Nach dem Ghosting kommt der Zombie – Wenn Date-Leichen plötzlich wiederauferstehen

© Priscilla Westra | Unsplash

Von Bielefeld bis Berlin, von Stralsund bis Stuttgart: Es gibt kaum einen Zentimeter in der Bundesrepublik, indem es, besonders in den vergangenen zehn Jahren, nicht spukte. Wobei hier die Rede nicht von Horrorhäusern, von Stimmen aus dem Jenseits oder Begegnungen der dritten Art ist. Es geht um das in sämtlichen Medien thematisierte und besprochene "Ghosting". Begegnungen der beschissenen Art, die darin enden, dass der potenzielle Lebensabschnittsgefährte respektive die Abschnittsgefährtin, von einem Tag, ach was, von einer Stunde auf die andere, verschwindet. Weg. Bumms. Ciao Kakao. Auf Nimmerwiedersehen.

Naja, nicht ganz. Denn das ohne mit der Wimper zu zucken als "menschenverachtend" zu bezeichnende Ghosting wird um einen weiteren Emotionstrend ergänzt: Aus einem Geist wird ein Untoter, aus Verschwundenen werden Rückkehrer*innen und aus Arschlöchern werden noch größere Arschlöcher – willkommen in der Welt der Zombies, die plötzlich und aus dem Nichts wieder auftauchen. Then this is Thriller.

Was sind eigentlich diese Zombies?

Zombies, das sind the "Walking Braindead". Das sind dreiste Zeitgenossen mit dem Zeitempfinden eines übermotivierten Labradors, die meinen, dass der Bann des Monate andauernden Verschwinden einfach durch eine WhatsApp-Nachricht gebrochen werden kann. Gerne auch ohne Erklärung. Das Lebenszeichen sollte reichen, man sei schließlich wieder da, man solle sich nicht so anstellen.

Die Erfahrungen meiner Freundinnen und Freunde sind so mannigfaltig wie die Anzahl an Ausreden, die Ex-Geister am Tag des Jüngsten Gerichts parat haben. Jener Tag, an dem sie wieder in die Stratosphäre des oder der Geschädigten eintreten. Ich erinnere mich an einen Piloten, der mehrere Nächte mit einer Freundin verbrachte, dann im Bermudadreieck aus Lügen und Feigheit verschwand, um sich dann ein Jahr später wieder zu melden uns genau dort anzusetzen, wo das Gespräch 365 Tage zuvor endete. Ich erinnere mich an eine, die einem Freund zum Geburtstag einen Flug nach Barcelona schenkte und dann, am Tag vor dem Flug, in den Häuserschluchten des Potsdamer Platzes verschwand. Den Gaudi erlebte er dann alleine. Sie rief nach drei Monaten an und redete wirre Dinge, die nur Zombies mit gespaltener Zunge sagen können.

Ich bin mir nicht sicher, was schlimmer ist: Von einem Tag auf den anderen geghostet zu werden oder mit jemandem konfrontiert zu werden, der einfach wieder auftaucht.

Ich bin mir nicht sicher, auch nach der x-ten Geschichte nicht, was schlimmer ist: Von einem Tag auf den anderen geghostet zu werden oder mit jemandem konfrontiert zu werden, der es für menschlich akzeptabel hält, einfach wieder aufzutauchen. Das hat was von Thriller, das hat was von The Shining, das hat was von E-Mail für Dich. Aber wahrscheinlich ist es genau das: Jeder Normalsterbliche würde so etwas nicht machen. Jeder, mit ein wenig Hirn, ein wenig Empathie und ein wenig Anstand.

Was man also machen sollte, wenn sich ein Zombie meldet? Ghosten. Einfach ghosten.

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