Die rauchende Mutter: ein Zug geht noch

© Andy Hamill | Unsplash

Ich liebe Zigaretten. Ich möchte echt kein großes Ding daraus machen. Kann ich auch gar nicht, denn seit der Schwangerschaft, ist es vorbei mit den Zigaretten. Dafür liebe ich jetzt mein Kind. Beides geht nicht. Sagen vor allem die anderen Leute. Und mit denen will es sich wirklich niemand verscherzen.

Hat es der durchschnittliche Raucher schon schwer mit ihnen, sind die rauchenden Mütter mittlerweile gänzlich unten durch. Eins tiefer gäbe es noch die Mutter, die ihr Kind nicht impft. Dicht gefolgt von der viel arbeitenden Mutter. Aber dann käme ich. Mit Zigarette den Kinderwagen vor mir herschiebend. Ja, so sieht sie aus, die fehlende Mutterliebe! Wer würde mir schon Feuer geben? Die Gründe sind einleuchtend. Also habe ich beschlossen, dass ich keine rauchende Mutter sein will.

Früheren waren mal mehr Zigaretten

Was einen Wendepunkt in meinem Leben markiert. Vor dem Baby waren meine Zigarette und ich ein unschlagbares Team. Meine Zigarette und ich, das klingt schon so großartig. Zusammen standen wir geheimnisvoll an der Theke irgendeiner Bar oder glücklich an der Haltestelle, wenn der Bus nicht kam. Genervt war ich schon auch, an einem Sonntag zum Beispiel, wenn ich nur wegen ein paar Filter im Pyjama runter zum nächsten Späti laufen musste. Trotzdem rauchte ich immer weiter, sorgte irgendwann für einen reichen Vorrat an Filtern und Blättchen, sodass ich, zufrieden und rauchend, nur noch selten das Haus verlassen musste. Will sagen: Die Zigarette war ein Teil meines Lebens. Ein Teil meiner Identität sozusagen. Manche betreiben mehr Aufwand dafür. Geben viel Geld für Klamotten aus, gehen auf Brit-Pop-Konzerte oder essen vegan. Ich rauchte. Mehr nicht. Dafür zehn Jahre weniger zu leben, schien mir ein guter Deal. Und ich rauchte, als ob ich vor gehabt hätte, 15 daraus zu machen.

Mit Zigarette den Kinderwagen vor mir herschiebend. Ja, so sieht sie aus, die fehlende Mutterliebe! Wer würde mir schon Feuer geben?

Das bringt mich zu meinem Großvater. Dem war die Sehnsucht nach dem Alter nie ganz geheuer. Ein wunderbarer Raucher also. Immer eine Zigarette in der Hand, zu jeder Tageszeit. Stand sogar nachts auf, nur um eine zu rauchen. Und selbst im Auto mit uns Kindern auf den Rücksitzen, auf dem Weg in den Urlaub, rauchte er genüsslich eine Zigarette nach der anderen. Einmal schmiss er den glühenden Stummel so unbeherzt aus dem Fenster, dass der Wind ihn in meines hereinwehte. Der Stummel brannte sich unaufhörlich in den Stoff des Sitzes. Aufregender wurde der ganze Urlaub nicht. Aber was soll ich groß zu diesem Zwischenfall sagen, ich bekam Ärger, dass ich nicht früher den brennenden Stummel gemeldet hatte. Wegen dem Sitz. Mein Opa liebte Zigaretten. Und er liebte sein Auto. Wahrscheinlich hat mich das prägt.

Gelegenheit macht Raucher

Mittlerweile, das Baby ist abgestillt, gab es mehrere Gelegenheiten, mir wieder eine Zigarette anzuzünden. Jetzt, da das Baby nicht mehr ständig an meinen Nippeln zieht, kann es meine Gereiztheit vielleicht besser verstehen. Ich bin wirklich nicht stolz darauf, aber in einer Nacht voll Alkohol und guten Freunden wurde ich schwach. Ging dem Verlangen nach wie früher meinem Ex eine Nachricht zu schreiben. Jämmerlich! Da stand ich dann im Regen und rauchte meine erste Zigarette, während das Baby ein Stockwerk drüber schlief und wahrscheinlich sehnsuchtsvoll von meinen Nippeln träumte. Es folgte noch eine Zigarette, inklusive meines schlechten Gewissens. Die anderen Leute, die nicht wollen, dass ich rauche, sagen übrigens, es schadet nicht nur mir, sondern auch dem Baby. Nikotin und andere Substanzen aus dem Rauch legen sich überall ab, man müsste schon duschen gehen, bevor man sich ins Bett zu seinem Kind legt. Habe ich nicht gemacht. Wer will schon nachts betrunken duschen gehen? Manche bekommen deshalb erst gar keine Kinder. Krass, oder?

Nach diesem Ereignis habe ich noch zwei weitere Male an einem Ausgehabend geraucht. Ansonsten bin ich jetzt dazu übergangen, mir abends eine E-Zigarette anzumachen. Ich rauche also nicht, ich dampfe. Das ist weniger schädlich, aber immer noch schädlich genug, dass ich etwas von meinem alten, verruchten Ich dabei spüre. Liebe andere Leute, ich backe regelmäßig Dinkelstangen, also lasst mich!

Liebe andere Leute, ich backe regelmäßig Dinkelstangen, also lasst mich!
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