ARTVERGNÜGEN #8 mit David Shrigley, Ghost Machine, Animismus, Book-Like Objects

Rückblickend lassen sich klare bi-wöchentliche Trends ausmachen: vorletzte Woche schwang in meinen Empfehlungen ein gewisses Fernweg mit, heute ein Hauch Vergangenheit. Es geht um Geistertouren, Mythologien, Bücher und Handarbeit. Und zur Belohnung darf gelacht werden. 

Ghost Machine im HAU 1
Im letzten Sommer lag das SHIP O'FOOLS des kanadischen Künstlerduos Janet Cardiff und Georges Burges Miller vor dem HAU 2 vor Anker. Vielleicht habt ihr es besucht, dieses Narrenschiff, in dem Geisterhände Instrumente zu bedienen schienen, ein Aquarium sich im imaginären Wellengang wogte. Mit dem Videowalk Ghost Machine, der 2005 aus der Zusammenarbeit der Künstler für das Hebbel Theater entstand, wird es 2012 erneut obskur. „Ich möchte, dass Sie mit mir gehen... schwenken Sie die Kamera in diese Richtung, folgen Sie dem Bild, so dass wir zusammen bleiben können.“ Ortsbezogene Erzählungen und Geräusche aus dem iPod und Videoaufnahmen leiten den Zuschauer durch die Räumlichkeiten des HAU 1 und lassen Fiktion und Realität verschwimmen. Jene cineastischen Performances sind seit einigen Jahren das Markenzeichen der Kanadierin und eine sichere Empfehlung nicht nur für die Audioguide-, Touren- und Hörspiel-Fangemeinde.

Ghost Machine im HAU 1
Hebbel am Ufer: Hallesches Ufer 32, 10963 Berlin
12. und 13. April, 18 – 22 h / 14. und 15. April, 15 – 22 h
Start im 15 Min.-Takt, wunschweise in Deutsch oder Englisch
Tickets schnell hier buchen.

Animismus im Haus der Kulturen der Welt
Au ja, Tiere! freut sich der Tierfreund und stürmt zur Animismus-Ausstellung in's Haus der Kulturen der Welt. Doch: Animismus steht nicht direkt für das englische 'animal' (Tier). Der Schmetterling auf dem Poster ist vielmehr das Symbol der philosophischen Linie des frühen 19.Jahrhundert, derzufolge aus Dingen (Raupe) Wesen (Schmetterlinge) werden.  Aha. Animismus thematisiert mit umfangreichem Archivmaterial, Schriften, Objekten, Videos die Untrennbarkeit von Statik und Bewegung, Natur und Kunst, welcher zum Beispiel die populäre schwarz-weiß Animation The Skeleton Dance (Walt Disney, 1929) Leben einhaucht. Tom Holert liefert in einem Videoessay, eine Abhandlung über das sozialpolitische Phänomen des Konzeptes 'Glanz'. (The Labours of Shine, 2012). Kobe Matthys lässt sich gerichtlich attestieren, weswegen eher der dressierte Elefant als die Künstlerin Anrecht auf Urheberschaft über die Zirkus-Performance erheben kann. Es lohnt sich Zeit zu nehmen für Animismus. Erneut ein kleines Kuriositätenkabinett: erneut obskur und ein bisschen zauberhaft.

“Die Entzauberung der Welt ist die Ausrottung des Animismus.” ( Adorno/Horckheimer)

Animismus noch bis 06. Mai
Haus der Kulturen der Welt: John-Foster-Dulles-Allee 10, 10557 Berlin
Mi – Mo, 11 – 19 h
Eintritt 5 Euro, ermäßigt 3 Euro
Montags Eintritt frei

Konkretere Informationen zum kuratorischen Konzept und den gezeigten Videos und Archivmaterialen im digitalen Ausstellungsbooklet.

David Shrigley (in der Hayward Gallery, Southbank Centre, London)

“People I know use Shrigley's work as a personality test: I know a number of people who won't enter relationships with other people unless the other people find Shrigley's work funny” (Will Self)

Wer nicht gemeinsam lachen kann … hat wenig Grund zu lachen. In der Hayward Gallery aber stimmt die Chemie: alle Ausstellungsbesucher stehen einheitlich mit dem selben verschämten Grinsen vor Shrigley's charmant-hämischen Kommentaren auf unsere Gesellschaft. Es stellt sich heraus, dass Shrigley keineswegs eine Neu-, sondern vielmehr eine Wiederentdeckung ist: man hat das unendlich deprimierende Video zu Blur's Good Song gesehen, vielleicht auch das für Agnes, Queen of Sorrow von Bonnie Prince Billie. Bekannt sind zudem seine Illustrationen als Artwork der Alben von Jason Mraz und Franz Ferdinand. Wirklich: testet eure Persönlichkeit über den Besuch seiner Seite, informierte euch danach über die Motivation des Künstlers in dieser 1, 2, 3-teiligen Dokumentation und browst anschließend noch einmal durch seine Portfolio. Ich hoffe dass wer über ihn nicht lachen kann wenigstens eine gute Alternative hat.

Brain Activity von David Shrigley bis 13. Mai in der Hayward Gallery/ Southbank Centre (London) und immer online

Book-Like Objects bei tamtamART
Freitag gehe ich bei tamtamART vorbei, um einen Blick in die von diversen Künstlern gestalteten Bücher zu werfen. Kuratiert wird die Ausstellung Book-Like Objects von Yun-Ting Hung und Yung-Shan TsouAufzeichnungen von Yung-Sang, kombiniert mit meiner anhaltenden Begeisterung für Doodles (scheinbar beiläufige 'Kritzeleien'), die am Schönsten beim 1000 Journals Projekt, einer Art Notizbuch-Kettenbrief (siehe auch You the Designer, Smashing Magazine) in Form gebracht sind, schüren meine Neugier und Vorfreude. Das Buch muss und wird überleben!

Book-Like Object, 13.- 28. April
tamtamART: Weichselstr. 8,
10247 Friedrichshain Berlin
Eröffnung 13. April, 20 h, Performance <rabbit's daughter> von Suska Göldner, Eva Funk 21 h
Do – Sa, 15-18 h oder nach Vereinbarung

Future Shots Festival - Supermarkt
Fast schon auf 'Senden' gedrückt, erreicht mich gerade noch eine Einladung des Future Shorts Festivals: am 20. April könnt ihr euch bei freiem Popcorn nicht nur Kurzfilme, sondern auch die neue Institution im südlichen Wedding, den SUPERMARKT, ansehen. Ein ausführliches Feature zu dieser noch sehr frischen Bereicherung in Berlin's Kulturlandschaft kommt in meinen Redaktionsplan, pünktlich zur offiziellen Eröffnung im Mai.

Future Shorts Festival am 20.April
Supermarkt: Brunnenstr. 64

Eintritt ab 19.30 h, Start der Screenings um 20 h. Anschließend Musik und Tanz.

Eintritt 5 Euro

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