Von wegen Willkommenskultur: Die neue Plakatkampagne des Heimatministerium ist geschmacklos

© Twitter | Nelli Hergenröther

Wer in Berlin mit den Öffentlichen fährt, ist eigentlich einiges gewohnt. In letzter Zeit war ich beim Verlassen der U-Bahn allerdings hin und wieder wirklich ein bisschen verstört, und Schuld daran waren weder Sitznachbarn, noch mittelmäßige "Hit The Road Jack"-Darbietungen. Seit ein paar Wochen sorgt eine Plakatkampagne in einigen Berliner U-Bahnhöfen für Irritationen. Bunte Farben verschiedener Landesflaggen auf weißem Hintergrund, dazu der Schriftzug "Dein Land. Deine Zukunft. Jetzt!" und ein paar Sätze in einer anderen Sprache. Arabisch, Französisch, Russisch.

Als ich so ein Plakat zum ersten Mal sah, fiel es mir erst gar nicht weiter auf, glaube ich. Beim nächsten Mal wunderte ich mich dann aber doch ziemlich über die Schlagworte "Freiwillige Rückkehr". Bis zum 31. Dezember könne man sich "bis zu zwölf Monate Kosten für die Wohnung im Herkunftsland sichern", heißt es da. Aha?

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Hintergrund dieser Werbung ist das seit Mitte September laufende Bundesprogramm zur "Reintegrationsunterstützung im Bereich Wohnen". Diese Unterstützung wird Menschen aus 45 Herkunftsländern zugesichert, wenn diese sich freiwillig dazu entscheiden, auszureisen. Allein schon bei der Formulierung ("freiwillige Rückkehr") wird mir ein bisschen schlecht.

Verantwortlich für diese Kampagne ist (zugegeben: wenig überraschend) das Bundesinnenministerium, kurzum: Horst Seehofers "Heimatministerium". Ein kurzes Googeln genügte, um festzustellen, dass ich nicht die einzige war, die die Plakate mehr als befremdlich empfand.

© Twitter

Perfide ist auch, dass aus den Plakaten nicht klar hervorgeht, an wen sich die Werbung zur Ausreise richtet. Theoretisch kann sich jeder, der die Sprache auf dem jeweiligen Plakat versteht, angesprochen fühlen – und somit nicht gerade willkommen. Besonders um die Plakate mit russischen Schriftzügen entbrannte deshalb bereits eine Debatte. Das Ministerium reagierte auf die Kritik mit dem Hinweis, das Angebot richte sich ausschließlich an Asylbewerber*innen, die vielleicht gerade auf den Abschluss ihres Asylverfahrens warteten oder deren Antrag abgelehnt wurde.

So werden wir Menschlichkeits-Weltmeister!
Jan Böhmermann

So oder so ist die Kampagne doch ziemlich geschmacklos und wirkt eher wie eine Rabattaktion zum Black Friday oder Winterschlussverkauf – bis Ende des Monats bestellen, 50 Prozent sparen und Prämie obendrauf! Nur, dass es dabei um Menschen geht, die ihr Heimatland aufgrund von Krieg und Zerstörung verlassen haben. Auch Jan Böhmermann sind die Plakate aufgefallen: "So werden wir Menschlichkeits-Weltmeister!", stellte er letzte Woche im Neo Magazin Royale fest. „Damit trägt das Programm zur weiteren Demontage des Asylrechts bei. Im Nebeneffekt sorgen solche Plakate bei in Deutschland lebenden Migranten für Verunsicherung, denn ihnen wird fälschlich signalisiert, dass sie unerwünscht sind.“, sagte wiederum die Innenexpertin der Linksfraktion im Bundestag, Ulla Jelpke. Willkommenskultur ist schließlich so 2015.

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Inzwischen wurde eine Petition gegen die Kampagne gestartet, die bereits über 21.000 Menschen unterstützen. Der Leitsatz: #DeineZukunftOhneHorst. Hier könnt ihr sie unterzeichnen.

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