ABENDBROT MIT AIDA #23 - Shayan in Schöneberg
Während andere Kinder mit Milchreis und Schnitzel aufgewachsen sind, gab es bei mir zu Hause Kebab Soltani und Ghorme Sabzi, Gheime Polo und Khoreshte Karafs – meine Eltern sind gebürtige Iraner und ich bin mit der persischen Küche aufgewachsen. Leider kann ich die tollen Gerichte meiner Mama nicht nachkochen (persische Küche ist soo aufwendig!), aber habe endlich ein Restaurant gefunden, wo es fast so gut schmeckt wie bei Mama: Das Shayan in Schöneberg.
Geführt wird das Restaurant als richtiger Familienbetrieb von Farzaneh, ihrem Mann und allen, die in der Familie sonst so gerade Zeit haben, zu helfen. Damit fahren die Betreiber schon seit gut 17 Jahren und haben sich eine richtige Fangemeinde angesammelt: «Wir haben viele Stammgäste, die können sogar die persischen Namen der Gerichte richtig gut aussprechen!», erzählt mir die Besitzerin und freut sich. Ihr Geschäft sei organisch gewachsen. Erst war es eher ein Imbiss, aber sie haben sich im Laufe der Jahre immer mehr zum richtigen Restaurant entwickelt. Jetzt wird auch Business-Lunch angeboten, die Karte wurde gerade nochmal verändert und sie suchen händeringend nach mehr Raum, denn der Laden erfreut sich steigender Beliebtheit: «Dabei haben wir nie Werbung gemacht, sondern auf die Qualität unserer Arbeit vertraut.» Qualität ist sowieso ein gutes Stichwort, denn Farzaneh spricht gerne von den hochwertigen Zutaten, die in der persischen Küche verwandt werden und dass jede einzene Zutat und jedes Gewürz auch der Gesundheit zuträglich ist. Ein bisschen wie Ayurveda, nur mit Fleisch.
Denn Fleisch essen die Perser gerne: Vegetarierfreundliche, persische Restaurants habe ich bislang äußerst selten gesehen und oft gesucht – schliesslich will ich auch meinem Freund die Speisen meiner Kindheit nahebringen. Hier in Schöneberg aber wurde ich endlich fündig, es gibt eine ganze Reihe der Klassiker auch ohne Fleisch und trotzdem lecker. Und neuerdings wird auch auf Nachfrage vegan gekocht – alles sehr sympathisch! Ich bleibe aber beim «beliebtesten Essen aller Perser», wie es in der Karte heißt: «Soltani», ein Spieß Lammhack, ein Spieß Lammfilet, flach wie ein Blatt Papier geklopft, beides vom Grill. Mit gegrillter Tomate und einem Berg Reis, Sumach und ein paar rohen Zwiebelscheiben katapultiert mich das in den Himmel. Allerdings sollte man auch unbedingt die klassischen «Saucengerichte», wie sie persische Mamas zu Hause kochen, probieren. Wir haben uns noch «Gheime» und «Fesenjan» dazubestellt, das Erstere war als Kind mein Lieblingsgericht, weil es mit Fritten (!) dekoriert wird, das Zweite ist heute mein Favorit, weil es nichts Besseres gibt auf der Welt als Walnuss-Granatapfelsauce.
Gepaart mit einer Vorspeisenplatte mit lauter kleinen Leckereien, wie gefüllten Spinatbällchen, russisch-persischen Piroshki, Auberginencrème mit gebratener Minze und gefüllten Weinblättern, dazu noch frischgebackenes duftendes Brot, waren wir völlig bedient und konnten uns nicht einmal mehr zum Dessert aufraffen. Ihr solltet es euch aber keineswegs «Makhlut» entgehen lassen: Safraneis mit Rosenwasser, Pistazien und gefrorenen Sahnestückchen auf der einen, Glasnudeleis mit Zitronensaft auf der anderen Seite, unendlich viel Spaß am Gaumen.
Im Sommer kann man im Shayan schön auf der Goltzstraße sitzen und Leute gucken, drinnen ist es etwas dunkel und urig. Stylish ist der Laden nicht, aber auch nicht von Nationalkitsch überladen und vollgestellt. Auch sollte man für einen Besuch etwas mehr Zeit einplanen, da es bisweilen auch etwas dauern kann. Doch gut Ding will Weile haben und ich werde nun endlich wieder öfter meinen Hunger auf Grillspieße und Reisberge, Hühnchen mit Pflaumen und Rosenwassereis, Granatapfelsauce und Berberitzenbasmati stillen können. Endlich!
PS: Meine Eltern waren auch schon da und finden's lecker. Der ultimative Qualitätsbeweis!