All you can stream: Das sind Wiebkes Favoriten bei Netflix, ZDF und Co.
Es gibt Menschen, die mehr oder weniger stolz von sich behaupten, Netflix leergeguckt zu haben. Menschen, für die Bingewatching das Ave Maria ist. Menschen, die sich am Wochenende nichts vornehmen, weil die neue "Game of Thrones"- oder "Stranger Things"-Staffel erschienen ist. Zu diesen Menschen gehöre ich nicht. Ich bin weder der Typ für epische Schlachten noch für gruselige Cliffhanger. Wenn ich mir eine Serie anmache, dann meist, um zu entspannen. Um mich ein bisschen berieseln zu lassen, vielleicht sogar etwas zu lernen. Vor allem aber schaue ich Serien so unregelmäßig, dass mir jene am liebsten sind, bei denen man auch nach langer Pause wieder einschalten kann oder deren Episoden ohnehin keiner linearen Handlung unterliegen.
Wenn ihr ähnlich sprunghaft seid und auf der Suche nach einer neuen Serie seid, die euch entspannt durch den Abend oder das Wochenende begleitet – ohne, dass ihr euch für die nächsten 243 Stunden verpflichtet – seid ihr hier zwischen Vorabend-Krimis, romantischen Dramen und Talk-Serien bestens aufgehoben.
1. Kleo
Kleo wurde von ihrem regierungstreuen Großvater in der DDR erzogen – zur Killerin. Doch kurz nach einem erfolgreichen Auftrag im Westen wird Kleo festgenommen und ins Gefängnis gesteckt und weder ihr Großvater noch ihr Freund helfen ihr. Nach dem Mauerfall kommt Kleo frei und begibt sich auf Rachefeldzug. Auf der Suche nach einem*r Schuldigen legt sie reihenweise Leute um, kehrt zu ihrem damaligen Freund zurück, der inzwischen eine Neue hat und beginnt eine seltsame Bekanntschaft mit einem übereifrigen Polizisten aus dem Westen. Die Szenerie und Handlung erinnert leise an "Kill Bill" und besticht nicht nur mit einer herausragenden schauspielerischen Leistung von Jella Haase (was kann diese Frau eigentlich nicht spielen?), sondern auch durch eine ordentliche Portion Action. Eine so gute Mischung, dass selbst Stephen King über sie twittert und Netflix bereits eine zweite Staffel angekündigt hat.
2. Wir
Die ZDF-Produktion "Wir" zählt zu jenen Serien, die wider Erwarten nicht in Berlin spielen und trotzdem vom Leben und der Zukunftsangst von gestressten Mittdreißiger*innen erzählen. Es geht um eine Gruppe Freund*innen, die sich rund um die 30 bewegen, teilweise Kinder haben, teilweise verheiratet sind und teilweise gar nicht mal so glücklich sind. Und so begleiten wir Annika, Helena, Tayo, Maik, Linh, Melanie und Imren nicht im Großstadtdschungel, sondern in Teltow dabei, wie sie sich fragen, ob sie eigentlich glücklich sind, ob ihre Wünsche in Erfüllung gegangen sind und ob sie mit der richtigen Person zusammen sind. Eine Wohlfühlserie, die natürlich nicht ohne Drama auskommt – einige der Freund*innen finden sich etwas zu gut – und gleichzeitig eine schöne Geschichte um Familie, Freundschaft und das Dorfleben spinnt.
3. Der Tatortreiniger
Bjarne Mädel als Tatortreiniger ist so ziemlich das Beste, was uns die 2010er Jahre im öffentlich-rechtlichen Fernsehen geschenkt haben. In insgesamt sieben Staffeln fängt sein Job als Schotty "da an, wo andere sich vor Entsetzen übergeben". Und während er als Tatortreiniger in den verschiedensten bisweilen skurrilen Örtlichkeiten die letzten Überreste wegputzt, verwickelt er die Hinterbliebenen oder jene, die an diesen Orten arbeiten und leben, ganz beiläufig in tiefgründige, ehrliche und mitunter herrlich komische Gespräche über das Leben. Dabei sind die Dialoge so genial geschrieben, dass man sich die Folgen immer wieder anschauen kann, weil sich immer neue (Humor-)Ebenen auftun, die man beim ersten Sehen gar nicht unbedingt bemerkt. Zwei besonders gute Folgen: "Der Fluch", in dem der Hinterbliebene ausschließlich reimt und "Schottys Kampf".
