Lesevergnügen #1 – Die 11 besten Biographien

© Katya Austin | Unsplash

Biographien sind weit mehr als seitenlange Jahreszahlen-Ergüsse in Geschichtsbüchern. Von Memoiren, in der Du-Perspektive geschriebene Romane mit autobiographischen Zügen über Tagebucheinträge bis hin zu "klassischen" historischen Biographien, gibt es viele Wege, bewegte Leben der Nachwelt zu hinterlassen. Welche Künstler*innen, Autor*innen und Musiker*innen uns besonders bewegt und welche Biographien uns inspiriert haben, verraten wir euch in der ersten Folge unseres Buchclubs.

Marit von Mit Vergnügen empfiehlt: "M Train" von Patti Smith

Hier bekommt man einen Einblick in den Kopf einer beeindruckenden Künstlerin: „M Train“ ist nach „Just Kids“ der zweite Teil der Memoiren der US-amerikanischen Sängerin Patti Smith, die nicht nur als „Godmother of Punk“ berühmt wurde, sondern auch als Lyrikerin, Fotografin und Malerin arbeitet. „M Train“ ist keine klassische Biografie, sondern eher eine Sammlung autobiografischer Texte, komplettiert mit Illustrationen. Patti Smith fügt unzählige kleine Fragmente aus Geschichten, Orten und Menschen, die sie auf ihrem Lebensweg geprägt haben, zusammen. Dabei nimmt sie den Leser immer wieder mit in ihre Lieblingscafés in New York und auf der ganzen Welt und beschreibt ihre Gedanken und Begegnungen dort mit einer solchen Detailverliebtheit, dass man oft das Gefühl bekommt, ihr selbst beim Kaffeetrinken gegenüber zu sitzen und sie zu beobachten. Die Reise durch ihre bewegte Vergangenheit führt sie auch immer wieder zu anderen Künstlern, die sie begleitet und inspiriert haben, wie Haruki Murakami oder Frida Kahlo. Eine deutsche Übersetzung des Buches ist 2016 im KiWi-Verlag erschienen – es empfiehlt sich jedoch sehr, das englische Original zu lesen, denn Patti Smith beschreibt ihre Welt einfach mit wunderschönen Sätzen. Auf jeden Fall die perfekte Lektüre für einen verregneten Nachmittag in eurem Lieblingscafé.

Patti Smith "M Train" | 336 Seiten | im KiWi Verlag erschienen | mehr Info

© KiWi Verlag | © Rohwolt Verlag

Anja von Mit Vergnügen München empfiehlt: "Winterjournal" von Paul Auster

Ich bin total verliebt in Paul Auster und Siri Hustvedt. Nicht auf romantische Art, sondern eher so, dass ich gerne mit den beiden befreundet wäre und in ihrem Haus in Brooklyn abhängen möchte. Siri Hustvedt lese ich schon länger, das "Winterjournal" von Paul Auster habe ich mir allerdings erst vor ein paar Jahren gekauft und damit mein erstes Auster-Buch gelesen. Dann auch noch gleich eines, in dem er in der "Du"-Perspektive sein Leben nacherzählt. Vor allem sein Liebesleben und wie er Siri Hustvedt kennengelernt hat. Die Beschreibung ihrer ersten Begegnung "sie war die kleinste und größte Person, die ich jemals gesehen hatte" geht mir seitdem nicht mehr aus dem Kopf. Was für ein liebevoller und respektvoller Blick auf jemanden. Auch, dass Auster schreibt, seine Frau wäre wie er, nur die bessere Version von ihm – sauschön!

Paul Auster "Winterjournal" | 256 Seiten | im Rowohlt Verlag erschienen | mehr Info

Linda von Im Gegenteil empfiehlt: "Wir können nicht alle wie Berta sein" von Eva Mattes

Vor einigen Jahren habe ich Eva Mattes am Hamburger Hauptbahnhof auf einer Rolltreppe getroffen und ihr halb stammelnd, halb schreiend gestanden, dass ich sie unglaublich bewundere. Als Schauspielerin am Theater, als solche im Fernsehen und als Frau – so allgemein. In ihrem Buch schildert sie in einem wunderbar leichten Plauderton ihren Weg zu ihrer Passion: der Schauspielerei – von Kindesbeinen an. Eva Mattes ist eine Frau mit einer sogar über die Zeilen des Buches wirkenden positiven Ausstrahlung; eine Frau, die es geschafft hat, ihr Leben zwischen Selbstzweifeln, jugendlichen Schönheits-Makeln, einseitigen Liebschaften und Rückschlägen im Leben wie im Theater, doch in einen Hafen der Zufriedenheit und Erfüllung zu lenken. Das gab und gibt mir das Vertrauen und die Zuversicht, dass auch ich das kann; auch wenn nicht immer alles nach Plan läuft – oder ich mal einfach gar keinen Plan habe.

Linda Kukuk ist Junior Head of Love beim Online-Magazin Im Gegenteil, das euch mit Liebe, Herzschmerz, Nachhaltigkeit und vielem mehr auseinandersetzt.

