ARTVERGNÜGEN #105 – Unsere 11 Kunsttipps für den März 2017
Uns geht es wie euch, wir können das Grau nicht mehr sehen. Das neue Artvergnügen versorgt euch zum Glück mit Vitamin D für Seele und zeigt euch, welche Kunsthighlights ihr diesen Monat nicht verpassen dürft – denn in Berlin weht zusammen mit den neuen Räumlichkeiten von Dittrich & Schlechtriem und neuen Kollektiven wie der UVE art collection endlich frischer Wind in der Kunstwelt.
1 Das Numen "Meatus"
Gerade erst sind Dittrich & Schlechtriem in die direkte Nachbarschaft der Volksbühne gezogen und haben sich damit deutlich vergrößert. Mit einer Installation des Künstlerkollektivs Das Numen – bestehend aus Julian Charrière, Andreas Greiner, Markus Hoffmann und Felix Kiessling, die alle an Olafur Eliassons Institut für Raumexperimente studiert haben – könnt ihr nun zwischen 4,20 und 4,80 Meter lange, in der Luft hängende Pfeifen und zwanzig Wetterstationen beobachten, wie sie (Achtung!) Windrichtungen und -geschwindigkeiten aufzeichnen, von einer Software in Impulse umgewandelt werden und am Ende komprimierte Luft durch Ventile wieder in die Pfeifen schießen. Dazwischen lagen noch ein paar Arbeitsschritte, aber das würde den Rahmen sprengen. Am besten selbst mal nachsehen.
2 Omer Fast "Reden ist nicht immer die Lösung"
Unbedingte Empfehlung für alle, die es bisher nicht geschafft haben. Irgendwo zwischen Dokumentation und Fiktion bewegen sich die Filme und Videos von Omer Fast, von denen ihr hier gleich sieben ansehen könnt. Verbunden sind die Arbeiten mit drei inszenierten Warteräumen, wie wir sie vom Arzt, Flughafen oder der Ausländerbehörde kennen. Thematisch geht es bei Fast um Trauma, Krieg und Beziehungen.
3 UVE art collection "The Surface of Shrimp – The Gesture of Soap"
Gleich 20 junge, größtenteils in Berlin lebende Künstler könnt ihr beim ersten Opening der UVE art collection entdecken. Was diese Sammlung von den anderen unterscheidet? Das Credo des Kollektivs von Kunstliebhabern dahinter ist "Sharing is the new buying" und damit eine nötige Abwechslung im Kunstmarktzirkus. Die von der anscheinend niemals schlafenden Zoë Claire Miller kuratierte Show wird gleichzeitig mit dem Launch des dritten Startup-Guides Berlin gefeiert und verspricht den Weg bis zum Funkhaus absolut wert zu sein (wir verraten an dieser Stelle natürlich nicht, dass Depeche Mode übrigens am gleichen Abend im gleichen Gebäude zugegen sein werden).
4 Carla Chan "When the world is left only black"
In dieser Ausstellung geht es um die eine poetisch-künstlerische Auseinandersetzung mit menschlichen Eingriffen und Spuren in der Natur. Damit ist nicht nur die offensichtliche Zerstörung gemeint, sondern auch das künstliche Erschaffen von Natur und einer neuen "Natürlichkeit". Die Künstlerin selbst hat eher ein schwieriges Verhältnis zur Natur und kämpft mit der Angst vor Insekten und der Angst, in der Natur ausgesetzt zu sein. Das wiederum finden wir sehr menschlich.
5 John Bock "Im Moloch der Wesenspräsenz"
In diese Ausstellung solltet ihr alle mitnehmen, die "ins Museum gehen" immer noch nicht mit "was erleben" zusammenbringen. Denn diese unberechenbare Schau in der Berlinischen Galerie verspricht "Freakshow, Bühne, Versuchslabor und Kino zugleich" zu sein – Kulturmuffel können hier also erfolgreich bekehrt werden. In jedem Fall wird es bild-, farben- und kostümlastig, nehmt euch also etwas Zeit mit, um in die groteske Welt des John Bock einzutauchen.
6 Cadavre Exquis N°2
Eine Eröffnung, bei der noch niemand vorher weiß, was es zu sehen gibt? Das klingt spannend. 31 FotografInnen haben jeweils fünf Tage Zeit, nach dem Prinzip der stillen Post eine Fotoarbeit zu entwickeln. Der erste Künstler gibt sein Werk an den zweiten Künstler weiter, der diese ganz individuell interpretieren und mit seiner eigenen Arbeit darauf antworten kann. So geht es immer weiter, bis jeder Künstler einmal dran war. Zum Opening werden alle Bilder zum ersten Mal enthüllt und eröffnen die Suche nach dem roten Faden.
7 Transmediale Abschlusswochenende
Zum Abschluss der diesjährigen und insgesamt 30. Transmediale gibt es nochmal ordentlich Programm. So solltet ihr euch Performance und Talk von und mit der Multimedia-Kunst-Ikone Laurie Anderson auf gar keinen Fall entgehen lassen und auch nach dem Video- und Filmprogramm Ausschau halten – so ein Jubiläum feiert man schließlich nicht jedes Jahr!
8 Curators Inside-Talk "Alya Sebti"
Kunsthistorikerin Julia Rosenbaum und Kuratorin Christine Nippe haben sich mit ihrer Gesprächsreihe "Curators Inside" ein tolles Konzept überlegt, um uns die Arbeit von Kuratoren einmal näherzubringen. In der fünften Ausgabe wird die Managerin der ifa-Galerie, Alya Sebti, Einblicke in ihre Arbeit geben und anhand der dortigen aktuellen Ausstellung "In the Carpet" über das Spannungsfeld von Kunst und Handwerk sprechen. Da wir beim letzten Talk schon einmal dabei sein durften, können wir gute Unterhaltung garantieren!
9 Bani Abidi "An Unforeseen Situation"
Fakten und Fiktion: In der Videoarbeit An Unforeseen Situation (2015) bezieht sich Abidi auf eine Reihe von staatlich inszenierten Wettkämpfen, veranstaltet vom Ministerium für Sport in der pakistanischen Region Punjab im Jahr 2014. Die Künstlerin erzählt mit einem gescheiterten Wettbewerb um das größte Massensingen der Nationalhymne ihre ganz eigene Version eines solchen Ereignisses – und führt uns die herrliche Absurdität solcher Veranstaltungen vor Augen.
10 Carsten Sievers "Stutzen"
Minimalistische Ästhetik ist das Thema bei Künstler Carsten Sievers, der mit zwei Werkgruppen zu sehen ist: einmal mit Aludibond-Platten, die als Werbetafeln an Schweizer Straßen dienten und zum anderen mit Arbeiten aus Plexiglas, Saugnäpfen und Eisendraht. Ihnen gemeinsam ist, dass sie an den doppelten Wortsinn von "Stutzen" denken lassen und sehr aufwendig produziert wurden, mit dem Ziel am Ende umso leichter auszusehen.