4. Pretend It's a City
Fran Lebowitz ist das, was man sich klischeehaft unter einer klassischen New Yorkerin vorstellt: Sie ist wahnsinnig gut angezogen, sehr belesen, unglaublich sarkastisch und auf eine sympathische Art immer schlecht gelaunt. In "Pretend It's A City" kommentiert die Freundin des Regisseurs Martin Scorsese das Stadtgeschehen. Und regt sich dabei auf. Die beiden sprechen über alte Zeiten, spannende Begegnungen und ihr Leben als Autorin, Kolumnistin und Stilikone, die von Andy Warhol entdeckt und von vielen verehrt wird. Wenn sich Fran Lebowitz über Sport auslässt, sich über den Horror am Times Square und die unnötige Verschönerung von U-Bahnhöfen beschwert oder von Jazz-Legende Charles Mingus schwärmt, ist man neidisch. Auf Fran Lebowitz, dass sie sich so brillant, präzise und urkomisch ausdrücken kann. Und auf Martin Scorsese, dass er mit ihr befreundet sein darf.
5. Kitchen Impossible
Seit acht Jahren kocht der an Selbstüberschätzung kaum zu übertreffende Hamburger Koch Tim Mälzer im Privatfernsehen mit und gegen spannende (Sterne-)Köch*innen des deutschsprachigen Raums. Die Aufgabe: Die Köch*innen schicken sich in mitunter entlegene Gegenden der Welt, wo sie ein spezielles Gericht probieren dürfen, um es anschließend nachzukochen, ohne das Rezept zu kennen. Während den rund dreistündigen Folgen lernt man nicht nur unfassbar viele Schimpfwörter und Beleidigungen kennen, sondern auch außergewöhnliche Gerichte, ihre Zubereitung und sehr tolle Köch*innen. Da wäre zum Beispiel Graciela Cucchiara, die Müncher*innen mit ihrer Lasagne verzaubert, die Berliner Gastro-Könige Tim Raue, Max Strohe und The Duc Ngo oder das Koch-Kollektiv "Healthy Boyband".
6. Letzte Spur Berlin
Die Ermittler*innen der Vermisstenstelle rund um Kriminalhauptkommissar Radek sind in jeder Folge auf der Suche nach vermissten Personen. Da gibt es den eifersüchtigen Ex-Mann, der die eigene Tochter nicht mehr zur Mutter zurückbringt, einen Einbrecher, der bei seiner Tat erwischt wird und kurzerhand das Opfer entführt und die Affäre einer Ermittlerin, der plötzlich durchdreht. Natürlich gibt es immer wieder falsche Fährten, kleinere und größere Liaisons zwischen den Ermittler*innen und immer wieder persönliche Beziehungen zu Opfern. Was einem am "Tatort" mitunter sehr in die Länge gezogen vorkommt, wird hier schön komprimiert in 45 Minuten abgehandelt. Dazu gibt es jede Menge schöne Berlin-Impressionen und anders als bei typischen Krimi-Serien ziemlich oft ein Happy End, weil die Opfer eben "nur" vermisst und nicht getötet werden.
7. Bad Banks
Frankfurt = deutsche Wall Street, das suggeriert die Serie "Bad Banks", die von den absurden Machenschaften am internationalen Börsenmarkt erzählt. Im Zentrum der Erzählung steht die junge Investementbankerin Jana Liekam (Paula Beer), die nach ihrer Entlassung aus Luxemburg nach Frankfurt zur "Deutschen Global Invest" wechselt. Für die erfolgreiche Jobvermittlung erwartet ihre ehemalige Chefin allerdings eine Gegenleistung. Nach und nach deckt Jana immer mehr dunkle Geheimnisse der Branche auf – von geheimen Fusionierungsplänen über In-House-Deals bis hin zu Bilanzmanipulation ist alles dabei. Mittendrin stecken auch andere junge karrrieregeile Banker*innen wie Adam Pohl (Albrecht Schuch) oder Thao Hoang (Mai Duong Kieu), die dabei nicht nur ihre Familie, sondern auch ihr Leben aufs Spiel setzen.