Eva Mattes "Wir können nicht alle wie Berta sein" | 416 Seiten | im Ullstein Verlag erschienen | mehr Info

© Ullstein Verlag | © Benevento Verlag

Hella von Mit Vergnügen empfiehlt: "Modern Girl: Mein Leben mit Sleater-Kinney" von Carrie Brownstein

Das ist ein Anti-Band-Buch. Wer wissen will, wie der Rock nicht rollt, sollte die Autobiografie von Carrie Brownstein lesen. Darin gibt es die besten Rückenschmerzengeschichten, schönste Miranda-July-Momentaufnahmen und obendrauf noch die Erkenntnis, dass die Gleichberechtigung im Punkrock auch wahnsinnig anstrengend sein kann.

Carrie Brownstein "Modern Girl: Mein Leben mit Sleater-Kinney" | 328 Seiten | im Benevento Verlag erschienen | mehr Info

Jules und Maria von Herz & Blut empfehlen: "Als wäre alles das letzte Mal" von Wilhelm von Sternburg

Wahrscheinlich kennen die meisten den großartigen Schriftsteller und Kosmopoliten Erich Maria Remarque nur aus Schulzeiten, als der Kriegsroma ‚Im Westen nichts Neues’ auf dem Lehrplan stand. Remarques Schaffen und Werk sind aber weit mehr als nur dieses eine Werk. In der Biografie von Wilhelm von Sternberg „Als wäre alles das letzte Mal“ werden viele unbekannte und teils frivole Details über Remarque preisgegeben. Remarques Leben war geprägt durch beide Weltkriege, Immigration, Flucht, aber auch viel Freude und schwarzen Humor. Wir legen jedem ans Herz insbesondere ‚Der Schwarze Obelisk’ und ‚Die Nacht von Lissabon’ zu lesen. Absolut zeitlos, kein Wunder also, dass die Werke alle im KiWi-Verlag neuaufgelegt wurden.

Jules (Gründerin) und Maria-Silva Villbrandt (seit 2016 dabei) sind die zauberhaften Ladys hinter dem Interior-Blog Herz & Blut.

Wilhelm von Sternburg "Als wäre alles das letzte Mal" | 528 Seiten | im KiWi Verlag erschienen | mehr Info 

© KiWi Verlag | © S. Fischer Verlag

Franzi von Mit Vergnügen Hamburg empfiehlt: "Not That Kind of Girl" von Lena Dunham

"Girls" war die erste TV-Serie für mich, die entgegen der sonstigen völlig verzerrten Happy-Life-TV-Shows aus den USA einen Blick auf das (meist) reale Leben zeigte. Hoffnungslosigkeit, irreführende Romanzen und Sex ohne Kerzenschein. Lena Dunham, Autorin der Serie, lässt in ihrer Biographie „Not that Kind of Girl“ noch tiefer blicken, als sie es schon in ihrer Serie macht. Sie beschreibt ohne Schnörkel und teilweise sehr brutal von ihren Erfahrungen als junges Mädchen und später junge Frau. Von anfänglichen sexuellen Erfahrungen mit dem eigenen Körper, dem Unsinn unbequemer Unterwäsche und den schwachsinnigen Ratschlägen von Frauenzeitschriften – Erwachsenwerden ohne Ponyhof-Romantik, sondern voller bitterem Realismus. Das Buch hat mich ebenso zum Klöße-Runterschlucken wie zum Tränenlachen gebracht.

Lena Dunham "Not That Kind of Girl" | 304 Seiten | im S. Fischer Verlag erschienen | mehr Info

Dirk von The Weekender empfiehlt: "My Struggle" von Karl Ove Knausgård

Offiziell sind die sechs Bände, in denen der Norweger Karl Ove Knausgård sein Leben ausbreitet, keine Biografie. Tatsächlich aber habe ich selten zuvor eine so schonungslose Abhandlung über ein Leben gelesen wie in „Sterben“ (2011), „Lieben“, „Spielen“, Leben“, „Träumen“ und „Kämpfen“ (2017). Übereinander gestapelt ergeben die Bände einen halben Meter Papier, der einen unfassbaren Lesesog auslöst. Ich habe ganze Tage, Nächte und Urlaube damit verbracht. Dabei ist Knausgårds Geschichte eigentlich banal: Es geht ums Aufwachsen, Erwachsenwerden, Verlieben, Kinderkriegen, um Karriere und Absturz, um Leid, Krankheit und Tod – und alles, was dazwischen sonst so passiert. Der Romanzyklus ist weltweit ein Hit geworden und hat Knausgård viel Ärger mit Freunden und Verwandten eingebracht. Aber gerade die offene Schilderung und der Stream-of-Consciousness aus Alltagsbeobachtungen machen den Reiz dieser Bücher aus. Fängt man mit einem an, kann man die anderen schwer links liegen lassen.

Dirk Mönkemöller ist Chefredakteur und Herausgeber (gemeinsam mit Christian Schneider) des seit 2011 erscheinenden Independent-Magazins The Weekender.

