MODEVERGNÜGEN #86 - "Einen Schal bekommt man für das gleiche Geld bei COS. Doch unserer ist fair gehandelt." Ein Interview mit FOLKDAYS.
Von fair bis öko, der Markt für Nachhaltigkeitsthemen boomt und immer mehr neue Fair Trade Labels tauchen auf. Wie genau ich das so finde, kann ich noch nicht sagen. Oft habe ich das Gefühl, die Ernsthaftigkeit fehlt und die Transparenz eben auch, natürlich nicht nur bei ausgewiesenen Fair Trade Marken. Aber ich habe festgestellt, ich will mehr Transparenz, um mir als Konsument meine Gedanken machen zu können. Deswegen habe ich mal mit Lisa und Heidi von FOLKDAYS gesprochen, einem Label, das sich ebenfalls Fair Trade auf die Fahne geschrieben hat.
Accessoires, Lederhandtaschen, Schmuck & Schals– und das alles fair gehandelt. Mit dieser Idee sind Lisa Jaspers und Heidi Strom Anfang November gestartet. Die Idee war, irgendwie vom „Dritte-Welt-Laden-Image“ loszukommen und alles ein bisschen anders zu machen. So arbeiten die Leute von FOLKDAYS bei der Beschaffung und Produktion ihrer Produkte mit Stämmen aus sieben Entwicklungsländern zusammen und haben es sich mit der Produktion vor Ort zum Ziel gemacht, die lokale Wirtschaft und Infrastruktur in diesen Länder zu unterstützen. Die nachhaltige Förderung der Produzenten in den Entwicklungsländern sei eines der obersten Ziele. Zusätzlich zu fairen Einkaufspreisen zahle FOLKDAYS allen Produzenten zehn Prozent des Gewinns aus dem Verkauf der jeweiligen Produkte. Und wo ist der Haken? Ich habe mal nachgefragt.
Mal ehrlich: Warum ein Fair Trade Label gründen, wo man doch mit anderen Labels eigentlich viel mehr verdienen könnte, so scheint es?
Irgendwie war es sehr schwer, fair produzierte Kleidung und Accessoires zu kaufen, die auch cool aussehen. Viele Sachen, die man aktuell findet, würden wir nicht kaufen, weil sie uns einfach nicht gefallen. Mit FOLKDAYS versuchen wir Menschen zu erreichen, die sich gerne schön kleiden, Freude an hochwertigen Produkten haben und hinterfragen, wo die Sachen herkommen bzw. unter welchen Umständen sie produziert werden. So wie wir. Zum anderen interessieren wir uns für effektive Wege, Armut zu bekämpfen. Wir haben beiden in Entwicklungsländern gelebt, gearbeitet und sind außerdem viel gereist. Das öffnet einem die Augen. Dafür, dass es neben Armut häufig in vielen ländlichen Regionen von Entwicklungsländern auch Menschen mit herausragenden handwerklichen Fähigkeiten gibt, die nur häufig keinen Zugang zum Weltmarkt finden. Das wollen wir unterstützen. Und eben nicht nur Geld verdienen.
Macht man heute öko, um sich von anderen abzuheben?
Unsere Produkte sind eigentlich nicht klassisch 'öko' - zwar werden für die meisten unserer Produkte natürliche Farben und Materialien verwendet, trotzdem können wir nicht garantieren, dass jedes Produkt 100% ökologisch hergestellt wurden. Was wir aber sagen können ist, dass wir für die Produkte faire Preise zahlen, die es dem Produzenten ermöglichen, sich langfristig selbst aus der Armut zu befreien. In Bezug auf aktuelle Trends: Die Idee zu FOLKDAYS hatte ich schon lange im Kopf. Es ist eher Zufall, dass wir die Idee zu einem Zeitpunkt umsetzen, wo viele Menschen für Themen wie Fair Trade, z.B. durch den Zusammensturz der Fabrik in Bangladesh sensibler geworden sind.
Was genau wird oft an Fair Trade Marken kritisiert?
