Blind Date: Elisabeth Rank und Thilo Mischke
Elisabeth Rank und Thilo Mischke treffen sich zum gegenseitigen Interview in der Buchhandlung von Thilos Eltern auf der Frankfurter Allee. Beide haben schon für uns von ihren Reisen berichtet und gerade ihre neuen Bücher veröffentlicht, aber noch nichts von dem Gegenüber gelesen. Sie setzen sich in die Ecke über der „Flora & Fauna“ steht und begutachten erst einmal optisch ihre Bücher. Lisa streicht über das Cover von "Die Frau fürs Leben braucht keinen großen Busen", Thilo wiegt "Bist du noch wach?". Wir hören nur zu.
THILO: Wir unterhalten uns jetzt über unsere Bücher, die wir gegenseitig nicht gelesen haben.
LISA: Aber es ist schön, wie wir so dran rumfühlen.
THILO: Ich bin neidisch, dass du gebunden bist, das war mir nur gegönnt beim ersten Buch (Anmerkung von Linda: In 80 Frauen um die Welt), das sah nämlich aus wie so ein Bert-Roman, wie so ein Biolernbuch, das man nass machen kann. Und das zweite hat es leider nur zum Taschenbuch geschafft.
LISA: Bei mir war es andersrum, das erste (Anmerkung von Linda: Im Zweifel für dich selbst) war ein großformatiges Paperback, das heißt, wenn es ein Bestseller geworden wäre, wäre es in der Hardcoverliste gelandet.
THILO: Man muss auch tatsächlich ein bisschen an Zahlen denken, denn du hast zwar immer Lektoren, die dich lieben, aber den Vertrieb musst du ja auch immer noch überzeugen.
LISA: Die Verkäufe waren bei mir immer irgendwie egal. Also für mich. Und der Verlag wusste auch irgendwie schon vorher, dass sie damit nicht so viel verkaufen werden.
THILO: Wie ist das den bei deinen Titeln, wie machst du das?
LISA: Das war glücklicherweise immer so, dass die ersten meiner Vorschläge es auch geworden sind.
THILO: Ich darf meine nicht selbst bestimmen.
LISA: Oh, ich durfte alles selber machen.
THILO: Alles was ich vorschlage, ist immer hübsch, muss dann immer anders werden. Aber was ich so von der Synopsis deines Buches gelesene habe, ich glaube, wir schreiben ähnlich.
LISA: Findest du? Ich bin doch so unwitzig.
THILO: Ich meinte nicht stilistisch, sondern inhaltlich haben wir etwas Ähnliches geschrieben. Bei dir geht’s glaube ich auch ums Zusammenziehen?
LISA: Bei mir geht es ums Auseinanderziehen.
THILO: Also, passt doch.
LISA: Bei mir wohnen zwei sehr gute Freunde zusammen, Mann und Frau, in einer ganz komischen Konstellation, weil immer so flackert was da noch sein könnte. Und irgendwann merken sie, dass überhaupt gar nichts mehr flackert und alles weg ist, was jemals an Kommunikation da war.
THILO: Ist das deine Geschichte?
LISA: Nein.
THILO: Ist das eine rein fiktive Geschichte?
LISA: Nein. Es ist nicht meine Geschichte, aber ich kenne Leute, denen es so ging.
THILO: Du hast dich also von der Realität inspirieren lassen. Wie zeichnest du eigentlich deine Figuren? Ich bin da nämlich sehr faul.
LISA: Machst du dir so Notizen, aus denen du dann die Charaktere entwickelst?
THILO: Nein.
LISA: Ich nämlich auch nicht. Und ich komme mir so blöd vor.
THILO: Ich habe immer Angst, wenn ich Interviews mit großen Autoren lese, wo dann immer steht: „Ja die ersten 2 Jahre meines Buchs habe ich auf Post-It Zetteln entwickelt,“ und dann sieht man dazu noch ein Foto von dem Schreibtisch mit Millionen Post-Its, und dann die Verweise: „Das da ist die Entwicklung der Figur in der zweiten Hälfte des Romans und dort habe ich die Landschaften schon mal festgelegt.“
LISA: Wie schreibst du am besten?
THILO: Am Stück. Ganz schnell. Am liebsten ganz schnell, ganz viel. Nicht lange nachdenken und ich lege das Geschriebene dann auch sofort weg. Und das geht dann so an den Verlag, ich will mich da dann nicht noch mal mit befassen. Zum Schluss lese ich es noch einmal Korrektur und schäme mich dann.
LISA: Ich klaue ja aus meinem eigenen Blog.
THILO: Wirklich?
