"Die ganze Zeit ein gutes Gefühl von: Ich werde verrückt" – Thilo Mischke über seinen LSD-Trip

Fändest du es aufregend, mit einem Mafia-Boss Karaoke zu singen? Würdest du auch mal erleben wollen, was LSD mit dir macht? So ganz heimlich natürlich. Und könntest dir vorstellen, statt den ganzen Tag vor dem Computer zu sitzen, mit Goldgräbern durch Brasilien zu fahren? Abenteuer!

Über die "Was wäre wenn"-Fragen kommen die meisten nicht hinweg. Reporter Thilo Mischke zieht ein lustiges T-Shirt an und steigt in den Flieger nach El Salvadore. In seiner sehenswerten Doku-Reihe „Uncovered“ sucht er für ProSieben nach Menschen, die sich auf und neben dem Grat des Erlaubten bewegen. Wieso wird der Mensch zum Feind der Natur? Warum gelangt Kokain aus Kolumbien nach Europa, obwohl Anbau und Handel scharf verfolgt werden? Wie viel Gewalt steckt in uns?

Wir haben mit Thilo über seinen LSD-Trip gesprochen, warum er nicht koksen würde und was seine Oma mit all dem zu tun hat.

© Thilo Mischke

Was war deine Einstiegsdroge?
Mit 16, kiffen auf dem Schulhof. Dann irgendwann zu viel gekifft. Dann Abi verkackt und vernünftig geworden – seit dem keine anderen Drogen mehr. 

Für deine Sendung "Uncovered" hast du LSD genommen. Kannst den Trip beschreiben?
Es war so schön, so wie ich es mir in meinen kühnsten LSD-Vorstellungen erträumt habe. Wasser, Natur, Sonne, Birken und selbst eine Rohrdommel. Das musst du dir mal vorstellen, ich war insgesamt sieben Stunden „weg“ und wurde immer vom wunderschönen Sound dieses seltenen Wasservogels begleitet. Hinzu kam, dass ich wirklich starke Pseudohalluzinationen hatte. Pseudo, weil ich wusste, dass die Wiese neben mir, die wie Seifenblasen gen rosa Himmel steigt, das nicht wirklich macht, sondern eine Wirkung des LSD ist. Es steigerte sich immer weiter. Bilderbücher, deren Illustrationen zu Animationen wurden. Eine Maracuja, die ich gestreichelt habe, weil sie Schneckenaugen bekommen hat. Der Kameramann wurde zum Panda, der Redakteur zum Karpfen. Und die ganze Zeit ein gutes Gefühl von: Ich werde verrückt. 

Es gibt bestimmt nicht wenige Menschen, die durch LSD-Konsum Panikattacken bekommen haben: Hattest du nicht Angst, dass du hängen bleiben könntest?
Diese Angst hatte ich auch und es ist sehr vernünftig, diese Angst zu haben. Was mich beruhigt hat, war: Ein Arzt und ein LSD-Experte begleiteten meinen Trip, so wusste ich, mir kann eigentlich nichts passieren. Allerdings sind das keine natürlichen Konsumbedingungen. Die meisten nehmen LSD ja komplett weggedübelt, vielleicht am Ende eines Festivals. Unter fremden Menschen. Da sind Panikattacken wahrscheinlicher. 

Unter welchen Umständen würdest du es wieder machen?
Die gelogene Wahrheit ist: Ich würde es natürlich nie wieder machen. 

