Das Grips-Theater zeigt derzeit eine ganze besondere Coming-of-Age-Geschichte
Vor ein paar Jahren ging die Geschichte des jungen Berliners Nasser El-Ahmad durch alle Medien: Als Erstgeborener streng muslimischer Eltern war er, obwohl er der Liebling der Familie war, in seiner Freiheit meist ziemlich eingeschränkt, denn vieles war verboten. Also suchte sich der damals 15-Jährige seine Freiheiten häufig fernab der Familie. Und fand sie in der homosexuellen Partyszene Berlins.
Beflügelt von seiner neu gewonnenen Identität und Freiheit outete er sich auf Facebook. Als seine Eltern das erfuhren, begann die vielleicht schlimmste Phase seines Lebens. Er sollte von seinem Vater und seinen Onkeln in den Libanon verschleppt und zwangsverheiratet werden. Anstatt sich seinem Schicksal zu ergeben, kämpfte Nasser aber für seine Freiheit, organisierte Demonstrationen und zeigte seinen Vater und seine Onkel an. Mittlerweile zählt Nasser zu den wichtigsten Aktivisten für Menschenrechte und seine Geschichte wird sogar als Theaterstück im Grips-Theater aufgeführt.
Im Theaterstück ist Nasser ein YouTuber, der über seinen Kanal seine Geschichte postet. Wir brauchten ein Grundsetting und eine Ebene, von der aus Nasser im Rückblick die Geschehnisse erzählen kann, wo aber auch Platz für seine Gedanken, Gefühle, Ängste und Hoffnungen ist.Susanne Lipp, Autorin des Theaterstücks "#Nasser 7Leben"
Die Autorin Susanne Lipp hat intensiv mit Nasser zusammen an diesem biographischen und sehr emotionalen Stück gearbeitet. In vielen Gesprächen erarbeiteten sie gemeinsam das Stück. Nasser erhielt regelmäßig die Texte, Susanne Lipp und er diskutierten darüber, fanden neue Ideen und teilweise hat er auch maßgeblich an der Inszenierung mitgewirkt. So nutzt Nasser im Stück YouTube als Erzählplattform, um die Geschehnisse im Rückblick zu erzählen. Und da soziale Medien ohnehin eine große Rolle in Nassers Leben spielten, lag es nahe, diese auch im Stück einfließen zu lassen.
Schwierig war es bei der Inszenierung allerdings, keine Islamophobie zu schüren. Denn obwohl ihn seine streng gläubige Familie in den Libanon abschieben wollte, ist Nasser weiterhin ein gläubiger Muslim. So konzentriert sich das Stück dann auch nicht primär auf die Religion, weil das Stück vor allem eines erreichen will: Menschen davon überzeugen, für ihre Ziele, Werte und Träume zu kämpfen und sich von Vorurteilen und eingefahrenen Rollen freizumachen.
Ich will die Jugendlichen meiner Generation wirklich erreichen. Dass die sich ein Beispiel daran nehmen, dass man seinen Weg gehen kann, dass in einem die Kraft steckt, selbst wenn man wirklich ganz unten angekommen ist. Dass es wichtig ist, zu sich zu stehen.Nasser El-Ahmad
Als Theaterstück erzählt Nassers Leben eine ganz besondere Coming-of-Age-Geschichte, in der seine Hoffnung auf Freiheit und Selbstbestimmung nie schwindet. Sie zeigt, wie wichtig es ist, für seine Freiheit zu kämpfen und seinen eigenen Weg zu gehen, egal wie schwierig der manchmal sein mag.
Das Thaterstück "#Nasser 7 Leben" könnt ihr euch noch bis zum 13. Juli im Grips-Theater ansehen, mehr Infos findet ihr hier.
Wiebke Jann