11 ungewöhnliche Spitznamen, die jede*r in Berlin kennen sollte
Berliner*innen sind für ihre markante, schnodderige Schnauze bekannt. “Mach ma hier nich soon Rabatz!“ ist fast schon eine nette Aufforderung, sich im Straßenverkehr ein bisschen zurückzuhalten. Aber auch praktische Haushaltstipps dürfen im Wortschatz nicht fehlen: “Eene Hälfte Cola, eene Hälfte Weinbrand – hier haste deinen Futschi!“.
Während viele Aussagen aber eher dem hiesigen Dialekt zuzuordnen sind, zeugen andere wiederum von fast schon unendlicher Kreativität. Vor allem bei der Namensgebung bestimmter Orte oder auch heimischer Spezialitäten und Gewohnheiten wird sich nicht zurückgehalten. Die Bezeichnung “Erichs Lampenladen“ als Verspottung des ehemaligen Palast der Republik ist da ein schönes Beispiel.
Für vom Berliner Volksmund umgetaufte Begriffe gibt es sogar eine eigene wissenschaftliche Bezeichnung: den Berolinismus. Einige der schönsten umgetauften Orte und Dinge haben wir hier für euch gesammelt.
1. Die Goldelse
Fangen wir mit etwas Einfachem und auch wirklich Bekanntem an: der “Goldelse“. Seit der Erbauung der Siegessäule vor fast 150 Jahren thront und blickt sie über die Stadt, sogar einen Umzug hat sie schon mitgemacht. Eigentlich stellt sie ja die Siegesgöttin Viktoria dar, aber nennt sie irgendjemand so? Schon kurz nach ihrer Einweihung gab ihr goldenes Äußeres und ein damals sehr populärer, gleichnamiger Roman dem kreativen Berliner Volksmund die Möglichkeit, ihr den neuen – und sehr passenden – Spitznamen zu verleihen.
2. Der Rosinenbomber
Auch der zweite Begriff gehört zu den prägendsten der Geschichte Berlins. Die “Rosinenbomber“ waren sogar überlebenswichtig für das vom Krieg gebeutelte und den Sowjets umschlossene West-Berlin. Durch die Errichtung der Berliner Luftbrücke war es überhaupt erst möglich, der hungrigen Bevölkerung Alltagsdinge wie Lebensmittel oder Kohlebriketts zum Heizen zukommen zu lassen. Auf dem Tempelhofer Feld erinnert bis heute eine der silbernen Maschinen an die damalige Zeit und der Begriff ist damals wie heute fester Bestandteil des Berliner Sprachschatzes.
3. Die Moppelkotze
Auch wenn die eigentliche Herkunft nicht mehr bekannt ist, wird die “Moppelkotze“ oft mit der damaligen Zeit in Verbindung gebracht. Dabei hört sich der Begriff schlimmer an, als er wirklich ist: Unter “Moppelkotze“ versteht der Berliner nichts anderes als einen schmackhaften, oft aus grünen Bohnen und Rindfleisch bestehenden Eintopf. Wobei die Zutaten selbstverständlich je nach Lust und Laune variieren. Eintöpfe sind nunmal immer willkommene Gelegenheiten, um alle Reste aus dem Kühlschrank zu einem deliziösen Gericht zusammenzuwerfen. Wärmt und macht satt – besonders im Winter.
4. Das Raumschiff Enterprise
Über 300 Meter lang, fast 90 Meter breit und fast 40 Meter hoch: Schon bei seiner Eröffnung 1979 war das ICC, das Internationale Congress Centrum Berlin, alles andere als bescheiden ausgelegt. Durch seine in Silbergrau gehaltene Aluminium-Fassade haben es sich die Berliner*innen natürlich nicht nehmen lassen, dem Messezentrum einen passenderen Namen zu geben. Nur für welchen konnte man sich nie so richtig entscheiden: “Raumschiff Enterprise“ ist ebenso bekannt wie die Bezeichnung “Panzerkreuzer“, auch der Begriff “Arche Noah“ ist unter älteren Berliner*innen noch geläufig. Aber egal wie das Alu-Monster genannt wird, es wird uns noch länger erhalten bleiben: Seit 2019 steht das leerstehende Gebäude unter Denkmalschutz.