Karl Ove Knausgård "Das autobiographische Projekt" | insgesamt sechs Bände | erschienen im Luchterhand Lieteraturverlag | mehr Info

© Luchterhand Verlag | S. Fischer Verlag

Wiebke von Mit Vergnügen empfiehlt: "Frida Kahlo. Ein leidenschaftliches Leben" von Hayden Herrera

Es gibt diese Bücher, auf die freut man sich tierisch, und es gibt die Bücher, die eben noch im Schrank stehen, und man zieht sie nur raus, weil man gerade nichts anderes zu Lesen hat. Bei mir und Frida Kahlo war letzteres der Fall. Ich fand das Buch bei meinen Eltern im Regal, mir stand eine acht-stündige Bahnfahrt bevor und selbst danach konnte ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Zwischen Kunst, Liebe, Affären, unerträglichen Schmerzen – mit 18 hatte sie einen folgeschweren Busunfall –, Schmerzmitteln und Alkoholismus lebte sie ein Leben voller Extreme. Die einzigen Fixpunkte sind die Casa Azul, ihr Elternhaus, die inzwischen ein Museum ist, und der 20 Jahre ältere Künstler Diego Rivera, ihr Counterpart, mit dem sie eine Liebe verband, die zwischen Lügen und Betrügen eine so unglaubliche Tiefe erreichte, wie sie wohl nur die wenigsten von uns erfahren.

Hayden Herrera "Frida Kahlo. Ein leidenschaftliches Leben" | 416 Seiten | erschienen im S. Fischer Verlag | mehr Info

Daliah von Mit Vergnügen empfiehlt "Strobo" von Airen

Vom Blogger zum Buchautor: Airen, der Wirtschaftswissenschaften studierte und in der Unternehmensberatung arbeitete, ist genau diesen Weg gegangen. Unter dem Pseudonym Airen hat er zwei Jahre Berlin auf seinem Blog beschrieben. Er hat Drogen auf der Loveparade verkauft, hatte mit Frauen, Männern, Transsexuellen und Prostituierten (gefühllosen) Sex, saß ein paar Tage im Gefängnis, zwischendrin arbeitete er immer noch in der Unternehmensberatung und war eigentlich doch nur eine der vielen verlorenen Seelen Berlins, die dem ständigen Sog der Stadt nur schwer widerstehen können und eigentlich trotzdem nur Liebe und den Sinn des Lebens finden wollen. Natürlich wurden schon zahlreiche Bücher über das Berliner Treiben geschrieben, Filme gedreht und Geschichten erzählt, trotzdem sind einiger davon realer als andere und Airen ist auf jeden Fall einer der besseren Chronisten der Berliner Nächte. In Buchform kamen seine autobiographischen Geschichten 2009 eher unbeachtet auf den Markt, wurden durch die hitzigen Plagiats-Debatten mit Helene Hegemann 2010 aber noch mal gepusht.

Airen "Strobo" | 224 Seiten | erschienen im SuKuLTuR Verlag | mehr Info

© SuKuLTuR | © Penguin Books

Camila von Agentur von Welt empfiehlt: "Good Night Stories for Rebel Girls" von Elena Favilli und Francesca Cavallo

Es muss nicht immer ein dicker Wälzer sein, manchmal lassen sich faszinierende Geschichten von tollen Persönlichkeiten auch kurz und knapp zusammenfassen. Die Good Night Stories for Rebel Girls beinhaltet 100 Biographien von 100 Frauen. Märchenhaft erzählt, handelt jede Seite von einer anderen inspirierenden Autorin, Wissenschaftlerin, Politikerin, Aktivistin oder Sportlerin, die etwas in der Welt bewegt hat.

Diese Gute Nacht Geschichten sind genau das Richtige, wenn du nach einem langen, stressigen Tag in dein Bett fällst, um von einer besseren Welt zu träumen. Das Buch wurde außerdem von über 60 Künstlerinnen aus aller Welt illustriert. Es liest sich nicht nur unfassbar gut, sondern sieht mindestens genauso gut aus. Who run the world? Girls!

Elena Favilli und Francesca Cavallo "Good Night Stories for Rebel Girls" | 212 Seiten | erschienen im Penguin Books Verlag | mehr Info

Matze von Mit Vergnügen empfiehlt "Das weiße Buch" von Raffael Horzon

© Suhrkamp Verlag

Raffael Horzon ist der Meister der Erzählung und Erfindung. Er gründete die Trennungsagentur "Separitas", ein Fachgeschäft für Apfelkuchen, eine Wissenschaftsakademie und eine Fachbuchhandlung in der es nur ein einziges Buch gab – nämlich sein eigenes. In „Das weiße Buch“ weiß man zwar nie so recht, was eigentlich wahr ist und was nicht, es ist aber so unglaublich gut geschrieben, dass es auch irgendwie egal ist.

Raffael Horzon "Das weiße Buch" | 218 Seiten | im Suhrkamp Verlag erschienen | mehr Info

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