Wird Berlin der Bass abgedreht? Eine neue Lärmverordnung könnte das Aus für viele Open-Airs bedeuten

© Kerstin Musl

Wer Berlin sagt, muss auch Open-Air sagen, denn spätestens ab April lebt gefühlt die ganze Stadt nur noch draußen. Ein spontaner Rave hier, ein Freiluftkino da, jede Menge Straßenfeste verteilt auf die gesamte Stadt und natürlich zahlreiche Open-Air-Clubs. Das Draußensein und die Musik sind in der Berliner Kultur fest verankert, doch damit könnte bald Schluss sein. Immer mehr Anwohner*innen beschweren sich, und Teile des Senats wollen daraus jetzt Konsequenzen ziehen. Die Umweltsenatorin Regine Günther plant nämlich gerade eine neue Verordnung. Veranstaltungslärmverordnung, kurz VeranstLärmVo soll sie heißen, und, wie der Name verrät, den Lärm bei Veranstaltungen regeln. Danach sollen Feiern, die länger als fünf Stunden gehen, strengere Lärmschutzauflagen bekommen, vor allem tieffrequente Geräusche sollen dabei eingeschränkt werden. Das heißt im Klartext etwa so viel: Man zieht Berlin den Bass. Das Genehmigungsverfahren wird strikter.

Aber mit so einer Verordnung würde nicht nur der Bass aus der Stadt verschwinden, sondern auch Teile der Berliner Clubszene und die ist nicht nur äußerst wichtig für Berliner*innen – schließlich sind laut einer Studie nach wie vor 70 Prozent der Clubgäste aus Berlin und Brandenburg –, sondern auch für die Stadt selbst. 1,8 Milliarden Euro nimmt Berlin jährlich durch die rund 280 Clubs in Berlin ein. Rund drei Millionen Touristen zieht es jährlich nur aufgrund der Partyszene in die Hauptstadt. Auch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung arbeitet derzeit an einer neuen Verordnung, die das Ziel verfolgt, dass alle Veranstaltungen mit mehr als 200 Leuten rechtzeitig bei der Baubehörde angemeldet werden müssen.

Die Feier- und Openair-Kultur in Berlin ist einzigartig, sie macht die Stadt auch zu dem, was sie heute ist, wofür sie steht und weswegen jährlich Millionen von Menschen zu uns kommen. Klar, wenn gegenüber gerade ein großer Rave stattfindet, schläft es sich vielleicht nicht so gut und natürlich muss auch Rücksicht auf die Anwohner*innen genommen werden, aber wollen wir in Berlin wirklich das Spießbürgertum einziehen lassen und der Gentrifizierung einen Partner in Crime zur Seite stellen, der "VeranstLärmVo" heißt? Dürfen Berliner*innen künftig nicht mehr die "Afd wegbassen", sondern nur noch in Kleingruppen von maximal 200 Leuten die "AfD mit leisen Tönen, höflich bitten zu gehen"?

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