© Thilo Mischke

Du hast mir erzählt, dass du für die Sendung auch Koks probieren wolltest, es aber Aufgrund der Herstellungsbedingungen nicht gemacht hast. Was hat dich speziell abgeschreckt?
Ich habe noch nie gekokst, aber von den zahlreichen rotnasigen Medienfreunden, die ich habe, wurde ich darauf hingewiesen, dass kolumbianisches Koks, vor Ort, das beste ist. Und nicht vergleichbar mit dem Zeug, dass du hier am Kotti bekommst. Vermutlich hätte ich es probiert, aber ich habe die Produktionsbedingungen gesehen. Kinder, die für 2 Dollar am Tag Tonnen an Koka-Blätter pflücken, bis ihnen die Fingernägel ausfallen. Ein Eimer voller Batteriesäure, Zement, Unmengen an Benzin, das über die Koka-Blätter gekippt wird und im Dschungelboden versickert. Dann: Der Tod, die Gewalt, die Ermordungen. Ein vermintes Kolumbien. Kinder ohne Beine. Und das alles, damit ich mir Silvester meine Spießigkeit wegschniefen kann. Nein. Das habe ich nicht eingesehen. Auch wenn 30g Kokain in Kolumbien 50 Euro gekostet haben. Das war es mir nicht wert. Ich kann nicht Biohühner kaufen und dann koksen.  

Warum sind wir von Drogen so fasziniert? Was fasziniert dich?
Drogen faszinieren uns, weil wir für kleines Geld eine Tür öffnen, um die Realität zu verlassen. Wer durch die Tür geht, ist erstmal weg. Normalerweise brauchst du dafür Hobbys, Reisen oder andere Menschen. Wir finden Zerstreuung mit kleinstem Aufwand. Solange wir nicht abhängig von einer Droge sind. Mich persönlich faszinieren Drogen aber nicht so. Bis auf LSD. Allerdings nicht die Wirkung, sondern eher: Der kulturelle Einfluss. Wir dürfen nicht vergessen, Scientology ist eine Religion, die aus harten LSD-Dosen des Gründers Hubbard entstanden sind. Das finde ich ich irre. 

Was sagt deine Mama, wenn sie dich im Fernsehen von einer gefährlichen Situation in die nächste schlittern sieht?
„Ich finde es interessant, was du machst, aber ich toleriere es in keinster Weise“, sagte sie nach der ersten Folge. Bei der Drogenfolge wird sie entspannter sein, allerdings habe ich damals die Risiken in Kolumbien unterschätzt. Ich dachte, es wäre ein einigermaßen sicheres Land. Ist es aber nicht. Nach Montag wird sie vermutlich sagen: „Bei der Sparkasse kannst du jetzt nicht mehr arbeiten".

© Thilo Mischke

Die ersten beiden Sendungen waren sehr erfolgreich. Du hast dich mit den gefährlichsten Gangs der Welt getroffen, du hast LSD vor der Kamera genommen. Muss Fernsehen immer krasser werden, damit die Menschen noch einschalten?
Das ist ein Trend den ich auch beobachte, aber begrüße. Weil die meisten Fernsehredakteure nicht einschätzen können, was da draußen passiert, und das meine ich nicht böse, können wir einfach die irrsten Themen vorschlagen. Und genau deswegen mache ich es ja. Ich will das erleben, ich will es leben und zeigen. Und meistens auch noch aufschreiben. 

Warum machst du das? Warum begibst du dich in solche Situationen, statt auf deinem Balkon in Friedrichshain zu sitzen?
Ich habe eine einfache Regel: Ich habe genau ein Leben, dass mir zur Verfügung steht. Und in diesem einen Leben will ich die Möglichkeit haben, so viel wie möglich zu erfahren. Das wurde mir ein bisschen vererbt. Meine Oma ist nämlich verrückt, im guten Sinne, und bevor ich fürs Schreiben und Filmen solche Abenteuer erlebt habe, habe ich sie mit meiner Oma erlebt. Also keine Drogen, aber dafür 1996 nachts durch den Central Park in New York spazieren, eben weil es gefährlich ist. Ich habe meiner Oma viel zu verdanken, was das betrifft. Was Risiken und Abenteuer betrifft. 

Wenn ihr sehen wollt, wie Thilo aussieht, wenn er LSD nimmt: Sein Drogentrip ist heute ab 22.10 Uhr auf ProSieben zu sehen. Die alten Sendungen könnt ihr euch hier ansehen.

Buch, Mit Vergnügen, Berlin für alle Lebenslagen
Zurück zur Startseite