5. Der Bierpinsel
Das Turmrestaurant Steglitz mit seinen 47 Metern Höhe mag nicht jedem ein Begriff sein, fällt jedoch der Name “Bierpinsel“, wisst ihr Bescheid, oder? Bereits während seiner Erbauung gaben die Berliner*innen dem ungewöhnlichen Bau diesen knorken Namen. Doch wie immer liegen auch hier Freud und Leid nah beieinander. Jahrelanger Leerstand, ständig wechselnde Besitzer und Pächter und kein dauerhafter Erfolg in Sicht. Eigentlich schade, wenn man bedenkt, wie einmalig dieses Objekt ist.
6. Die Schwangere Auster
Die Frage “Ist die Auster schwanger oder ist sie es nicht?“ stellt sich uns bei der ehemaligen Kongresshalle im Großen Tiergarten nicht wirklich. Die Form des Gebäudes spricht für sich. Und wie fast jedes außergewöhnliche Objekt in dieser Stadt hat auch die Auster schon viel mitgemacht, in der Anfangszeit tagte sogar der Deutsche Bundestag mehrfach in dem Gebäude. Mehrere Renovierungen später ist sie seit 1989 das Haus der Kulturen der Welt (HKW) und somit einer der wichtigsten kulturellen Veranstaltungsorte der Stadt.
7. Besuchsbesen
Gehen wir mal kurz weg von städtebaulichen Aspekten, hin zu zwischenmenschlichen Beziehungen und somit im Rahmen dieser Serie zum “Besuchsbesen“. Junge Berliner*innen mögen damit vielleicht den Besuch von Mutti und Vati verbinden, die die gerne auch spontane Stippvisite zu spontanen Aufräum- oder Reparaturaktionen nutzen. Verständlicherweise sorgt das beim Kind für wenig Begeisterung. Aber wie gesagt darf der Begriff nicht falsch verstanden werden. In Wirklichkeit bezeichnet ein “Besuchsbesen“ nichts anderes als einen kleinen Blumenstrauß oder eine Pflanze, die man dem Gastgeber als Mitbringsel überreicht. Ob Vati trotzdem plötzlich zum Bohrer greift ("Ich mach das schon!"), kann damit natürlich nicht verhindert werden.
8. Die Molle
Wenn die übereifrigen Eltern sich dann endlich dazu entschieden haben zu gehen, ist guter Rat teuer. Obwohl, eigentlich dürstet es einen nur nach einer kleinen Erfrischung – und die ist in unserer schönen Stadt alles andere als teuer. Also ab in die Lieblingskneipe oder Stammbar auf eine Molle! Darunter versteht man nämlich nichts anderes als ein frischgezapftes Hopfenkaltgetränk, üblich in der 0,5 Liter-Variante. Prost!
9. Die Waschmaschine
Wer jetzt denkt, dass Berlin nur alteingesessene Institutionen mit spöttischen Namen versieht, sollte einen Blick in die Machtzentrale der Republik werden. Obwohl – eigentlich reicht auch ein Blick auf's Kanzler*innenamt, dem der Volksmund schon kurz nach der Erbauung 2001 den überaus passenden Titel “Größte Waschmaschine der Nation“ verliehen hat. Wie viele Waschmaschinenladungen da wohl reinpassen?
10. Der Hohle Zahn
Der Begriff “Hohler Zahn“ ist tatsächlich auch außerhalb Berlins verbreitet, aber dafür haben wir ein besonders schönes Exemplar dieser Gattung: die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche auf dem Breitscheidplatz. Manche werden den Hintergrund der Namensgebung gleich erkannt haben: Als “Hohlen Zahn“ bezeichnet man Turmruinen, denen man die ursprüngliche Form noch ansehen kann. Die Gedächtniskirche ist in dieser Hinsicht einzigartig, weil die 71 Meter hohe Ruine des Hauptturms ins Ensemble des Neubaus integriert ist.
11. Der Lange Lulatsch
Jetzt hatten wir oben schon das ICC und hätten beinahe seinen Nachbarn, den “Langen Lulatsch“, vergessen. Der mit seiner Größe von 146,78 Metern alles andere als kleine Funkturm auf dem Messegelände im Westend prägt das Stadtbild nahezu 100 Jahre – und trägt fast ebenso lange seinen überaus passenden Spitznamen.