Internationale Fotoproduktion und illegale Party in Berlin: Muss das sein?

© Felix Kayser

Habt ihr schon einmal von dem italienischen Luxuslabel Bottega Veneta gehört? Ich nicht, zumindest bis heute früh und bis zu einem Artikel der Kolleg*innen vom Tagesspiegel, der über eine große Produktion im Berghain sowie eine im Anschluss daran stattgefundene Sause im Soho House berichtet.

Nachweise, dass konkret vor Ort gegen geltende Corona-Richtlinien verstoßen wurde, gibt es kaum: Entsprechendes Bild- und Videomaterial ist belegt, allerdings inzwischen auch von den Social-Media-Kanälen verschwunden. Die Marketingabteilung hat offensichtlich schnell gehandelt – was uns aber auch irgendwie egal sein kann, denn hier geht es nicht um Corona-Verstöße, sondern um ein völlig falsches Zeichen, dass der Allgemeinheit vermittelt wird!

Uns wird hier eine 2-Klassen-Gesellschaft vorgelebt!

© alexander dummer | pexels

Während wir, also Anna Mustermann und Otto Normalverbraucher, seit über einem Jahr mit sich ständig wechselnden Einschränkungen leben müssen, ja gerade nicht einmal nach 21 Uhr tun und lassen können, was wir wollen, fliegt die riesige Entourage einer Luxusmarke quer durch Europa, um ihren – sorry – neuesten Firlefanz in Szene zu setzen?

Während uns Urlaube oder Fernreisen quasi untersagt sind, wir Teile der Familie seit Ewigkeiten nicht gesehen haben, wir seit Monaten dem letzten besuchten Event hinterher trauern und die geliebten Festivals reihenweise ihre diesjährige Auflage absagen, wird ein Rapper eingeflogen, der im Soho House – bekanntermaßen eine der exklusiveren Adressen der Stadt – auflegt und das Ganze stolz seiner Social-Media-Community präsentiert? Während...ach lassen wir das: ES REICHT!

Wie soll die Allgemeinbevölkerung das verstehen?

© Benedikt Geyer | Unsplash

Natürlich steht es einem italienischen Label frei, wo es seine Produktionen durchführt. Selbstverständlich ist es okay, dass das Berghain die entsprechende Miete für so ein Event dankend annimmt und selbstredend kann auch das Soho House frei entscheiden, wen es wie beherbergt. Ob die ganze Chose allerdings wirklich nötig war, ist absolut fraglich:

Tausende kleine und große Geschäfte kämpfen um ihr Überleben. Abertausende Arbeitnehmer*innen beziehen weniger Gehalt, viele weitere müssen sich beruflich umorientieren, weil in ihrer Branche – Stichwort Kunst- und Kultursektor – noch immer keine schlüssigen Konzepte vorliegen. Das "Tolle" daran: All diese Menschen bekommen potentiell eine Geldstrafe aufgedrückt, wenn sie (und profaner geht es kaum) gegen geltende Corona-Richtlinien verstoßen.

Wie wohl mit der Aktion von Bottega Veneta umgegangen wird? Warten entsprechende Strafen auf die jeweiligen Stellen, also Label, Club und "Snobo"-House? Oder wird hier mit zweierlei Maß gemessen – schließlich bringt der Luxusproduzent auch Geld in die Stadt, ist also wirtschaftlich relevant! Mit solchen Leuten möchte es Berlin sich doch nicht verscherzen, oder?

Ganz ehrlich: Scheiß auf die Reputation und das Geld. In Zeiten, wo Teile der Bevölkerung nicht einmal die Familie sehen können, eine solche Reise zu organisieren, um seinen überteuerten Kladderadatsch in Szene zu setzen, ist einfach nur daneben und sollte die dementsprechenden Konsequenzen nach sich ziehen. Sonst geht der Käse einfach so weiter und nächste Woche kommt die Meldung einer Party sibirischer Pelzproduzenten in Pankow, die aus dem Ruder gelaufen ist...

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