Angeblich halten Fair Trade Labels Märkte aufrecht, die es eigentlich nach den Gesetzen des Marktes nicht geben dürfte. Es gibt Ökonomen, die sagen: Wenn der Seidenweber in Kambodscha für seine Produkte keinen Preis auf dem Weltmarkt erzielt, von dem er leben kann, dann muss er etwas anderes produzieren. Wir denken, dass er nicht anderes produzieren und sein Kunsthandwerk aussterben lassen muss, wenn er mit seinen Produkten genau die Menschen erreichen kann, die willens sind, für einen handgewebten Schal aus Kambodscha mehr zu zahlen als für einen aus der Fabrik.
Welches Fair Trade Siegel kann man denn heute noch ernst nehmen?
Das ist schwer zu sagen, die Problematik liegt darin, dass es für kleine Produzenten logistisch und finanziell oft ein zu großer Aufwand ist, überhaupt ein Fair Trade Siegel zu bekommen, wie z.B. das bekannte Siegel von Transfer. Oft steht man bei Fair Trade Mode vor der Hemmschwelle des Preises, die Produkte sind sehr teuer und man weiß nicht genau, wo die Gelder wirklich hin fließen. Wir empfehlen dann, vor allem nachzufragen.
Warum könnt ihr günstiger sein als viele andere?
Wir sind gerade noch am Anfang und müssen natürlich vorsichtig in den Markt treten und beobachten. Klar war aber, dass wir gerade am Anfang nicht im Hochpreissegment liegen wollten, damit sich auch unsere Freunde und Unterstützer die Produkte leisten können. Wir haben schon eine bestimmte Marge, mit der wir ökonomisch arbeiten können, aber trotzdem sind die Sachen günstig, das stimmt. Ein Beispiel: Den Alpaka-Schal für 70 Euro bekommt man bestimmt auch bei Cos für den gleich Preis und hier ist das Produkt sicher nicht fair gehandelt. Das ist unser Vorteil.
Wie kann ich als Konsument nachprüfen, ob FOLKDAYS wirklich Fair Trade ist?
Wir versuchen transparent zu kommunizieren, wer unsere Produzenten sind. Im Endeffekt könnte also jeder, der Zweifel hat, unseren Produzenten schreiben oder sie besuchen. Gleichzeitig hoffen wir, dass wir auch über unser Auftreten bspw. durch die Website vermitteln können, dass es uns natürlich um schöne Produkte geht, aber vor allem auch um die Menschen, die unsere Produkte herstellen.
Danke, Lisa und Heidi.
Hier als kleine Empfehlung meine fairen Favoriten. Die Stückzahlen aller Produkte sind übrigens immer limitiert, was den Grund hat, auf Marktentwicklungen reagieren zu können.
1 – Karen Dangle Bracelet FOLKDAYS Nº 13 / 59€
Die Produzenten des Silberschmucks gehören dem Stamm der Karen aus Nordthailand an. Der Schmuck wird eigentlich bei traditionellen Zeremonien von den Stammesmitgliedern getragen und ist trotzdem modern.
2 – Heavy Silk Scarf FOLKDAYS Nº 20 / 89€
Der Seidenschal mit dem traditionellen Ikat-Muster kommt aus einer Provinz in Kambodscha. Bei Ikat-Textilien wird das Seidengarn vor dem Weben durch eine Art Batik-Verfahren eingefärbt. Bei Webprozesslegen die Weberinnen dann jeden Seidenfaden vorsichtig an den anderen, wodurch ein interessantes Muster entsteht.
3 – Bombshell Ring FOLKDAYS Nº 14 / 39€
Der Ring wird aus ehemaligen Bombenhüllen aus und in Kambodscha hergestellt. Etwas Schlechtes wird hier bewusst zu etwas Gutem verwandelt.
4 – Leather Sack FOLKDAYS Nº 34 / 160€
Die Tasche mit der perfekten Größe für jeden Tag wird in Äthiopien hergestellt.
Letzte Woche war ich bei den Etsy Labs zu Besuch. Alle Folgen vom Modevergnügen findet ihr hier.