Berliner*innen am Sonntag: Radelnd Bezirke erkunden mit Jannik Schümann

© Hella Wittenberg

Der Sonntag ist heilig! Wir haben uns gefragt, was waschechte, zugezogene oder ganz frisch gebackene Berliner an diesem besten Tag der Woche eigentlich so tun? Lassen sie alle Viere gerade sein oder wird doch gearbeitet, was das Zeug hält? Sind sie „Tatort“-Menschen oder Netflix-Binger, Museumsgänger oder festgewachsen am Balkon? Brunchen sie mit Freunden oder trifft man sie allein im Wald beim Meditieren an? Wir haben bei unseren liebsten Berliner*innen nachgefragt.

Das sagt der Schauspieler Jannik Schümann über seinen Sonntag

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Was macht für dich einen Sonntag aus?

An dem Tag bleibt die Zeit stehen. Ich liebe Berlin dafür, dass trotzdem alles offen hat, die Leute aber gleichzeitig in einem extra gechillten Modus sind. An dem Tag kann ich entspannen, zu meinem Lieblingsbrunchspot gehen, viel Kaffee trinken und vielleicht noch weiter zum Flohmarkt laufen. Beste Zeit! Ich komme aus einem Dorf, in dem sonntags rein gar nichts los war und das hat bis zum 18. Lebensjahr wirklich gereicht.

In welcher Ecke von Berlin trifft man dich sonntags am ehesten an?

Ich wechsele viel zwischen Prenzlauer Berg und Kreuzberg. In dem einen Teil der Stadt wohne ich und in dem anderen sind die meisten meiner Freunde, weshalb ich jetzt auch nach Kreuzberg umziehen werde. Das ist schon besser, damit meine Freunde auch nicht mehr ewig bis nach Prenzlberg unterwegs sein müssen, um mich zu besuchen.

Das dauert ja auch.

Na wenn ich zu ihnen fahre, brauche ich gerade mal 20 Minuten. Aber ich bin auch ein ziemlich aggressiver Fahrradfahrer. (lacht) Um nicht rund um die Uhr in der gleichen Ecke und im gleichen Lieblingscafé abzuhängen, haben meine Freunde und ich geplant, auch mal mit dem Rad Sonntagsausflüge in den Wedding, nach Schöneberg und Charlottenburg zu machen. So was sollte man sowieso viel öfter machen. Bisher haben wir es schon häufiger zum Grunewald, an den Müggelsee und aufs Tempelhofer Feld geschafft.

Ich bin auch ein ziemlich aggressiver Fahrradfahrer.
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Wenn du sonntags auf den Flohmarkt gehst, welcher ist da der richtige? Etwa der am Mauerpark?

Der ist mir zu teuer und ich finde, da gibt es zu viele professionelle Händler. Dahin kann man eigentlich nur ab 17 Uhr zu den Karaoke-Sessions gehen. Mir gefallen Flohmärkte mit Privatverkäufern besser, wo ich auch mal was für 50 Cent bekomme. Ich gehe zum Beispiel ständig zum Boxhagener. Von dem mag ich auch die Größe. Man kann sich gar nicht verlaufen, weil man immer nur im Kreis geht. Und die Atmosphäre ist super angenehm. Auf dem Boxhagener habe ich auch richtig viele schöne Dinge für meine Wohnung gefunden.

Was für welche?

Jeder aus meiner Familie hätte gern die zwei Wohnzimmerlampen, die ich dort entdeckt habe. Aber ich liebe sie zu sehr, um sie wegzugeben. Und mein größter Schatz ist meine Vinylkiste. Eine grüne, verbeulte Metallkiste, die perfekt für meine Schallplatten ist. So was ist geil!

Was wäre der perfekte Soundtrack zu deinem Sonntag?

Zum Aufwachen höre ich oft Cigarettes After Sex. Das ist so schön atmosphärisch. Mit denen ist man gleich in einem guten Flow drin. Wenn ich mir dann meinen ersten Kaffee mache und den Laptop aufklappe, lege ich mir auch gerne mal „Tapestry“ von Carole King auf. Nur eine Sache funktioniert nicht zusammen mit dem Musikhören: lesen. Das geht zwar in der Bahn, selbst wenn um mich herum Wirbel ist, aber nicht gleichzeitig mit einem Buch. Schon komisch …

Nur eine Sache funktioniert nicht zusammen mit dem Musikhören: lesen.
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Was unterscheidet den Vormittag vom Nachmittag bei dir?

Vormittags bin ich öfter noch eine Weile zuhause und gucke ein bisschen Netflix. Nachmittags ist dagegen die Zeit zum Draußensein – auf dem Rad oder auf dem Markt, am Paul-Lincke-Ufer, an der Admiralsbrücke. Und dabei wird dann der Kaffee gegen Gösser getauscht.

Wen willst du sonntags auf keinen Fall sehen?

Diese eine Person gibt es nicht. Ich will an dem Tag nämlich unbedingt Leute sehen! Ein Sonntag alleine ist für mich die absolute Horrorvorstellung. Und wenn wir nur zusammen Serien gucken und auskatern. Oder ich zwei Stunden Facetimen muss, nur um nicht das Gefühl zu haben, allein zu sein.

Was machst du abends?

Gerne mal ein Dinner bei Freunden, bei dem man dann komplett versackt. Ich liebe es aber auch, in Bars zu gehen.

Arbeiten steht bei dir überhaupt nicht auf dem Plan?

Das mache ich eben unter der Woche. Ein Sonntag ist zum Sozialsein da und ab Montag stelle ich mir wieder meinen Wecker und lerne für mich meinen Text auswendig. Mir ist es wichtig, dass ich den vor dem Dreh komplett drauf habe.

