Lesevergnügen #2: Die 11 schönsten Coming-of-Age-Romane

© Emily Rudolph | Unsplash

In unserer neuen Format-Reihe haben wir uns mit den Autoren aus allen Städten zusammengetan, um euch monatlich die besten Bücher zu empfehlen. Diesen Monat geht es um schöne Coming-of-Age-Romane.

Wir alle erinnern uns noch an die Zeit, in der wir wahnsinnig rebellisch und unsere Eltern ziemlich uncool waren. Und vielleicht ist genau das der Grund, weshalb Coming-of-Age-Romane so spannend sind, weil sie, natürlich nur bis zu einem gewissen Grad, das erzählen, was wir alle einmal durchgemacht haben. Egal, ob Halbstarke im Leipzig nach der Wende, die von einem besseren Leben träumen und zwischen Autodiebstahl und Alkohol changieren, oder 16-jährige Internatsschüler, denen nicht nur die Akne, sondern auch eine Behinderung im Weg zu ihren ersten sexuellen Erfahrungen stehen. Oder eine 17-jährige Türkin, die zwar in Berlin aufgewachsen, aber doch nicht so richtig in Berlin angekommen ist – sie alle erzählen bewegende Geschichten, die definitiv lesenswert sind.

Marit aus Berlin empfiehlt: "Spinner" von Benedict Wells

"Spinner" erzählt die bisweilen ziemlich absurde Geschichte von Jesper Lier. Der ist 20 und nach dem Abi frisch nach Berlin gezogen mit dem Traum, ein großartiger Schriftsteller zu werden. Nun haust er in einer Kellerbude und so richtig viel Sinn scheint das alles für ihn noch nicht zu ergeben: er selbst, die Liebe, das Leben an sich – und das Manuskript seines Debütromans, das schon mehr als 1000 Seiten, aber keinerlei roten Faden hat. Was kein Wunder ist, denn wenn Jesper schreibt, ist er meistens sehr betrunken. Geld für Essen hat er auch nicht. Außerdem ist sein Vater tot. Es ist also alles recht beschissen – und an diesem Punkt haben die Verfolgungsjagden, Schlägereien und Wahnvorstellungen noch nicht einmal angefangen. "Spinner" tut beim Lesen manchmal richtig weh: Weil man die irrationalen Gedanken und selbstzerstörerischen Handlungen des Protagonisten zwar oft kaum nachvollziehen kann, sich in seiner Ziellosigkeit und Verwirrung dann aber doch auch irgendwie wiederfindet und versteht, warum das am Ende eben doch alles Sinn ergibt.

"Spinner" | Benedict Wells | 320 Seiten | im Diogenes Verlag erschienen | mehr Info

© Diogenes Verlag | © Carl Hanser Verlag

Anja aus München empfiehlt: "Ellbogen" von Fatma Aydemir

Ein fantastisches Buch, das ich letzten Sommer gelesen habe. Es geht um die 17-jährige Hazal, die in Berlin lebt, aber – so wie ihre Eltern auch – nie ganz in Deutschland angekommen ist. Am Anfang sind es noch kleine Delikte, die sie begeht, doch irgendwann ist da diese Nacht, ihr 18. Geburtstag, in der etwas so Schlimmes passiert, dass Hazal nach Istanbul flieht. Zu einem total kaputten Typen, mit dem sie davor schon immer geschrieben hat und in den sie verliebt ist. Der Roman ist deshalb so toll, weil man sich Hazal unglaublich nah fühlt, man kann irgendwie alles verstehen, was sie macht – und wenn es noch so großer Scheiß ist. Auch, wenn man keine 17 mehr ist. Und man spürt auch das Gefühl des Fremdseins, das sie in beiden Ländern hat. Ihre Verlorenheit und ihre Probleme. Mich hat das Buch echt mitgenommen.

"Ellbogen" | Fatma Aydemir | 272 Seiten | im Carl Hanser Verlag erschienen | mehr Info

Franzi aus Hamburg empfiehlt: "Looking for Alaska" von John Green

John Green gehört zu meinen allerliebsten Autoren. Er schafft es, den Leser mit seinem Sprachgenie in den Kopf seiner jugendlichen Protagonisten krabbeln zu lassen. In diesem Fall Miles Halter, 16 Jahre und in eigenen Worten ziemlich durchschnittlich, der nach Alabama auf ein Internat wechselt. In der schwülen Moskito-Hitze der Südstaaten lernt er ein Mädchen kennen, das überhaupt nicht durchschnittlich ist: Alaska. Verwirrende Freundschaften, völlig überfordernde Liebe und der zerreißende Schmerz der ersten Trauer – John Green weiß einfach, wie man Gefühle ganz nah bringt. Ohne Kitsch, ohne Teenie-Drama, sondern ehrlich, erschütternd und Herzboden-tief.

