Ein kulinarisches Hinterhof-Juwel: Das heimlichTreu in Mitte
Zufällig stolpert man nicht ins heimlichTreu, dafür liegt das Restaurant viel zu versteckt in einem zweiten Hinterhof in der Anklamer Straße. Ist man aber einmal drin, will mein eigentlich gar nicht mehr gehen. Warmes Licht, hübsche Blumengestecke, gemütliches Loft-Feeling, Holz und Beton als Designtraumpaar und ein familiäres Miteinander sorgen auf Anhieb für Wohlfühlatmosphäre. Nach einer herzlichen Begrüßung geht's schnurstracks an die Bar im Eingangsbereich. Erstmal einen Aperitif, um anzukommen und den Abend einzuläuten. Die Wahl fällt uns nicht schwer, natürlich nehmen wir den "Heimlich Vorweg". Es wird nicht der letzte Drink gewesen sein.
Ein Blick auf die Menükarte zeigt, dass das heimlichTreu anders ist und großen Wert auf Originalität und Qualität setzt. Die Getränkekarte läuft unter dem Begriff "fließend", wer die Weinkarte bestellt, bekommt die "gepresste" und das Menü heißt "bissig". Wir sitzen mit den beiden Betreibern Nikolai, Mike und seiner Freundin Anyana, die für die Einrichtung verantwortlich ist, zusammen am Tisch. Ein großer Vorteil: Die drei kennen die Karte besser als sonst wer und übernehmen das Bestellen. Wir lassen uns überraschen.
"Unser Küchenchef David experimentiert gerne und hat einen Hang zur asiatischen Küche", erzählt Mike während der Brotkorb kommt. "Der heißt bei uns übrigens 'Korb der europäischen Freundschaft'". Warum erklärt sich schnell: französisches Baguette, deutsches Malzbrot und italienisches Focaccia, dazu aufgeschlagene Butter. Chefkoch David Zglinicky hat zuvor im Sternerestaurnt First Floor gekocht und bringt allerhand Wissen und Können mit. Das gilt auch für den Rest der Küchencrew, die teilweise vom Store Kitchen im Soho House rübergewechselt ist. Mike und Nikolai kennen sich aus dem Katz Orange, einem weiteren Hinterhof-Juwel, das zu unseren Favoriten gehört. Mike hat hier lange Zeit als Betriebsleiter gearbeitet. Arnd Heissen, den Barchef aus dem Ritz Carlton und Inhaber der Bar Fragrances, kennt Mike auch schon seit Jahren, die beiden sind gut befreundet.
Nach und nach kommen die ersten Teller aus der Küche. Auf dem einen tummeln sich Pilze und gebratener Pecorino auf einem Portulakbett, bei den anderen geben Schweinebauch, Meerrettich und Wilder Broccoli ein himmlisches Trio und die Kammmuschel auf grünem Spargel und Blaubeeren zergeht fast auf der Zunge. Was zu erst fertig ist, wird auch als erstes gebracht und dann geteilt, wie man es vom familiären Esstisch kennt.
Es hat einige Jahre gedauert, bis Mike und Nikolai den perfekten Laden für ihr erstes gemeinsames Restaurant gefunden haben. Die Zeit haben die beiden gut genutzt und sich zu ziemlich perfekten Gastgebern gemausert. Davon profitiert heute der Gast im heimlichTreu. Auch bei der Namensfindung für ihr Restaurant haben sich die Gastgeber bis ganz kurz vor der Eröffnung Anfang des Jahres zeitgelassen. Bei einem "Heimlich Sour" an dem Bar-Häuschen im dritten Hinterhof (das ist die große Terrasse, die wir im Sommer mit Sicherheit öfters aufsuchen werden) fiel dann die Entscheidung, erinnert sich Nikolai und der Name passt perfekt zu diesem Ort.
Zurück am Tisch erwarten uns auch schon die Hauptspeisen, ein Festmahl für Augen und Gaumen, bei dem auch Vegetarier auf ihre Kosten kommen. Ein großes Stück Heilbutt mit Muscheln, rauchiges Entrecôte mit Soya-BBQ und Lauchasche, eine mit Mozzarella überbackende Artischocke gefüllt mit Champignon und unser fleischloser Favorit, die Aubergine mit Pak Chor und Bonitoflocken, die durch die aufsteigende Hitze zu tanzen scheinen. Dazu geeister Gurkensalat, Reispommes Schranke und kleine Dampfbrötchen. Langsam aber sicher spannt die Hose, auf den Nachtisch, ein Dreierlei der Zitrone, wollen wir dennoch nicht verzichten
Nach zwei guten und perfekt auf die Speisen abgestimmten Weiß- und Rotweinen gab es zum Abschluss noch eine Runde Cocktails á la Arnd Heissen. La Vie est Belle mit Johannisbeeren, Schokoladenflocken und Dewar's 12, den Vendome Fizz mit Mandarine, Bergamotte und Gin und Helene Die Schöne, ein Drink der nach Mike und Anyanas Tochter kreiert und benannt ist und herrlich nach Flieder und Mandel duftet.
Unbedingt probieren: Die Drinks, den Schweinebauch, den Heilbutt und die Aubergine.
Mit wem gehst du hin: Trinkfreudige und hungrige Freunde, die gutes Essen schätzen und bereit sind, etwas mehr dafür zu zahlen.
Besonderheit des Ladens: Der Hinterhof und die Drinks von Arnd Heissen
Veggie: Vegetarische Optionen gibt es viele. Falls es vegan sein muss, einfach mal nachfragen.
Lärmfaktor: Angenehm und unauffällig. Es kann aber auch laut werden, wenn die Anlage aufgedreht wird.
Preise: Die Drinks kosten zwischen 9 und 14 Euro, Vorspeisen zwischen 10 und 17 Euro, Hauptspeise zwischen 16 und 39 und die Nachtischvariation 18 Euro.
heimlichTreu | Anklamer Straße 38, 10115 Berlin | Montag – Samstag: ab 18 Uhr | Lunch: Montag – Freitag: 12–15 Uhr | Brunch: Sonntag: 11–17 Uhr | Mehr Info
Wir wurden vom Restaurant eingeladen. Das beeinflusst aber nicht unsere ehrliche Meinung.