert Henke, Daisuke Ishida und Thomas Koch entwickelten mit ihren Studierenden Arbeiten für die neue Wellenfeldsynthese der UdK Berlin (Einsteinufer, Raum 103). Im UNI.K - Studio für Klangkunst und Klangforschung in der Fasanenstraße (Raum 214) werden von Prof. Dr. Martin Supper betreute Werke gezeigt und in der Bundesallee erklingt die Klanginstallation „Der Gang der Dinge“.

KunstKaufen!

 Eine Versteigerung zugunsten des künstlerischen Nachwuchs' der Udk. Hardenbergstraße 33, Raum 101, Fr 13-22.00 h, Sa 11-22.00h, So 11-20.00 h

Kostümbild: Der bloße Körper Forschung zu Nacktheit und Verhüllung inszenierter Körper.
Alte TU-Mensa, neben dem UdK-Gebäude, Hardenbergstraße 33, Berlin-Charlottenburg. 
Freitag, 2.7. 14-20.00 h und Samstag, 13.7. 14-19.00 h

Hybrid Plattform: Hybrid Talks „Usability“ Was genau ist eigentlich mit dieser so viel diskutierten “Usability” gemeint? Referenten verschiedener Disziplinen beleuchten Aspekte zum Thema Nutzerfreundlichkeit von Produkten und Software.
Samstag, 13. Juli, 15.00 h, Raum 102, Hardenbergstraße 33, Berlin-Charlottenburg.

Alles, was ihr wissen müsst inklusive aller notwendiger Links, findet ihr auf der Facebook Eventpage. 




Solomons-13-Jodie-Carey

Ungesehene Orte: Jodie Carey im Tieranatomischen Theater
Die Organisation Neue Berliner Räume ist so toll, weil sie einerseits Kunst an Orte  bringt, die bisher für diesen Zweck nicht genutzt wurden, und andererseits würde man ohne diesen Anlass oft nicht mal von der Existenz jenes Raumes erfahren. Das Tieranatomische Theater Berlin ist so ein Fall. Vielleicht kennt's der Hobbyveterinär. Jodie Carey ist keine davon. Sie, die bereits 2013 mit “A room never meant to be” im Programm von NBR zu sehen war, ist eine junge Frau, die durchaus abseits des Ordinären mit unüblichem Zubehör hantiert: Cafe, Tee, Blut, Zigarettenasche sind ihre Rohstoffe. Den Theaterboden berieselt sie nun mit zermalmten Knochen. Die Wahl ihrer Materialien – alltägliches und symbolisches – und Locations unterstreichen, dass die Dynamik von Erinnern und Vergänglichkeit das zentrale Thema in Carey's Arbeiten ist. 

Mit “Shroud” wird das tieranatomische Theater zum ersten Mal für den Kunstzweck genutzt. Erbaut wurde es von Carl Gotthard Langhans, zeitgleich Architekt des Brandenburger Tors, folgend eines Auftrags von König Friedrich Wilhelm II in 1789/90 im klassizistischen Stil und ist inzwischen das älteste noch bestehende akademische Gebäude Berlins.

“Shroud” vom 13.- 27.Juli
Eröffnung 13.Juli, 19.00 h
Tieranatomisches Theater der Humboldt-Universität zu Berlin:
Philippstraße 12/13, Haus 3



 

Zurück zur Startseite