Wetten, dass… wir es wieder gucken?

Mein Fernseher steht seit Jahren im Keller. Und bleibt dort auch. Es ist mir egal, welche absurden Wettbewerbe Stefan Raab mittlerweile veranstaltet, welche Jury in der zwanzigsten Staffel DSDS sitzt und wer im Dschungelcamp gegen die Insolvenz kämpft. Unterhaltungssendungen unterhalten mich einfach nicht. Trotzdem fand ich mich am 6. Oktober 2012 bei Freunden auf der Couch vor dem Fernseher wieder. Und als ein kleiner Junge mit scheinbar zu viel Freizeit alle S-Bahn-Haltestellen Berlins herunterbetete, habe ich mich gefragt: Warum guck ich diese Sendung eigentlich an?

Nein, nicht mal heimlich hab ich mir das angebliche „Fernsehspektakel des Jahres“ angesehen. Schon Tage habe ich mich mit Freunden dazu verabredet. Und als es dann soweit war und wir alle gemeinsam vor dem Fernseher saßen, kam ich mir wie zurück in meiner Kindheit vor. Damals gehörte „Wetter, dass…?“ zum Familienabend dazu. Ein Spaß für groß und klein. Ich konnte mich entscheiden, entweder allein im Kinderzimmer zu spielen oder mit meinen Eltern und meiner Schwester alberne Wetten zu bestaunen. Mehr als zehn Jahre später könnte ich alternativ weitaus mehr machen. Dennoch wollen wir vielleicht alle ab und zu an diesem kindlichen Heile-Welt-Abendritual festhalten und uns wieder wie damals fühlen. Mittlerweile ist die Familie jedoch um einiges größer geworden. Ein Blick auf Twitter verriet mir: anscheinend saßen alle vor dem Fernseher und überboten sich geradezu darin, am schnellsten hämische Kommentare zur Sendung zu posten. Fremdschämen wegen „Wetten, dass…?“ Fehlanzeige. Im Kollektiv kommt es ja auch gar nicht mehr so uncool daher. Natürlich war es die erste Sendung nach dem vermeintlichen Bruch, der nie einer war und allein die Neugier darüber, wie sehr Markus Lanz die Sache eventuell in den Sand setzt, trieb die Massen vor die Bildschirme. Ein neuer Moderator und weniger Herumgetatsche an den Beinen der weiblichen Gäste. Doch sonst sitzen die gleichen Gäste auf dem Sofa, spielen die gleichen „Top-Acts“ ihre Hits, werden die gleichen Wetten verloren. Und nach nicht mal einer halben Stunde erinnern sich daher auch alle wieder daran, warum sie „Wetten, dass… ?“ die letzten Jahre gemieden haben: das Format wird einfach nicht modern und scheint überholt. Bereits die darauffolgenden Sendungen konnten nicht mit dem großen Interesse mithalten. Am heutigen Abend sind unter anderem Leona Lewis, Andrea Kiewel, Denzel Washington, Ralf Schmitz, Matthias Schweighöfer und Horst Lichter zu Gast. Verrückte Wetten gibt es obendrauf. Merkt ihr was? Ja, so richtig haut einen das eben nie vom Hocker. Trotzdem wette ich, dass wir auch heute nicht zum letzten Mal „Wetten, dass…?“ ansehen. Die Hoffnung, uns doch noch einmal Samstagabends kollektiv von einer Fernsehsendung unterhalten zu lassen stirbt zuletzt.

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