Den Bienen ein Zuhause geben – Ein Besuch beim Imkerkurs der Stadtbienen
Unsere Eltern haben es uns ja schon früher erklärt: Nichts geht ohne Bienchen und Blümchen! Leider haben es die nützlichen Insekten, ohne die es 1/3 der weltweiten Nahrung nicht gäbe, in letzter Zeit schwer: Pestizide, Monokulturen, Krankheitserreger und nur auf den Profit ausgerichtete Haltung setzen den Tieren in den letzten Jahren verstärkt zu und sorgen so für großes Bienensterben.
Zum Glück gibt es den Berliner Verein Stadtbienen: Mit seiner tatkräftigen Unterstützung und den artgerechten Bienenboxen, die man auf ihrer Webseite erstehen kann, können Stadtbewohner die faszinierenden Tiere unterstützen und werden im Herbst sogar mit ca. 15 Kilo Honig belohnt. Die Kästen kann man auf das Hausdach stellen, aber auch praktisch am Fenster oder Balkon anbringen. Der Zeitaufwand, den man zur Pflege der Bienen betreiben sollte, ist auch übersichtlich: etwa 20 Stunden im Jahr.
Johannes, einer der Gründer der Stadtbienen, gibt regelmäßig über ein Jahr verteilt Imkerkurse, bei denen man anschaulich alles lernt, was man über die Haltung von Bienen wissen muss. Auf einem Dach mitten in Kreuzberg trifft er sich dazu mit anderen Bienenfans. Hier oben kreisen die Schwalben, im Hintergrund fliegen die Bienen geschäftig in die Bienenbox rein und raus und die knallgrünen Baumwipfel rundherum lassen einen fast vergessen, dass man sich mitten in der Großstadt befindet.
Die Stadt ist ein Rückzugsraum für die Bienen, da es hier wenig Pestizidbelastung und viele verschiedene Pflanzen gibt.
Das heutige Thema ist die Schwarmkontrolle und die Begutachtung des Bienenvolks. Johannes deutet in den grünen Hinterhof und freut sich, dass die Bienen dort viel Nahrung finden. Die Stadt ist tatsächlich ein Rückzugsraum für die Bienen, da es hier wenig Pestizidbelastung und viele verschiedene Pflanzen gibt, erzählt er.
In der Runde tauschen sich alle über ihren aktuellen Stand und ihre Erfahrungen aus. Manche der Teilnehmer haben schon viele Kenntnisse, manche noch keinen Schwarm und keine Box, aber es ist für alle spannend, denn Johannes hat viele Tipps und Tricks zur Hand. Bald summt es im Kopf vor Infos zu Haltung, Krankheiten, Zufütterung oder Ratschlägen, wo man einen Bienenschwarm herbekommt (tatsächlich z.B. bei eBay Kleinanzeigen oder sogenannten Schwarmbörsen). Von den Bienen, deren Box nur ein paar Meter von uns entfernt steht, merkt man kaum etwas. Bienen lassen nämlich – im Gegensatz zu Wespen – Menschen weitestgehend in Ruhe. Selbst wenn man den Kasten am Balkon befestigt, braucht man sich keine Sorgen machen, von den Insekten gestört zu werden, meint Johannes.
Schwarmkontrolle und die Begutachtung des Bienenvolks
Wir gehen zur Bienenbox, um das Bienenvolk unter die Lupe zu nehmen. In dem 1m x 40cm großen Kasten summt es sanft. Wir ziehen uns zur Sicherheit alle Imkeranzüge an, um keine Stiche abzubekommen, aber das wäre eigentlich nicht nötig, denn die Bienen werden gar nicht aggressiv.
Selbst wenn man den Kasten am Balkon befestigt, braucht man sich keine Sorgen machen, von den Insekten gestört zu werden.
Zunächst wird der Boden des Kastens herausgezogen und die kleinen Partikel aus Pollen und Wachs darauf begutachtet. Johannes zeigt, wie man erkennt, wie groß das Bienenvolk ist, ob frische Waben gebaut werden und ob die Bienen in der Brut sind.
Wir öffnen den oberen Deckel der Bienenbox, in die einzelne Rähmen eingehängt sind und in denen die Bienen fleißig Waben gebaut und mit Honig gefüllt haben. Was für Gewusel! In einem Schwarm sind an die 10.000 Bienen, die nun freundlich um uns herum summen.
Naturwabenbau vs. industrieller Bienenzucht
Im Gegensatz zu den herkömmlichen Bienenstöcken lebt das Bienenvolk in der Box in einem zusammenhängendem Raum, überwintert auf eigenem Honig und baut seine Waben in die Rähmen der Box, wie es möchte. Das bezeichnet man als Naturwabenbau – im Gegensatz zu den herkömmlichen Bienenkörben, die das Volk möglichst gewinnbringend in Form pressen, z.B. durch vorgefertigte Waben, und es mit Zuckerwasser statt eigenem Honig überwintern lassen.
Wir heben Rähmchen für Rähmchen aus der Box, um festzustellen, ob das Bienenvolk sich durch eine Schwarmteilung vermehren möchte. Anzeichen dafür sind Weisezellen (die Zellen, aus denen die Bienenkönigin hervorgeht), erklärt Johannes. Faszinierend zu sehen, was es alles in so einem Bienennest gibt: Wir finden Honigwaben, Drohnen, Arbeiterinnen und das Brutnest mit verschlossenen Arbeiterinnen und Drohnen-Brutzellen, aber keine Weisezellen.
Wegen des relativ kalten Frühlings arbeiten die Bienen dieses Jahr langsamer, meint Johannes. Mit einem Schwarmabgang ist also erstmal nicht zu rechnen und die Box muss in 8 Tagen noch einmal kontrolliert werden. Trotzdem erklärt uns Johannes noch, wie man den Schwarm teilt, wenn es soweit ist: Man fängt vorsichtig die Königin und packt sie in eine sogenannte Schwarmbox, zusammen mit einem Teil des Bienenvolkes.
Spätestens nach dem Workshop hat man Lust bekommen, die summenden Insekten als neue Haustiere zu adoptieren. Wie das genau geht und wie und wann man sich zu den Imkerkursen anmelden kann, könnt ihr auf der sehr informativen Webseite der Stadtbienen nachlesen.
Ebenfalls ein sehr guter und tatsächlich bewegender Film ist der Dokumentarfilm More than Honey der sich mit den Bienen, der Ausbeutung durch den Menschen und den Ursachen des Bienensterbens beschäftigt.