Die Ungeduld des Großstädters: Warum nervt mich Langsamkeit so sehr?

© Charlott Tornow

Ich werde nervös, lege für mich völlig untypische kleine Schritte ein, damit ich die Person vor mir nicht anremple. Mein Puls wird schneller. Mein Atem unter der Maske auch. Meine Gedanken überschlagen sich. Was ich in der Zeit, die ich hier unnötig verschwende, schon alles hätte erledigen können, überlege ich. Kann ich aber nicht, denn irgendjemand will nicht so schnell wie ich. Ich laufe zur U-Bahn, steige aus dem Bus, gehe die U-Bahntreppe runter. Ich bin nervös. Ungeduldig. Ich muss warten.

Ich bin nicht der ungeduldige Typ Mensch, der laut vernehmbar stöhnend seinem Ärger und Zeitdruck Luft macht. KassiererInnen im Supermarkt oder andere Leute anschnauzt, um sie über den eigenen Unmut und ihre vermeintliche Langsamkeit in Kenntnis zu setzen. Ich bin eher der Typ, bei dem sich innerlich plötzlich eine Unruhe einstellt, eine Nervosität, wenn jemand vor mir langsam läuft. Nicht schnell genug aus der U-Bahntür geht. Oder plötzlich stehen bleibt. Ich gehe nicht, ich renne. Und das, selbst wenn ich überhaupt keinen Termin habe. Ich muss mich nicht beeilen. Muss überhaupt nirgends ankommen. Wieso also macht mich Warten, oder viel besser gesagt: Langsamkeit, so nervös?

Ich bin der Typ, bei dem sich innerlich plötzlich eine Unruhe einstellt, eine Nervosität. Und das, selbst wenn ich überhaupt keinen Termin habe. Ich muss mich nicht beeilen. Muss überhaupt nirgends ankommen. Wieso also macht mich Warten, oder viel besser gesagt: Langsamkeit, so nervös?

Früher hat mich das nicht aus der Ruhe gebracht. Als ich noch bei meinen Eltern gewohnt habe, musste ich morgens circa 700 Meter zur Bahn laufen. Dafür habe ich damals meistens stolze zwölf Minuten gebraucht. Und es hat mich überhaupt nicht gejuckt. In Berlin schaffe ich so einen Weg zur Bahn, wenn ich will, in fünf. Und ich will. Immer. Wenn Google Maps anzeigt, dass ich für einen Weg 17 Minuten brauche, schaltet sich in meinem Kopf sofort die Ungeduld ein und sagt: "Ich schaff's in zehn." Und da bin ich nicht die einzige.

Als wir in der Redaktion irgendwann darüber sprachen, kam von überall her zustimmendes Gestöhne: "Ich hasse es, wenn die Leute in der U-Bahntür stehen bleiben, obwohl sie gar nicht raus wollen", "Und wie nervig ist es bitte, wenn die Leute auf der Treppe stehen bleiben, weil sie nicht wissen, wo sie lang müssen?", heißt es sofort. Ich scheine also bei weitem nicht die einzige zu sein, die nervöse Zuckungen bekommt, wenn es mal wieder nicht schnell genug voran geht. Wegen anderen Leuten sein eigenes Lauftempo unterbrechen zu müssen, ist wie für ein Konzert Tickets zu haben und trotzdem nicht rein zu kommen: beschissen.

Wenn Google Maps anzeigt, dass ich für einen Weg 17 Minuten brauche, schaltet sich in meinem Kopf sofort die Ungeduld ein und sagt: Ich schaff's in zehn.

Dabei bin ich in anderen Dingen überhaupt nicht ungeduldig oder nervös. Wenn das Essen im Restaurant lange dauert, ist das völlig fein für mich. Hauptsache, ich darf es überhaupt wieder besuchen. Dann sitze ich, bin entspannt und warte eben. Und auch wenn ich mich in kleineren Städten oder auf dem Land bewege, Leute langsam gehen oder alles etwas länger dauert, kann ich mich gut damit abfinden, ohne, dass mein Puls in die Höhe schnellt. Ich glaube, es ist die Großstadt, die mich nervös und ungeduldig macht. Versteht mich nicht falsch, ich liebe Großstädte und mag den schnellen Puls, den sie vorgeben. Aber ein Stück weit eigne ich mir diesen irgendwie an. Es ist – teilweise – auch ein gutes Nervössein. Ein Gespanntsein, was Neues passiert. Und so ist es vielleicht kein "Fear of missing out", sondern ein "Fear of being late", ein kurzes Gefühl der Angst, nicht schnell genug zu sein. Ich habe keinen Ruhe-, sondern einen Städtepuls und der beschleunigt sich eben exponentiell zur Größe der Stadt, in der ich mich bewege.

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