Fotografen von Berlin: Eure Haltung kotzt mich an!

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Als freie Fotografin bin ich immer wieder auf Filmpremieren, Konzerten und sonstigen Events unterwegs. Es macht mir Spaß, neue Gesichter vor die Linse zu bekommen und besondere Momente mit meiner Kamera einzufangen. Ich mache das seit mittlerweile sechs Jahren, die Freude am Fotografieren ist geblieben, das anfängliche Unwohlsein zwischen all den anderen Berufsfotografen aber auch.

Woran das liegt? Obwohl ich mir inzwischen viele Gesichter der „Kollegen“ im Bühnengraben oder am Roten Teppich gemerkt habe, werde ich meist immer noch wie der Neuling behandelt. Schon während ich versuche, mich auf meinen festgelegten Platz auf der Fotografentreppe durchzuringen, werde ich ausgiebig gemustert. Ich würde ja glauben, dass dieses Ganzkörperscanning hilft, sich mich einzuprägen. Aber nein. Oft ohne zur Seite zu weichen, wird mir mit auf den Weg gegeben, dass ich mich doch bitte auf den Platz zu stellen habe, der mir zugewiesen würde. Aha. Weiß ich, mach ich. Wobei: Natürlich ist dieser dann schon längst belegt. Kommentar des Fotografen: „Wer zuerst kommt, kommt mal zuerst.“

Die Fotografen wissen es einfach besser!

Danke, lesson learned. Da ich nicht aus Zucker bin, finde ich auch so einen geeigneten Fotospot. Der Spaß mit den vermeintlichen Kollegen hört aber an dieser Stelle noch nicht auf. Sobald ich mich positioniert habe, schauen mir die Männer erst so richtig auf die Finger. Ja, ich betone gerne: Es sind immer Fotografen, die das Gefühl haben, mir die Welt erklären zu müssen. Egal, bei welchem Event ich auch bin – manchmal wollen sie, dass ich ihnen zeige, was ich da fotografiert habe, um dann an mir herumzukritisieren. Meist geben sie mir Tipps, wie ich ein „wirklich gutes Foto“ zustande bekomme. Aber ganz ehrlich, selbst wenn ich Bilder machen würde, die so hässlich wie die Nacht sind: Wenn ich euch nicht um einen Ratschlag bitte, dann nennt mir auch keinen. Ihr gebt mir das Gefühl, ich sei eine komplett ungeübte Hochstaplerin. Zum Glück weiß ich es besser.

Es sind immer Fotografen, die das Gefühl haben, mir die Welt erklären zu müssen.

Oft wollt ihr aber auch richtig, richtig nett zu mir sein. Zum Beispiel wenn ihr mir spontan ein Praktikum bei euch anbietet. Ja ganz so, als hättet ihr mich all die Jahre zuvor nicht schon neben euch fotografierend wahrgenommen. Als wäre ich eben Frischfleisch. Diesen Eindruck kriege ich auch, wenn ihr damit anfangt, mir von euren Lebenserfolgen zu erzählen. Oder noch besser: Ihr zeigt sie mir. Ohne Witz, es kam schon des Öfteren vor, dass ich mir auf dem Handy Selfies von Fotograf mit Promi im Arm anschauen musste. Hab ich ja noch nie gesehen, so lerne ich mal das Business kennen. Danke.

Ich meine, ihr drückt mir das einfach auf. Ich stehe da gequetscht zwischen euch und kann nicht weg. Bis der eigentliche Star des Abends auftritt, dauert es häufig ein Weilchen. In der Zeit davor gibt es für mich wirklich eine Menge Mist zu erleben. Zum Beispiel: Auf der Gästeliste einer Filmpremiere stehen immer wieder viele Blogger, YouTuber und Influencer. Klar soweit. Für mich sind diese eher nicht so relevant – ich bin Filmjunkie und will wirklich nur über den Kinofilm an sich berichten anstatt über die Eventgäste. Aber irgendwie glaubt man um mich herum, ich wäre diejenige, die sich vor allen mit den Instagram-Stars auskennen müsste. Das wäre doch „ganze meine Zielgruppe“, oder?

Hört auf nach Äußerlichkeiten zu (ver-)urteilen!

Damit nicht genug, dass ihr mich, wie ihr es gerne nennt, als „Social-Media-Tantchen“ abtut – bei den Stars macht ihr es genauso. Die Outfits, mit denen sie auftreten, werden von euch zerrissen, als wärt ihr die Vogue-Style-Polizei höchstpersönlich. „Die hätte sich ja mal Mühe geben können!“, ist da eher ein Kommentar der harmlosen Sorte. Sie sind für euch eben wirklich oft nicht mehr als ein Fotoobjekt. Menschlich finde ich das echt nicht okay. Aber es wundert mich auch nicht. Dafür habe ich schon zu viele komplette Egonummer-Situationen mit euch erlebt, in der es mir schien, als wäre Empathie ein Fremdwort für euch.

Oft wollt ihr aber auch richtig, richtig nett zu mir sein. Zum Beispiel wenn ihr mir spontan ein Praktikum bei euch anbietet.

Mein Highlight ist und bleibt der eine Moment, in dem ich neben einem dieser Fotografen stand, der gleich mit verschiedenen Kameras bewaffnet herumlief. Es gab keinen Fotograben, keine Fotografentreppe. Als er mich also neben sich stehen sah, wie ich da auch auf diesen einen Schauspieler mit meiner Kamera draufhielt (ja, es war halt nur eine), da schubste er mich mehrmals rabiat weg. Platz wäre für alle da gewesen, aber er hielt mich wohl für einen Fan und dem wollte er nun mal nicht die gleiche Fotomöglichkeit wie sich selbst geben.

Also, liebe Berufsfotografen, lasst euch von mir mit auf den Weg geben: Es lohnt sich wirklich, sich die Gesichter um sich herum einzuprägen. Wertgeschätzt zu werden findet generell jeder Mensch toll. Und nach Äußerlichkeiten zu beurteilen ist irgendwie auch so total 90er.

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