11 Dinge, die du von Berlin lernen kannst

© Kerstin Musl

Berlin ist ein riesiges Bootcamp. Während man hier lebt, macht man ganz nebenbei eine Ausbildung zum Fahrrad-Mechaniker, Sanitärinstallateur, Kühlschrankreste-Sternekoch, wird Regionalmeister in Schulterzucken, Improvisationskünstler und gewöhnt sich als Fußgänger ein Schritttempo an, für das man in München zwei Punkte in Flensburg bekommt. Zusammen mit 3,4 Millionen anderen Teilnehmern kann man von Berlin unter anderem diese 11 Lebenslektionen lernen.

1. Gleichgültigkeit

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"Is mir egal" ist das heimliche Mantra Berlins. Das ist manchmal sehr befreiend und manchmal sehr frustrierend, aber die meiste Zeit ist man der Stadt und ihren Bewohnern egal und irgendwann wird einem selbst egal, was anderen egal ist und was nicht. Klingt kompliziert? Egal.

2. Geschwindigkeit

Keine andere deutsche Stadt legt so ein Tempo vor wie Berlin. Für das, was man hier Schrittgeschwindigkeit nennt, wird man in München geblitzt und bekommt drei Wochen Führerscheinentzug. Um zu überleben, bleibt nur Anpassung. Im Straßenverkehr, in Gesprächen, bei Entscheidungen gilt: voran, voran, nicht warten, nicht zögern! Irgendwann kaufen sich die meisten einen Helm.

3. Spontaneität

Dein Traumjob wird frei – du kannst in zwei Wochen anfangen. Die Freunde mit der Superbude suchen Nachmieter – ab sofort. "Kommst du mit zum Konzert? Wir haben noch eine Karte. In 1o Minuten holen wir dich ab." In Berlin können manche Dinge rasend schnell gehen und es ist nur zum eigenen Vorteil, wenn man genauso schnell lernt, flexibel und spontan darauf zu reagieren. Sonst kann man gleich nach Brandenburg ziehen.

4. Sparsamkeit

Auch wenn man sich hier eine kleine Flasche frisch gepressten Orange-Ingwer-Sternenstaub-Saft für acht Euro kaufen kann, strahlt Berlin im Grunde keine Dekadenz aus. Wer will, kann hier günstig leben, ohne dass es sich nach Verzicht oder schwäbischem Häuslebauer-Geiz anfühlt. Und wer das gemeistert hat, findet zudem viele Möglichkeiten, anderen Menschen zu helfen, die nicht aus freien Stücken heraus sparen wollen, sondern schlichtweg müssen.

5. Loslassen

Zum dritten Mal das Fahrrad geklaut, das Tinder-Date ist für vier Monate zum Surfen in Melbourne, das gerade erst gegründete Projekt scheitert schon an der ersten Hürde: In Berlin zerplatzen Träume und Beziehungen im Minutentakt. Schmerzhaft, aber auch die einzige Möglichkeit, um zu lernen, wie man Dinge, Menschen und Ideen loslässt – und wieder neue findet.

6. Ausdauer

"Schon drei Monate in Berlin, aber ich habe immer noch keine feste Wohnung!" "Wohnung 2 lässt sich wahlweise ersetzen durch "Freund/in" oder "Million auf dem Konto". Manche Dinge hier brauchen Zeit, basta. Statt sich aufzuregen, ist es besser, sich in Ausdauer zu üben. Der Alltag ist das Spielfeld und der Coach mit Trillerpfeife am Spielfeldrand ist man selbst – los, noch eine Runde Telefonschleife!

7. Toleranz

Wer schon immer in Großstädten gelebt und viel von der Welt gesehen hat, für den ist Berlin kein Tutorial in Sachen Toleranz mehr. Für alle anderen, die Zugezogenen aus Dörfern und Kleinstädten, die Unerfahrenen und die Unbedarften erleben in Berlin eine mal aufregende, mal anstrengende Mischung diverser Kulturen, Ideologien, Lebensentwürfe und Religionen. Mit allen Bereicherungen und Brennpunkten, die an den Schnittstellen entstehen.

8. Exzentrik

© Nora Tabel

Wer einmal festgestellt hat, dass den Berlinern egal ist, wie man aussiehst, riecht und was man anzieht, kann nun, befreit von jeglicher Scheu, seine exzentrische Seite entdecken und ausleben. In der Federboa zum Späti gehen, drei Tage lang nicht schlafen, drei Tage lang nur schlafen – je nach Lebensphase und Alltagsaufgaben sind die Grenzen nach unten und oben offen, welche Extreme man leben will. Aber fast immer findet sich jemand, der Lust hat, mitzumachen.

9. Erfindergeist

Berlin ist eine Stadt voller Kreativer und Autodidakten. Von denen lässt sich einiges abschauen: Wie bekomme ich einen Massivholzschrank ohne Transporter von Friedrichshain nach Schöneberg? Womit repariere ich mein kaputtes Fahrrad ohne Werkzeug? Was kann man aus Kaffeesatz machen, statt ihn wegzuwerfen? Während ein paar Jahren in Berlin absolviert man parallel eine Ausbildung zum Sanitärinstallateur, Maler und Tapezierer, Spediteur und Kühlschrankreste-Sternekoch.

10. Geduld

© Hella Wittenberg

"Da haben wir frühestens im August einen Termin für Sie.", "Lieferzeit: 6–8 Wochen", "Die Weiterfahrt verzögert sich um 90 Minuten." Zwar ist Berlin eine Stadt mit hoher Lebensgeschwindigkeit, aber gleichzeitig zwingen Behörden, Ämter, Ärzte oder die BVG zu regelmäßigen Lektionen in Eselsgeduld, die Lehrstunden können bis zu mehreren Monaten andauern. Wir atmen also tief durch die Nase ein und durch den Mund wieder aus. Ommm.

11. Feiern

© Ezra Pink

Unter der Woche brav um zehn ins Bett und am Wochenende mal wieder feiern gehen? Nicht in Berlin. Hier passiert jeden Abend etwas Spannendes und es wäre viel zu schade, das alles zu verpassen. Berlin ist sehr gut dazu geeignet, um einerseits den kontrollierten Exzess zu erlernen: zwei Drinks, kurz und heftig tanzen, nach Hause, sechs Stunden Schlaf und dann wieder zur Arbeit – oder eben das genaue Gegenteil: Ohne einen Gedanken an die Zukunft zu verschwenden sich ins nächtliche Treiben hineingleiten lassen und davon überrascht werden, wo und wann man danach wieder aufwacht.

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