Warum ist das so?

Als ich „Der Lehrer“ gedreht habe, fragte mich Hendrik Duryn morgens in der Maske, ob wir eine bestimmte Szene schon mal vorher durchsprechen könnten. Ich wusste meinen Text aber noch nicht, weil wir die erst in so zwei Wochen drehen wollten. Er konnte gar nicht verstehen, warum ich das Drehbuch nicht insgesamt im Kopf hatte. Er wüsste alles auswendig. Seiner Meinung sei man nur dann richtig gut vor der Kamera, wenn man nicht mehr über den Text nachdenken müsse. Dann könne man spielen. Seit dem Tag mache ich es wie er. So weiß ich selbst, was ich in der Szene davor sage, auch wenn wir die erst später drehen, und so kann ich mich aus dieser Haltung heraus in die neue Situation begeben. Das hilft enorm.

Ein Sonntag alleine ist für mich die absolute Horrorvorstellung.
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Seitdem bist du also ein besserer Schauspieler?

Das brachte mich damals dazu – ich war vielleicht 15 oder 16 Jahre – mich nicht mehr als Kinderschauspieler zu sehen und mir anders über die Schauspielerei Gedanken zu machen, auch Rollen kreieren zu wollen. Seitdem nehme ich das sehr ernst. Und wenn ich jetzt meinen Text richtig drin haben will, fotografiere ich mir eine Szene ab, gehe zum Sport und lerne sie dabei.

Sport ist etwas, das du nur unter der Woche machst?

Das geht eigentlich immer. Sonntagmittags gehe ich manchmal zum Crossfit mit Freunden, zum Beispiel zum „Abs of Steel“-Kurs. Dadurch habe ich gerade auch den härtesten Schmerz in meinen Bauch, den man sich nur vorstellen kann!

Wie verbringst du deine freie Zeit, wenn kein Dreh ansteht?

Im letzten halben Jahr hatte ich sehr viel Zeit und konnte so das Sommersemester an der Humboldt-Uni richtig nutzen. Ich studiere da nämlich Englisch und Medienwissenschaften. Ich mag einfach englische Literatur sehr gerne und in der Schule war Englisch auch immer mein Lieblingsfach.

Du willst aber nicht Englischlehrer werden?

Früher war mein großer Traum immer Schauspieler werden und die greifbarere Version davon: Grundschullehrer. Ich finde, es sollte mehr männliche Lehrer geben. Außerdem liebe ich Kinder und auch die Schule. Aber beide Jobs kann ich schlecht machen. Also studiere ich wirklich nur zum Spaß.

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„Dem Horizont so nah“ startet am 10. Oktober 2019 in den Kinos.

In „Dem Horizont so nah“ bist du neben Luna Wedler, Frederick Lau und Luise Befort zu sehen. Was konntest du am Set von deinen Kolleg*innen lernen?

Also Luna ist die krasseste Schauspielerin, die ich kenne. Ihr glaube ich jedes Wort sofort. Für mich spielt sie nicht, sie sagt mir Dinge, wie sie sie mir als Luna sagen würde. Das ist wirklich ein anderes Spiel und sie hebt sich dadurch sehr von der Masse ab. Und gleichzeitig will jeder direkt so sein wie sie, ihre schöne kratzige Stimme haben oder zumindest ihre beste Freundin oder ihr bester Freund sein.

Das Drama macht einem klar, dass man unbedingt den Moment genießen muss, das Leben ist ja eh schon viel zu kurz. Hat dir der Dreh das auch noch mal bewusster gemacht?

Vor fünf Jahren hatte ich in meinem engen Kreis zwei Schicksalsschläge und das hat mich echt aufgeweckt. Da ist auch jemand von mir gegangen, der noch ganz, ganz jung war. Das war der Augenblick, in dem ich realisiert habe: Krass, das Leben kann so schnell vorbei sein. Was bringt es mir also, das ich mir Geld anspare? Ich könnte jetzt genauso gut von dem Geld auf eine geile Reise gehen und ein neues Land sehen. Denn wer weiß, wie lang man so was noch machen kann. Und so versuche ich seitdem noch viel mehr im Hier und Jetzt zu leben. Wenn ich Entscheidungen treffen muss und ich mich frage, ob das jetzt nötig ist, bin immer dafür, etwas einfach zu machen, wenn es das ist, was ich in diesem Augenblick unbedingt möchte.

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Gibt es denn aktuell diese krassen Entscheidungen, die du treffen musst?

Es gibt in meinem Leben sehr viele Zweifel, die alle in meinem Privatleben stecken. Ich werde seit einem halben Jahr eigentlich ständig vor Entscheidungen gestellt und das macht mich kirre. Vor allem, weil es so wenig Richtig und Falsch gibt. Manchmal wünsche ich mir, dass ich morgens aufwache und mit einem Mal die Lösung weiß. Nur leider ist das nicht so.

Aber scheinbar hast du ja viele Freunde um dich herum, die dir bei allem zur Seite stehen.

Auf jeden Fall! Ich habe tatsächlich einen großen engen Kreis. Ich finde das so gut, denn meine super enge 40-jährige Freundin hat natürlich ganz anderen Input für mich als meine beste 26-jährige Freundin. Und meine Nachbarin vom Dorf, die so etwas wie meine Zweitmami ist, hat mit ihren 60 Jahren Lebenserfahrung auch eine völlig andere Sicht aufs Leben als ich sie habe. Und so geben mir meine Freunde echt sehr viel.

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