Diagnose Endometriose – und was dann?
Schätzungen zufolge leiden etwa acht bis 15 Prozent aller Frauen an Endometriose. Genau lässt sich das nicht sagen, denn viele Erkrankungen bleiben unentdeckt. Die meisten Frauen wissen vor ihrer Diagnose nicht einmal, was Endometriose genau ist. Bei mir war das nicht anders.
Ich wurde vor etwa zwei Jahren von meiner Hausärztin an eine Klinik für minimal invasive Chirurgie überwiesen. Verdacht auf Nabelbruch. Ich hatte keine Ahnung, wie ich das angestellt haben könnte, aber Fakt war, dass mein Bauchnabel seit Wochen geschwollen war. In der Klinik warf der Chirurg, den ich in den folgenden Monaten öfter sehen sollte als meine Eltern, einen kurzen Blick auf meinen Bauch und sagte: "Joa, das ist wahrscheinlich Endometriose".
Kann ich jetzt noch Kinder bekommmen?
Das Einzige, was ich bisher glaubte über die mir soeben blickdiagnostizierte Krankheit zu wissen war, dass ich ihretwegen vermutlich keine Kinder bekommen würde. Das hatte ich mal irgendwo gelesen. Dementsprechend saß ich mit Herzrasen und glasigen Augen im Wartesaal der Klinik, denn für eine finale Diagnose musste erst noch eine Bauchspiegelung durchgeführt werden. Ich bekam also noch am selben Tag einen OP-Termin und die Narkose-Belehrung.
Vor ein paar Wochen, als ich die Amazon Prime-Serie "Damaged Goods" geschaut habe, erinnerte ich mich an diesen Moment zurück – und ich wurde so wütend, dass ich den Fernseher abschalten musste. Warum? In der Story kommt die beste Freundin der Hauptfigur am Boden zerstört von ihrem gynäkologischen Vorsorgetermin nach Hause – sie habe Endometriose und nur noch wenige Monate Zeit, um schwanger zu werden. "Das ist doch Quatsch", dachte ich, deren Narben von der Bauchspiegelung letzten Herbst noch immer zu sehen waren.
Manchmal bin ich vor Schmerzen ohnmächtig geworden. Aber wenn dir deine Ärztin sagt, das sei normal, dann glaubst du das.
Quatsch ist zum einen, dass der Serien-Gynäkologe bei einem einfachen Vorsorgetermin die Diagnose Endometriose stellt. Ohne Bauchspiegelung geht das nämlich nicht, auch wenn starke Periodenschmerzen natürlich ein Hinweis sein können. Ein Hinweis, den ich über Jahre hinweg ignoriert habe, weil meine Ärztin immer gesagt hatte, ich sei eine Frau, da gehöre das eben dazu und ich habe das doch bitteschön auszuhalten.
Dass das ebenfalls großer Quatsch ist, wurde mir klar, als ich nach der Bauchspiegelung langsam wieder wach wurde. Da kam mein behandelnder Chirurg ins Klinikzimmer und teilte mir mit, dass quasi die gesamte Mitte meines Körpers mit Endometriose-Herden übersäht war: "Sie müssen doch wahnsinnige Schmerzen gehabt haben!". Ich war zwar hier und da vor Krämpfen ohnmächtig geworden, aber wenn dir deine Ärztin sagt, das sei normal, dann glaubst du das auch. Deshalb möchte ich an dieser Stelle festhalten: Es ist nicht normal, so starke Schmerzen zu haben, nur weil man eine Frau ist.
Keine Angst vor der Bauchspiegelung
Um anderen die Angst vor der Diagnose Endometriose und den Folgen zu nehmen, möchte ich euch kurz vom Ablauf der Bauchspiegelung erzählen: Ich fuhr vormittags, mit Bademantel und Keksen bewaffnet, in die Klinik und wartete dort einige Stunden auf den Eingriff. Etwas gemein ist, dass man vor der Narkose weder essen noch trinken darf. Dementsprechend musste ich auf meine Kekse verzichten. Nach dem Einsetzen der Narkose setzte der Chirurg drei kleine Schnitte in die Bauchhaut. Dann wurde Kohlendioxid in meine Bauchhöhle geleitet, um den Bauchraum etwas aufzublasen und die Organe leichter zugänglich zu machen.
Über die gesetzten Schnitte wurden ein Laparoskop (ein Instrument mit Videokamera und Lampe) und weitere OP-Instrumente in den Bauchraum eingeführt. Die entdeckten Endometriose-Herde wurden zu einem Großteil direkt entfernt. Bei mir hat der Eingriff etwa 20 Minuten gedauert. Dank der Schmerzmittel habe ich quasi 48 Stunden geschlafen und die Kekse nahm ich unangerührt wieder mit nach Hause. Auch die ersten Tage im eigenen Bett waren noch beschwerlich, mir war von der Narkose oft übel und jede Bauchanspannung tat weh. Profi-Tipp: Keine lustigen Serien gucken. Lachen war die Hölle!
Nach drei bis vier Wochen konnte ich schon wieder joggen und schwimmen gehen, hatte meinen Appetit zurück und gewöhnte mich allmählich an die kleinen Narben, die nun meinen Bauch zieren.
Kind oder kein Kind: Wie es nach der OP weitergeht
So weit mein kleiner OP-Bericht. Nun aber zurück zu "Damage Goods". Der zweite Irrglaube, der in der Serie reproduziert wird, ist genau der, der mich damals im Wartezimmer hatte verzweifeln lassen: Mit Endometriose wird es schwer bis unmöglich, schwanger zu werden. Es stimmt, dass bei etwa der Hälfte der Frauen, die ungewollt kinderlos bleiben, der Grund Endometriose ist. Es stimmt aber nicht, dass man nach der Diagnose nur noch ein bestimmtes Zeitfenster hat, um schwanger zu werden.
Wenn es Endometriose-Herde gibt, die eine Schwangerschaft verhindern, werden diese noch direkt während der Bauchspiegelung entfernt. Nach der Ausheilung kann man entweder versuchen, schwanger zu werden oder sich einer Hormontherapie unterziehen. Diese verhindert, dass die entfernten Herde sofort wieder nachwachsen. Wenn man Pech hat – so wie ich – reicht eine einzige OP nicht aus. Das kann der Fall sein, wenn schwer erreichbare Regionen wie der Darm befallen sind. Sofern alle Endometriose-Herde entfernt werden können und die Eileiter frei sind, steht einer Schwangerschaft aber auch in solchen "Härtefällen" nichts im Wege.
Es ist nicht normal, so starke Schmerzen zu haben, nur weil man eine Frau ist.
Eine Garantie gibt es natürlich nicht, aber wann gibt es die schon? Die große Angst vor der Kinderlosigkeit konnten die Ärzt*innen mir nehmen. Die Hormontherapie vertrage ich gut und sobald alle Herde entfernt sind, könnte ich sie unterbrechen, um zu versuchen, schwanger zu werden. Aber das hat noch Zeit. Bis dahin freue ich mich einfach, nicht mehr vor Schmerzen ohnmächtig zu werden und Frauen in meinem Umfeld zu ermutigen, ihre Beschwerden nicht länger hinzunehmen.