"Looking for Alaska" | John Green | 224 Seiten | im Cornelsen Verlag erschienen | mehr Info

© Cornelsen Verlag | © Diogenes Verlag

Wiebke aus Berlin empfiehlt: "Vincent" von Joey Goebel

Der Roman "Vincent" von Joey Goebel heißt im englischen Original "Torture the Artist" und ich muss sagen, das beschreibt das Buch wesentlich besser. Der junge Vincent gilt als Wunderkind und sein kreatives Schaffen wird von der Organisation "New Renaissance" gefördert. Weil der Gründer dieser Organisation allerdings der Meinung ist, dass ein Künstler nur großartige Werke schaffen kann, wenn er leidet, wird Vincent nach und nach das Leben zur persönlichen Hölle gemacht. Er stirbt sein Hund "zufällig", dann verlässt ihn "plötzlich" seine erste große Liebe. Wir alle kennen den ersten Verlust eines Haustieres, den schrecklichsten ersten Liebeskummer, fühlen auf jeder Seite tiefes Mitleid und beim Lesen ist man dabei so gefesselt, dass man unbedingt wissen möchte, ob Vincent den Absprung schafft.

"Vincent" | Joey Goebel | 448 Seiten | im Diogenes Verlag erschienen | mehr Info

Anika aus München empfiehlt: "Call me by your name" von André Aciman

Selten hat mich ein Film so verzaubert und selten habe ich erst daraufhin das Buch gelesen und beide für ganz wundervoll befunden. Das Buch diente als Vorlage für das oscarprämierte Drehbuch zum gleichnamigen Film. Die Geschichte spielt an der italienischen Riviera in den 80ern und erzählt von dem jungen Elio, der während des Sommers seine große Liebe trifft: Oliver, ein selbstsicher wirkender Harvard-Absolvent. Die beiden verlieben sich, stehen sich jedoch immer wieder selbst im Weg und es beginnt eine Liebesgeschichte nach dem Push-And-Pull-Prinzip. Vor dem Hintergrund eines italienischen Sommers erinnert dieses Buch ganz herzzerreißend an die erste eigene Liebe und längst vergangene Sommerurlaube. Außerdem ist es unglaublich sinnlich geschrieben.

"Call me by your name" | André Aciman | 284 Seiten (in der dt. Übersetzung) | im Kein & Aber Verlag erschienen | mehr Info

© Kein & Aber Verlag | © Carl Hanser Verlag

Max aus Berlin empfiehlt: "Lumpenroman" von Roberto Bolaño

Mammutromane fordern mich heraus. Nachdem ich mich durch David Foster Wallace „Unendlicher Spaß“ gequält hatte, fiel mir vor einigen Jahren Roberto Bolaños gut 1100 Seiten starkes Buch „2666“ in die Hände, das von freidrehenden Literaturkritikern, einer Frauenmordserie in Mexiko und einem eigenwilligen Romacier mit Namen Archimboldi handelt. Wer sich noch nicht an das Opus Magnum des chilenischen Schriftstellers wagen will, sollte zu dessen „Lumpenroman“ greifen. Das schmale Buch erzählt die Geschichte eines jungen Geschwisterpaares aus Rom, das nach dem plötzlichen Tod der Eltern allein dasteht und von einer schmalen Waisenrente leben muss. Bianca und ihr Bruder verlieren sich in der Zeit. Sie vernachlässigen die Schule und schauen stattdessen stundenlang Filme, die sie sich in der Videothek ausleihen. Irgendwann ist das Geld erschöpft und die beiden suchen sich Jobs. Als dann auch noch ein Bologneser und ein Libyer in die Wohnung mit einziehen, droht das Leben der jugendlichen Geschwister endgültig aus den Fugen zu geraten. Mich hat der „Lumpenroman“ mit seiner düsteren Grundstimmung gleichsam gefesselt wie nachhaltig fasziniert.

"Lumpenroman" | Roberto Bolaño | 112 Seiten | im Carl Hanser Verlag erschienen | mehr Info

Marie aus Berlin empfiehlt: "I am the messenger" von Markus Zusak

Nachdem ich die "Bücherdiebin" von Markus Zusak gelesen und geweint habe, musste ich auch dieses Buch von ihm lesen. "Der Joker", so der deutsche Titel, ist eine Mischung aus Schnitzeljagd und der Suche nach einem neuen Leben. Der Hauptcharakter Ed wird Zeuge eines Banküberfalls und erhält daraufhin eine Spielkarte mit einer Aufgabe in seinem Briefkasten. Nun beginnt seine Mission die Welt und sich selbst ein bisschen besser zu machen.

