Was brauchen wir, um zusammen glücklich zu sein?

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In meinem Freundeskreis gibt es Pärchen, die gefühlt seit Tausenden von Jahren zusammen sind. Sie sind glücklich und haben mittlerweile Kinder oder simd schwanger. Ich bin kein Mensch, der sich zu Neid hinreißen lassen möchte, denn Neid hat immer etwas Missgünstiges, eine wirklich hässliche Emotion. Nichtsdestotrotz erwischte ich mich im Laufe der Jahre immer wieder dabei, wie der Neid in mir aufstieg. Insbesondere natürlich dann, wenn eine meiner eigenen Beziehungen in die Brüche ging.

Nach einigen gescheiterten Versuchen, eine langfristige Beziehung aufzubauen (es ist mittlerweile mehrere Jahre her, dass ich eine Partnerschaft hatte, die länger als ein Jahr funktionierte), hatte ich das Gefühl, ich müsse mich mit der Frage beschäftigen, was ich in einer Beziehung brauche, um glücklich in ihr werden zu können. Und offenbar bin ich mit dieser Frage auch nicht allein.

Was wir brauchen, um zusammen glücklich zu sein

Mit Anfang 20 habe ich mich das noch nicht gefragt. Ich habe mich in jemanden verliebt. Die logische Konsequenz für mich war: Ich möchte mit ihm eine Beziehung haben. Ich wünschte mir, dass wir zusammen sind und auch lange zusammen bleiben. Und wenn er auch in mich verliebt war, haben wir es einfach gemacht. Und fertig. Aus heutiger Sicht würde ich sagen, der Freund, den ich zu Abizeiten und dann noch zu Beginn des Studiums hatte, passte niemals wirklich zu mir. Und ich auch nicht zu ihm. Aber das war uns damals einfach egal. Wir waren verliebt und haben das Beste daraus gemacht. Wir sind aufeinander eingegangen, haben uns gemeinsam entwickelt, sind aneinander und umeinander gewachsen.

Was wäre gewesen, wenn wir uns nicht getrennt hätten?

Doch haben wir uns auch fürchterlich gestritten, haben unsere Grenzen überschritten und uns dabei dann irgendwann verloren. Ich bin der Meinung, all das hatte seine Berechtigung und ich sehne mich auch nicht sentimental in diese Beziehung zurück. Trotzdem frage ich mich heute, was wäre gewesen, wenn wir uns nicht getrennt hätten? Wenn wir uns zum Beispiel auch nicht hätten trennen können, weil die gesellschaftlichen Konventionen es uns untersagt hätten. Hätten wir einen Weg gefunden, zusammen glücklich zu sein?

Gemeinsamkeiten als Basis

Heute frage ich mich, welche Faktoren eine Rolle dabei spielten, dass meine Beziehungen nicht dazu führten, dass wir beide auf Dauer glücklich wurden. Ich bin ein rationaler Mensch und versuche diese Dinge auf einer sachlichen Ebenen zu verstehen. Und ich war mir schlussendlich sicher, dass es einige wichtige Eigenschaften gibt, die er und ich gemeinsam haben müssten, um zusammen glücklich werden zu können. Dazu gehört für mich an erster Stelle gemeinsame Kommunikation. Denn es reicht nicht, nur miteinander zu kommunizieren, man braucht auch eine gemeinsame Sprache oder Ausdrucksform. Außerdem bin ich überzeugt, dass ich einen Partner brauche, dem ich auf Augenhöhe begegne. Wichtig ist mir außerdem, dass er genauso gerne Quatsch macht wie ich und es in seinem Leben Dinge gibt, die er mit Leidenschaft macht. Natürlich gibt es darüber hinaus noch Eigenschaften, die ich anziehend finde, aber ich bin überzeugt, dass diese grundlegenden Dinge passen müssen. Eigentlich.

Was wäre das Leben ohne Ausnahmen?

Aber dann kam er. Der Mann, der alles ins Wanken brachte. Als wir uns näher kennenlernten, war ich so verliebt wie schon seit vielen Jahren nicht mehr. Mit allem, was dazu gehört. Herzklopfen, Aufregung, blindes Vertrauen, rosarote Brille. Völlig überstürzt verließ ich meinen damaligen Freund und sprang einfach mitten rein. Obwohl uns beiden bewusst war, dass wir sehr unterschiedlich sind, waren wir beide voll dabei. Zumindest für die ersten Wochen. Bis wir Konflikte austragen mussten. Wir gerieten schnell an unsere Grenzen. Ich war immer schrecklich unglücklich, wenn ich nicht bei ihm sein konnte und unendlich glücklich, wenn wir zusammen waren. Aber das lag nicht daran, dass ich ihn dann vermisste. Sondern daran, dass wir auf unterschiedlichen Ebenen kommunizierten. Ich mit Worten und er mit Gesten. Immer wenn ich bei ihm sein konnte, war ich mir sicher, dass er mich lieb hat. Ich habe mich geborgen und sicher gefühlt. Doch wenn wir nicht zusammen waren, was im Alltag schlicht dazu gehört, wurde ich unsicher und traurig. Gleichzeitig war ich sehr fordernd. Ich wünschte mir verbalen Support von ihm und Geborgenheit und Sicherheit, ohne dass wir örtlich zusammen waren. Daraufhin zog er sich immer mehr von mir zurück und trennte sich schlussendlich nur ein halbes Jahr später von mir. Ich war traurig und enttäuscht. Aber gleichzeitig auch ein wenig erleichtert, mich jetzt nicht mehr so fühlen zu müssen. Und ich erklärte mir die Trennung damit, dass wir schlichtweg nicht genug gemeinsam hatten, um gemeinsam glücklich werden zu können.

