Donnerstag, 07.02. Berlinale - in Berlin
Die Berlinale steht vor der Tür. Genau genommen steht sie nicht vor der Tür, sondern sie ist schon mitten unter uns und ich stehe vielmehr vor ihrer Tür. Noch nie habe ich sie besucht, und ehrlich gesagt scheue ich mich ein wenig davor. Vor allem, weil ich immer wieder vergesse, dass man sich einfach so Tickets kaufen kann, online oder am Potsdamer Platz oder sogar last minute an den Tageskassen der Kinos. Und in diesem Jahr ist es so weit: Ich besuche die Berlinale. Deswegen habe ich ihr einen Brief geschrieben mit all dem, was mich an ihr immer gestört hat und empfehle am Ende einen Geheimtipp und 3 Filme, die man wegen ihrer Beschreibung in den Einladungen zur Pressevorführung besser vermeiden sollte.
Liebe Berlinale.
Wie alles im 21. Jahrhundert bist du in diesem Jahr wieder mal größer, stärker und glänzender als jemals zuvor. Dazu kommt dann auch noch der ganze Besuch aus Amerika und die viele, viele Aufmerksamkeit, die du dafür bekommst. Du hast es echt geschafft. Und was macht man, wenn man mit nun 63 Jahren quasi die alte wohlhabende Tante ist, die einmal im Jahr die meisten zu sich nach Hause einlädt? Sie kann mit ihrem Wohlstand auch mal den kleinen kreativen Habenichtsen unter die Arme greifen und sie auf die große Bühne bringen, die sie selbst nie hätten bauen können. Genau das ist deine Aufgabe - und der Erfolg gibt dir ja auch recht.
Vom 7. bis zum 17.02. kann man also wieder realistisch damit rechnen, endlich mal mit George Clooney in einem Café oder mit Daniel Craig im gleichen Kino sitzen zu können. Dazu wirst du natürlich wieder alle systemrelevanten Filme laufen lassen und dafür nur die größten und besten Kinos der Stadt buchen. Schade ist dabei nur, dass ich immer wieder das Gefühl hatte, dass oft die falschen überstark präsentiert wurden und dass das, was wirklich direkt in mein Herz geht, gar nicht bis zur Oberfläche hoch schwappen kann. Aber in diesem Jahr, da hast du mich, oder ich mich vielleicht auch selbst überrascht. Wie durch ein Wunder bin ich auf einen Film gestoßen, der mich in allen Kriterien, die ich einem Film anlege, überzeugt. Allerdings habe ich auch wieder eine Vielzahl an Einladungen zu Pressevorführungen bekommen, deren Texte (zumeist einen Satz lange Zusammenfassungen) mich so abschrecken, dass ich mir die Filme nicht angucken kann, obwohl der Inhalt doch tatsächlich interessant und bewegend sein könnte.
Hier nun also der Film, den ich mir mit großer Freude angucken werde. Und die Top 3 deiner Texte zu Pressevorführungen will ich dir auch nicht vorenthalten.
Auf dass du mich immer wieder überrascht!
Deine Linda
DeAD ist ein Film, auf den ich durch Zufall gestoßen bin. Sofort war ich von Aufmachung, Inhalt, Machart und Musik verzaubert, so dass er der Grund ist, das erste Mal in meinem Leben die Berlinale zu besuchen.
DeAD wird am Sonntag, 10.02. um 19.30 Uhr im CinemaxX 3, am Montag, 11.02. um 13.00 Uhr im Colosseum 1 und ebenfalls am Montag, 11.02. um 20.30 im CinemaxX 1 gezeigt.
Und hier die Top 3 der Stilblüten deiner Pressevorführungstexte:
"In vorwiegend in Gelbtönen gehaltenem Ambiente, und durch Geräusch-Collagen und fiktionalisierende Musik weiter stilisiert, beschäftigt sich dieser politische Dokumentarfilm mit der komplizierten, vom Staat stark reglementierten Lebensrealität binationaler Paare im Konflikt mit einer menschenfeindlichen Bürokratie." ("DIE 727 TAGE OHNE KARAMO")
"Joaquin wiederum erkundet mit Ernesto den Alltag in der Wildnis. Die Männer gehen in den Wäldern jagen, zur Feldarbeit oder besuchen Hahnenkämpfe. Dabei kommen sie sich näher als sie wahrhaben wollen..." ("Deshora")
"Lidia ist eine von sieben Hausangestellten einer reichen Mexikanerin im Rollstuhl, die ihr Leben ihrem Rennhund „Prinzessin“ widmet." ("Workers")