"I am the messenger" | Markus Zusak | 357 Seiten | im Random House Verlag erschienen | mehr Info

© Random House Verlag | © Fischer Verlag

Wiebke aus Berlin empfiehlt: "Als wir träumten" von Clemens Meyer

Man könnte fast sagen, dass der Debütroman von Clemens Meyer die deutsche Variante von "Trainspotting" ist. Die Protagonisten Rico, Mark, Paul und Daniel wachsen in den Nachwendejahren in Leipzig auf, klauen Autos, trinken Alkohol und bewegen sich in einer Ohnmacht aus Angst, Wut und Zerstörung. Und obwohl die Leipziger Halbstarken mit ihren ständigen Prügeleien nicht zu der sympathischsten Sorte zählen, schafft es Meyer deren Ohnmacht und ihren Traum von einem besseren Leben so wunderbar zu beschreiben, dass man ihnen doch wärmer gesinnt ist, als sie es verdient hätten.

"Als wir träumten" | Clemens Meyer | 528 Seiten | im FISCHER Taschenbuch Verlag erschienen | mehr Info

Hella aus Berlin empfiehlt: "Extrem laut und unglaublich nah" von Jonathan Safran Foer

Jonathan Safran Foer geht echt immer. Und dieser Roman ist geradezu ideal als erstes Buch, das man von ihm in die Hände nimmt. Quasi Einsteiger-Lektüre. Seine Art, die Dinge, Menschen und Situationen zu beschreiben, liegt mir, weil sie so direkt und schwurbellos wirkt. Selbst dieses Werk, indem es zum einen um einen neunjährigen Autisten (Oskar) und zum anderen um dessen Großvater geht, fühlt sich nicht so an, als wäre ich hier falsch. Aus ihren Augen lerne ich ein New York mit den verschiedensten Leuten, Ansichten und Perspektiven kennen. Es ist ein New York nach dem 11. September 2001 – ein Ort, an dem jeder sich neu suchen und justieren muss. So auch Oskar, der hat nämlich durch den Anschlag seinen Vater verloren. Nun macht er sich auf die Suche nach Hinweisen zu einem geheimnisvollen Schlüssel, den er bei seinem Dad im Schrank gefunden hat. Ein Rätsel? Eine letzte Lehre, die er ihm mit auf dem Weg gibt?

"Extrem laut und unglaublich nah" | Jonathan Safran Foer | 480 Seiten | im FISCHER Taschenbuch Verlag erschienen | mehr Info

© Fischer Verlag | © Rowohlt Verlag

Zora aus Berlin empfiehlt: "Tschick" von Wolfgang Herrndorf

So habt ihr Brechts kurze Geschichte von „Herrn K“ garantiert noch nie betrachtet, versprochen. Wer mal wieder so richtig lachen möchte, dem sei „Tschick“ von Wolfgang Herrndorf wärmstens ans Herz gelegt. Zwei Einzelgänger im jungen Teenie-Alter begeben sich im geklauten Auto auf rasante Fahrt, um in die Walachei zu fahren. Quasi ein Coming-of-Age- und Roadtrip-Roman in einem. Die Geschichte ist so liebevoll, echt und witzig geschrieben, man mag das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen. Für einen Nachmittag im Park genau das Richtige.

"Tschick" | Wolfgang Herrendorf | 256 Seiten | im Rowohlt Taschenbuch Verlag erschienen | mehr Info

Max aus Berlin empfiehlt: "Crazy" von Benjamin Lebert

"Als ich meine Prüfung für den Hauptschulabschluss gemacht habe, war in derselben Schule auch die Prüfung für die Mittlere Reife. Und die Deutschprüfung der Mittleren Reife ging um 'Crazy '", erzählte Benjamin Lebert vor einigen Jahren in einem Interview mit dem Deutschlandradio. Vier Jahre vor seinem nachgeholten Hauptschulabschluss hatte der Schriftsteller seinen autobiografischen Coming-of-Age-Roman veröffentlicht, der mittlerweile in mehr als 30 Sprachen übersetzt wurde. Hierin geht es um die Jugendzeit des körperlich behinderten Benjamin, der schon mehrmals wegen seiner Mathe-Schwäche die Schule wechseln musste. Der fünfte Wechsel führte ihn schließlich zum Handlungsort des Romans, auf das Internat Neuseelen, wo er Freundschaft, Liebe, Sex, aber auch die dunklen Seiten der Jugend wie Neid und Eifersucht erleben sowie die Scheidung seiner Eltern verkraften musste. Für mich als Kind der 90er-Jahre konnte ich mich total gut mit Benjamin und seinen Problemen identifizieren. Kein Wunder, dass ich die Romanverfilmung mehrmals angesehen habe.

"Crazy" | Benjamin Lebert | 176 Seiten | im Goldmann Verlag erschienen | mehr Info

© Goldmann Verlag
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