Ich wusste, was ich brauche und was dieser Mann mir davon nicht geben kann. Und trotzdem war ich immer so unendlich glücklich, wenn ich mit ihm Zeit verbringen konnte.

Das ist jetzt bald zwei Jahre her. Zwei Jahre, in denen wir nicht voneinander loskommen konnten. Zwei Jahre, in denen mich nichts und niemand so glücklich machte wie die Zeit, die ich mit ihm verbringen konnte. Immer wieder versuchte ich, mich von ihm zu lösen. Denn egal, wie glücklich er mich zu machen vermochte, so unglücklich war ich auch, dass er trotzdem bei seiner Meinung blieb, nicht mit mir zusammen sein zu wollen. Und gleichzeitig fragte ich mich: Will ich das denn wirklich?

Einige Monate nach der Trennung entschied ich mich dazu, für zehn Wochen durch Südamerika zu reisen. Dieser Abstand, so stellte ich mir vor, würde mir gut tun und ich würde endlich von dieser Nicht-Beziehung loskommen. Es funktionierte nicht. Ich schrieb mir eine Liste, mit den Dingen, die mein Partner und ich gemeinsam haben müssten, damit wir zusammen glücklich werden könnten. Ich versuchte mir die Frage zu beantworten: Was brauche ich wirklich? Doch auch das half mir nicht. Ich wusste, was ich brauchte und was dieser Mann mir davon nicht geben kann. Und trotzdem war ich immer so unendlich glücklich, wenn ich mit ihm Zeit verbringen konnte. Und auch das Unglücklichsein, wenn wir nicht zusammen waren, relativierte sich. Mit den Monaten schlich sich das Gefühl ein, dass mich niemand auf der Welt so kennt und versteht wie er. Dass ich nirgends so sehr ich selbst sein kann wie bei ihm.

Immer wieder versuchten wir den Kontakt zu reduzieren, löschten uns bei Facebook und auch unsere Nummern. Wochenlang sahen wir uns nicht, trafen andere, um uns an Ende doch wieder einander im Arm zu halten und einander einzuatmen. Niemand konnte dem Vergleich mit ihm dauerhaft standhalten. Ich fühlte mich schwach und dumm. Wie konnte ich nur so derartig einem Mann verfallen sein, der mich zwar liebt, aber trotzdem nicht mit mir zusammen sein will oder kann? Und was mich noch mehr beschäftige: Wie konnte dieser Mann mich so berühren und glücklich machen, wenn er rational betrachtet nicht zu mir passt?

Herz oder Kopf?

Im September sind wir seit zwei Jahren getrennt. Und ich bin an den Punkt gelangt, dass ich kitschig wie im Film denke, dass ich ihn auf eine Art immer lieben werde. Und ich frage mich noch immer, was es ist, das mich so verdammt glücklich mit ihm macht? Warum stellt sich dieses Gefühl offenbar mit manchen Menschen ein und mit anderen nicht? Und warum spielt es dabei dann doch keine Rolle, ob sich meine Kriterien für eine glückliche Beziehung erfüllen oder nicht? Ist es am Ende dann doch die unerklärliche Kraft der Liebe, die es braucht, damit man zusammen glücklich ist? Ich bin keine Romantikerin und glaube fest daran, dass es Gründe gibt, warum Beziehungen funktionieren oder auch nicht. Vermutlich auch schon deshalb, weil ich sonst auch komplett aufgeschmissen wäre. Denn wenn ich an den Romantikkitsch à la Hollywood glauben würde, würde das für mich auch bedeuten, dass ich nie wieder jemanden finden werde, der mich glücklich machen kann. Aber wie kann ich dann die Zukunft erschaffen, die ich mir wünsche: eine liebevolle Beziehung voller Respekt füreinander und eine eigene Familie?

Was mache ich jetzt mit meiner rationalen Liste? Ergibt es Sinn, zu versuchen sie anzupassen? Und wie soll ich etwas Irrationales wie Liebe auf ihr platzieren? Sollte ich die Liste und die rationalen Gedanken zu glücklichen Beziehungen komplett verwerfen und versuchen, wieder mehr zu fühlen? Ich habe keine Antwort auf diese Frage, es macht mich halb verrückt und blockiert mich. Herz oder Kopf? Ich wünsche mir nichts mehr, als dass die beiden sich mal einig werden.

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