Abendbrot mit Aida #14 – Jimmy Woo in Neukölln

© Aida Baghernejad

Vor zwei Jahren hatte ich für eine Weile mit ein paar Kommilitonen ein Büro in der Friedelstraße, direkt gegenüber dem Jimmy Woo. Tagein, tagaus konnte ich schöne Menschen beim Löffeln von dampfenden Suppen aus großen Schüsseln und Knabbern von Sommerröllchen beobachten. Aber ich selbst war dort nie essen – ein großer Fehler, wie ich jetzt weiß.

Als ich letzte Woche nämlich krank im Bett lag, empfahl mir nämlich mein lieber Kumpel Daniel die Suppen des Jimmy Woo, die mir garantiert sämtliche Viren aus dem Körper treiben würden. Und er behielt recht. Aber nicht nur das: Durch ihn entdeckte ich auch endlich die allerbesten Sommerröllchen der Stadt und einen hinreißenden Glasnudelsalat, der seinesgleichen suchte. Keine Frage, hierher musste ich zurück, um noch einmal Abendbrot zu essen!


Das Jimmy Woo war quasi eine Vorhut der Gentrifikation im Friedelkiez; als ich noch gegenüber arbeitete, war der Laden nicht eingerahmt von Kunstbuchhandlung und niedlichem Café, sondern von Trödelhändler und Späti. Die Karte ist nicht dominiert von spezifischer Thai-, Vietnam- oder Laos-Küche, stattdessen wird hier »cuisine indochine française« serviert: Indochinesische Küche with a twist, mit dem besten aus allen Welten. Und so tummeln sich »Eastern Pasta«, wie auch »Vietnamese Casserole« oder asiatisches »Risotto« und »Paella« im Menü. Geführt wird das Restaurant von der jungen My Linh Phan, die es zu Anfang des Jahres vom Gründer, ihrem Cousin, übernommen hat. Und trotz solcher »Kreuzungen« verneint sie, dass bei ihnen Fusion-Küche serviert wird. Im Gegenteil, die meisten Rezepte seien sogar relativ traditionelle Abwandlungen gängiger und bekannter asiatischer Speisen: Statt Pad Thai zum Beispiel die Variation Pad Lao, oder die Sommerrollen in der laotischen Variante mit Mango und Apfelstücken gefüllt. Nirgendwo schmecke es eben wie bei Jimmy Woo.

Über die Einrichtung kann man sich streiten: Ich finde es herrlich gemütlich, ein Klavier in der einen Ecke, in der anderen ein Plattenspieler – ein bisschen wie in einer schrammeligen, aber äußerst sympathischen Wohnung. My Linhs Cousin hat nämlich einen Hang zu den 60ern und das Restaurant mit vielen Referenzen auf sein Lieblingsjahrzehnt ausgestattet. Einige Qype-Nutzer finden das aber, den Bewertungen dort nach zu urteilen, nicht so charmant wie ich. Warum? Vielleicht weil es bei Jimmy nicht gefällig ist, sondern Kante hat. Aber eben auch richtig gute Küche serviert wird. Ich war jedenfalls von jedem Gericht, das ich bisher probiert habe, hellauf begeistert. Auch finde ich es super, wenn jedes Gericht auch vegetarisch und vegan angeboten wird. So bleibt beim Essen gehen mit Freunden niemand außen vor. Und vor allem: Wenn hier etwas als scharf angekündigt ist, ist es das auch. Also lieber mal vorsichtig nachfragen. Auch dem hier omnipräsenten Bruce Lee würden nämlich beim Papayasalat die Tränen in die Augen schießen. Und trotzdem würde er ihn bestimmt bis zum letzten Krümel verdrücken. Und frittiertes Eis hinterher bestellen. Jimmy Woo, i love you!

Fotografisch hat mich diesmal die talentierte Kristina Löwen begleitet. Die Dortmunder Fotografin arbeitet gerade an einer Fotostrecke über Berlin, die demnächst auch in einem Sammelband erscheinen wird. Mehr von ihren Arbeiten könnt ihr hier sehen. Wer bis zum nächsten Abendbrot noch mehr mit mir futtern möchte, kann mich auf meinem Blog Improkitchen besuchen kommen. Ich freu mich!

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