8. Chez Krömer
"Chez Krömer" geht Ende Oktober in die mittlerweile siebte Staffel im rbb. In den vergangenen Staffeln hat Krömer schon Sido, Philipp Amthor – sehr, sehr unangenehm –, und Frauke Petry in seinen Verhörraum eingeladen, um sie rauchend und mit dicken Aktenordnern zu unangenehmen Themen zu befragen. War das Credo der Sendung eigentlich, sich – O-Ton Krömer – "Arschlöcher" einzuladen, hat er mit Torsten Sträter eines der schönsten und aufrichtigsten Gespräche über Depressionen geführt, welches sogar mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet wurde. Und wenn man denkt, dass Krömer seine unangenehmen Verhörmethoden in den Ruhestand schickt, winkt in der neuen Staffel Julian Reichelt.
9. Grace and Frankie
Wenn wir zu Hause nicht wissen, was wir schauen sollen, trifft relativ schnell jemand von uns die Aussage: "Dann lass uns doch die alten Frauen schauen". Und ungefähr jedes Mal, wenn das gesagt wurde, schauen wir die alten Frauen. Gemeint ist damit die warmherzige, wunderschön lebensbejahende Serie "Grace and Frankie", in der Lily Tomlin und die unglaubliche Jane Fonda zwei sehr ungleiche Frauen spielen, die zu besten Freundinnen, Businesspartnerinnen und Vertrauten werden. Denn als ihre Ehemänner, die Geschäftspartner sind, ihnen nach 20 Jahren offenbaren, dass sie ineinander verliebt sind und seit 20 Jahren eine heimliche Beziehung führen, sitzen Grace und Frankie im selben, ungewöhnlichen Boot. Sie ziehen ungewollt gemeinsam in ein Strandhaus und erleben fantastische kleine Abenteuer und begleiten sich beim Älterwerden, beim Neuverlieben und dabei, eine ziemlich anstrengende Familie zusammenzuhalten.
10. Weihnachten zu Hause (Hjem til jul)
Johanne ist Anfang 30, lebt in Norwegen, lebt mit ihrer besten Freundin Jørgunn zusammen und arbeitet als Krankenschwester. Sie hat tolle Freund*innen und eine warmherzige, große Familie, doch eines fehlt ihr leider: ein fester Partner. Das sieht zumindest ihre Mutter so, die ihr kurz vor Weihnachten erneut zum hundertsten Mal die Frage stellt, ob sie denn wieder alleine oder in Begleitung zum Weihnachtsessen erscheinen würde. Aus einer Laune heraus erfindet Johanne ein Plus 1 für Weihnachten und wir dürfen ihr bei der Suche nach dem Richtigen zusehen. Eine Weihnachtsserie, die wholesome ist, ohne kitschig zu sein – zwei Staffeln gibt es bereits und vielleicht erscheint pünktlich zu Weihnachten ja auch eine dritte. Wer in Weihnachtsstimmung kommen will, kann hier den Rentier-Express durch das verschneite Norwegen und Johannes Gefühlswelt nehmen.
11. Verbotene Liebe
Schon klar, eigentlich schauen solche Vorabendserien nur unsere Großeltern. Und genau deswegen muss diese Serie auf diese Liste, denn jedes Mal, wenn ich nach der Schule bei meiner Oma war, wurde um 17.55 Uhr der Fernseher eingeschaltet und "Verbotene Liebe" geschaut. Egal ob bei den von Beyenbachs, den von Anstettens oder den von Lahnsteins, ich kann gar nicht mehr zählen, wie viele Geschwister nichts voneinander wussten und sich plötzlich ineinander verliebten, wie viele ungeklärte Vaterschaften und überraschende Coming-outs es bei "Verbotene Liebe" inzwischen gab – irgendwas ist jedenfalls immer los beim Adel. Wer jetzt denkt, dass die Serie doch vor einiger Zeit abgesetzt wurde, hat recht, aber zum Glück vergisst das Internet nie und man kann alle Folgen online schauen.