LISA: Einzelnen Sätze und Passagen. Da schreibe ich ja ständig so kleine Sachen rein, Minitexte. Und die landen hier und da, umgeschrieben, auch mal in meinen Büchern.
THILO: Das ist ja wie bei Helene Hegemann.
LISA: Aber ich klaue aus meinem eigenen Blog.
THILO: Ihr Buch ist ja gar nicht schlecht. Ich habe es ihr zwar nicht abgenommen, aber war gut.
LISA: Mir ist das immer egal, ob das wahr ist oder nicht. Hauptsache es ist eine gute Geschichte. Mir ist so egal, ob sie das erlebt hat oder nicht, wenn sie das geschrieben hat, irre.
THILO: Wie fühlt sich das bei dir an, kurz bevor das Buch erscheint?
LISA: Ich hab das dann immer schon wieder verdrängt. Das kommt dann noch mal hoch. Diese ganze Arbeit davor, und dann liegen da ja ein paar Monate dazwischen bis zum Erscheinen, dann muss ich mich immer zwingen, mir Stellen rauszusuchen, die man auch vorlesen kann, ich habe es nicht noch mal vollständig durchgelesen. Hast du denn dein Buch noch mal gelesen?
THILO: Nee, das mache ich das stellenweise auf der Lesung. Da lese ich das dann zum ersten Mal. Beim neuen Buch muss ich aber noch mal üben, weil das sehr hastig ist. Wie findest du eigentlich die Namen für deine Figuren?
LISA: Schwer.
THILO: Ich habe einen Trick rausgefunden, willst du den wissen?
LISA: Ja, machst du das so mit dem Alphabet per Zufallsprinzip?
THILO: Nee, sag mir erst mal wie du Namen findest.
LISA: Ich nehmen Namen von Freunden und dann schaue ich immer, wer passt gar nicht, und dann nehme ich den Namen. Wenn ich also Figuren habe, die bestimmten Leuten ähnlich sind, dann nehme ich jemanden, der das extreme Gegenteil von dieser Person ist.
THILO: Das geht bei mir gar nicht, meine Freunde habe alle komische Namen. Und dann habe ich tatsächlich versucht mir Namen auszudenken, und das endete bei mir immer bei „Roberta Blumenvogel“. Aber mein Trick ist: Ich gehe auf Friedhöfe. Das ist super, die Namen passen immer. Und man hat auch Lebensdaten.
Wie wichtig sind dir denn Kommentare zu deinen Büchern? Also zu meinem ersten Buch stand zum Beispiel im gofeminin Forum drin, dass die Frau glaube, ich wäre ein Kokser, der die Frauen mit GHB anhängig macht und nur so könnte ich mit ihnen schlafen.
LISA: Du liest das alles?
THILO: Ja, ich finde das total spannend. Das macht mich aber auch gleichzeitig fertig.
LISA: Hast du eigentlich richtige Fans?
THILO: Ein bisschen, ja. Mädchen hauptsächlich.
LISA: Wie findest du das?
THILO: Süß, das ist tatsächlich niedlich. Die schreiben dann tolle Sachen. Oder auch Männer, die mein erstes Buch „In 80 Frauen um die Welt“ gekauft haben, schreiben mir dann: „Ich dachte das wäre 'ne Fickanleitung, stimmt ja gar nicht, da bin ich enttäuscht.“ Oder Frauen, die sich das Buch gekauft haben, um wütend auf mich sein zu können schreiben dann: „Du bist ja gar nicht so böse und ich war überrascht, dass Männer so emotional sein können.“
LISA: Mir hat mal ein Human Resources Chef einer Firma geschrieben, dass er im Zug zu seiner Arbeit ganz doll geweint hätte wegen meines Buchs. Und da war ich so gerührt, dass ich auch fast geweint hätte. Es gibt ein paar Paare, die Fans sind, die dann die Bücher zusammen lesen. Die schreiben mir dann getrennt und wollen sich gegenseitig überraschen.
THILO: Ich finde die Vorstellung so toll, dass mein Buch dann in einem Bücherregal neben anderen Büchern steht. Also da ist das dann anders als bei den Artikel die ich für Magazine schreibe und die viel mehr Leute lesen. So ein Buch im Regal, die Vorstellung finde ich sehr schön.
Da man gute Bücher besser liest, als darüber zu sprechen, haben wir Lisa und Thilo gebeten jeweils aus dem Buch des anderen zu lesen.
Thilo liest am Mittwoch in der Frank Mehring Buchhandlung in der Frankfurter Allee 65. Sein Buch kann man hier bestellen und seine brutale Reisegeschichte für uns hier nachlesen.
Lisa hat schon letzte Woche gelesen. Ihr Buch kann man hier kaufen und ihre romantische Geschichte für uns hier nachlesen.