Papa, warum hat die Frau so große Brüste?

© Clint Lukas

Die Kolumne „Cool trotz Kind“ ist für alle Eltern da draußen. Und für die, die es werden wollen. Autor Clint erklärt, wie ihr auch mit Kind euer Gesicht wahren könnt. Vor euch und der Welt. In Folge 2 erfahrt ihr, wie man sich verhält, wenn das Kind indiskret ist.

Kann man cool bleiben, auch wenn man ein Kind hat? Nun, dazu muss man natürlich erstmal cool sein. Ich werde mich hüten, diesen Zustand zu definieren. Dabei setzt man sich zwangsläufig in die Nesseln. Ich kann euch nur sagen, was NICHT cool ist. Es ist zum Beispiel nicht cool, das Kind abends ins Bett zu bringen, sich dann gemeinsam an den Küchentisch zu setzen und ein Tier-Mobile zu basteln. Und es ist auch nicht cool, von sich selbst oder seinem Partner als DIE MAMA zu sprechen:

Ich bin nicht DER Papa. Ich bin ich.

„Soll die Mama dir einen Apfel schälen? Warte mal kurz, der Papa muss nur noch schnell zu Ende telefonieren.“

Ich bin nicht DER Papa. Ich bin ich. Vater zu sein ist nicht die Definition meines Wesens. Nicht mal eine Eigenschaft. Also bitte, schreibt es euch auf: „Soll DEINE Mama dir einen Apfel schälen? ICH muss nur noch schnell zu Ende telefonieren.“ Und wo wir schon mal dabei sind: Legt endlich das verdammte Telefon weg.

Ob ich mich selbst für cool halte? Um Himmels Willen, nein. Ich war auch schon immer der Vollhonk im Abseits. Wenn beim Sport die Mannschaften gewählt wurden, war ich jedes Mal der Letzte. Genau deshalb müssen wir ja zusammen halten! Also, hört zu, ich hab hier wieder ein paar fabelhafte Ratschläge.

Wenn das Kind zu viele Fragen stellt.

Jeder kennt ihn, diesen Moment: Ich sitze mit dem Kind in der U-Bahn oder im Wartezimmer beim Arzt. Mit von der Partie ist eine Frau, deren Gesicht gezeichnet ist von einer heftigen Akne Vulgaris. Armes Ding, denke ich und starre sie nicht an, schau auch nicht krampfhaft weg. Verhalte mich, als wäre alles normal. Ist es ja auch. Nur nicht für das Kind.

Das Kind starrt sie an. Ich kann richtig sehen, wie sich in seinem Wolkenkuckuckshirn eine Frage formiert. „Papaaaa…?“, sagt sie dann und ich spüre, wie sich mein Schließmuskel leise verkrampft. „Warum hat die Frau so viele Pickel?“

Selig sind die, deren Kinder noch nicht sprechen können. Selig die, deren Kinder erst damit anfangen und ein für Fremde unverständliches Kauderwelsch brabbeln. Denn mit der Sprache gehen die Probleme los. Kennt man aus Babel, n’est-ce pas?

Selig sind die, deren Kinder noch nicht sprechen können.

Meine Tochter wurde gestillt und hat sich früh angewöhnt „Boobies“ zu sagen, wenn der Appetit sich gemeldet hat. Die erfolgreiche Interaktion wollte sie dann bald auf andere Lebensbereiche anwenden.

„Papa Boobies?“, rief sie dann laut in der Bahn.
„Ich hab keine Boobies“, flüsterte ich und hielt mir verschämt meine Biertittchen.
„Frau Boobies!“
„Mhm.“
„Frau Boobies?“
„JA!“

Das war noch okay, weil es kaum jemand verstanden hat. Jetzt ist meine Tochter fast drei. Polen ist offen. Eine peinliche Situation jagt die nächste. Aber wie damit umgehen? Was kann man tun, wenn sie fragt, warum der Mann nur ein Bein hat? Laut PSCHSCHT machen? Sowas sagen wie: „Vielleicht hat er einen Unfall gehabt“?

Da die Betroffenen meistens eh mitkriegen, dass man über sie spricht, hab ich mir neulich ein Herz gefasst und bin mit meiner Tochter hingegangen. „Entschuldigung,“, hab ich gesagt und wäre am liebsten zu Asche zerfallen, „meine Tochter fragt, warum Sie nur ein Bein haben?“ Und es war gar nicht schlimm. Der Typ hat gelacht und erklärt: „Na, weil ick soviel jeraucht habe. Da isset mir eenfach abjefallen. Deshalb merk dir, meene Sonne: Rauchen is unjesund.“

Zuerst war ich erleichtert. Bis mir bewusst wurde, dass meine Tochter daraus vor allem eines gelernt hat: Frag ruhig, die Leute freuen sich darüber und antworten gern.

Frag ruhig, die Leute freuen sich darüber und antworten gern.

„Papa, warum ist der Mann schwarz? Ist der böse?“
„Nein, es gibt halt verschiedene Hautfarben. So wie es verschiedene Haarfarben gibt.“
„Warum sitzt der Mann im Rollstuhl? Will der nicht laufen?“
„Doch, bestimmt. Aber manchmal geht das nicht.“
„Und warum hat die Frau so große Brüste?“
„Öhhm...“

Automatischer Blick auf die Brüste, zack, schon verschissen.

Natürlich ist auch mal jemand ausgeflippt, als wir uns nach dem komischen Ding auf seiner Nase erkundigt haben.

„Spinnen Sie eigentlich? Lassen Sie mich in Ruhe!“
„Tut mir leid.“
„Als ob man nicht schon genug angeglotzt wird. Sowas Unverschämtes. Ihnen müsste man mal beibringen, wie man Kinder erzieht!“

Meine Tochter hat Angst vor Lautstärke und ist durch das Geschrei ziemlich erschrocken. Ich bin mit ihr ausgestiegen und hab sie getröstet. Hab ihr erklärt, dass der Mann nicht böse ist. Dass er nur nicht über seine Warze reden will. Und dass das sein gutes Recht ist.

Hat sich dadurch etwas verändert? Nö. Sie stellt immer noch schreckliche Fragen. Am besten meidet man die Öffentlichkeit. Wenn das jedoch nicht möglich ist, kann ich meine Methode durchaus empfehlen. Sie ist zwar peinlich, aber auf die Art lernt das Kind wenigstens, dass Menschen unterschiedlich reagieren. Manche sind nett, manche hüpfen gleich aus dem Koffer. Die einen geben kurz und knapp Auskunft, die anderen hören gar nicht mehr auf und man steht da und muss sich ihre Lebensgeschichte anhören. Zwick einem Schwein ins Ohr und es quiekt dir was vor. Jede Frage hat Konsequenzen.

War das ein guter Ratschlag? Ich übe ja noch. Superdaddy Clint muss erstmal in seine Rolle hinein wachsen. Denn aus großer Macht erwächst große Verantwortung.

TIPP DES TAGES: Dein Kind stellt unangenehme Fragen? Einfach den Mund zuhalten.

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