Fotos, Videos und Musik: Ist diese App das neue Instagram?

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"Ich bin jetzt hier und checke noch nichts, aber es ist cool!" – Innerhalb der letzten 24 Stunden hat sich gefühlt jeder Zweite in meinem Instagram-Feed bei einer Plattform angemeldet, deren Name mir bislang unbekannt war, die aber auf den ersten Blick vielversprechend klingt: Vero – True Social ist anscheinend das neue große Ding. Obwohl die App schon seit einer Weile existiert, erfreut sie sich plötzlich eines so großen Ansturms, dass mitunter die Server überlastet sind.

Instagram, die Social-App der letzten Jahre, hat sich in den vergangenen Monaten mit neuen Algorithmen, die uninteressante und nicht abonnierte Kanäle ausspielten, und mehr Werbung bei treuen Nutzern immer unbeliebter gemacht. Kein Wunder also, dass Vero nun bei so vielen Interesse weckt: Die App verspricht ganz simples Posten von Beiträgen, ohne Algorithmus, ohne Werbung, so wie es bei Instagram früher mal war. Darüber hinaus lassen sich bei Vero nicht nur Bilder und Videos teilen, sondern auch Musik-, Film- und Buchempfehlungen, Orte und Links zu externen Webseiten.

Wie der Name Vero schon erahnen lässt, will die App für mehr "Wahrheit" im Sinne von Authentizität in sozialen Netzwerken stehen. Im Manifest auf der Vero-Website ist zu lesen, warum: "In der Realität sind wir Menschen nie mit einem allgemeinen 'One Size Fits All'-Publikum konfrontiert. Wir teilen unterschiedliche Dinge mit unterschiedlichen Menschen."

Deshalb gibt es bei Vero einen spannenden Unterschied zu Instagram und Co. Während man dort nur die Wahl hat, sein Profil komplett öffentlich zu schalten oder es für die Menschen, die einem folgen, sichtbar zu machen, bietet Vero mehrere Kategorien an. Man kann seine Follower in "Acquaintances", "Friends" und "Close Friends" einteilen und sowohl für das gesamte Profil, als auch bei jedem Post einzeln entscheiden, ob dieser allen Followern oder nur einem kleineren Kreis angezeigt wird.

Facebook, Instagram und die meisten anderen sozialen Netzwerke sorgen mit ihren Follower-Einstellungen und Algorithmen dafür, dass Nutzer nur noch die interessantesten Dinge aus ihrem Leben teilen und das Ganze mehr und mehr zu einem großen Wettbewerb um Likes und Followerzahlen verkommt. Bei Vero soll der Nutzer alles teilen können, was ihm gefällt oder Spaß macht, und dabei bei jedem Post wieder aufs Neue die Kontrolle darüber haben, wer ihn zu sehen bekommt. Das gibt jedem einzelnen mehr Privatsphäre, Eigenverantwortung und kreative Freiheit.

In dem Manifest verspricht Vero auch, werbefrei zu bleiben. Wie sich die App dann langfristig finanzieren will? Über Nutzer-Abonnements. Die erste Million Nutzer darf sich aktuell kostenfrei anmelden, alle danach kommenden sollen einen geringen Betrag zahlen müssen.

Abgesehen davon klingt das, was man nach ein wenig Recherche über die Hintergründe der App zu lesen bekommt, ziemlich dubios. Bei dem Gründer von Vero handelt es sich um Ayman Hariri, einen libanesischen Milliardär. Hariri war zuletzt als CEO einer Baufirma tätig, die 2017 wegen Korruption und Ausbeutung ihrer Arbeitskräfte geschlossen wurde. Ob diese App, die so aus dem Nichts auf einmal gehyped wird, also wirklich so sozial ist, wie sie sich in ihrem Manifest präsentiert? Das darf man bezweifeln. Und ob das Konzept wirklich das Zeug hat, am Social-Media-Thron von Instagram zu ruckeln, bleibt wohl ebenfalls abzuwarten: momentan ist die App aufgrund der Server-Überlastung kaum nutzbar.

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