Aus den Augen – aus dem Sinn: Wie wir gerade viele Freundschaften schleifen lassen

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Es geht hier nicht darum, den Lockdown zu verfluchen oder Corona-Maßnahmen zu beurteilen. Hier soll auch niemand kritisiert werden. Es geht schlicht und ergreifend um eine Beobachtung, die mit der aktuellen Lage in Zusammenhang steht: Unser zwischenmenschliches Universum wird immer kleiner – und wir selbst unternehmen wenig, um diesen Zustand zu ändern.

Social Distancing ist aktuell sehr wichtig – nur so können wir bald wieder befreit und ohne Einschränkungen unsere Wege gehen, nur so kehrt der Alltag irgendwann zurück. Allerdings wissen wir ja noch nicht genau, wann das sein wird. Und hier kommt der Punkt des immer kleiner werdenden Universums ins Spiel:

Habt ihr auch den Eindruck, mit immer weniger Menschen zu kommunizieren? Jede*r von uns hat ein Smartphone, unzählige Messenger-Dienste stehen uns zur Verfügung, Video Calls sind im vergangenen Jahr zur Normalität geworden. Und dennoch sind es irgendwie immer die gleichen Personen, bei denen wir uns melden oder die uns schreiben und anrufen. Der Rest ist sozusagen "on hold". Zufall? Oder zeigt sich dadurch, wer ein*e wirkliche*r Freund*in ist?

Kein Kontakt, obwohl es so einfach wäre

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Zum ersten Mal ist es mir um Weihnachten aufgefallen. Normalerweise ist das die typische Zeit, in der auch weit entfernte Freund*innen, die man sonst selten sieht, in die Heimatstadt zurückkehren. Man sich trifft, hat eine unbeschwerte Zeit, Erinnerungen und Neuigkeiten werden austauscht. Dieses Jahr war ein Treffen natürlich nicht möglich, aber seid ihr dennoch mit ihnen in den Kontakt getreten oder hat euch jemand unerwartet angerufen?

Bei mir war es nicht so. Ich habe an den Feiertagen via Zoom, WhatsApp & Co mit den gleichen Leuten kommuniziert, mit denen ich auch schon das ganze vergangene Jahr gesprochen habe. Ich habe mich bei Personen, die ich zu meinem engsten Umfeld, meinen besten Freund*innen zähle, die ich seit 25 Jahren kenne, mit denen ich mich seit 15 Jahren jedes Weihnachten treffe, dieses Mal einfach nicht gemeldet. Und sie nicht bei mir. Komisch, oder?

Ein anderes Beispiel ist Silvester: Einer meiner besten Freunde hat mich diese Woche gefragt, ob ich in den letzten Tagen – wie bei uns jedes Jahr so üblich – mit dem weit verstreuten Freundeskreis kommuniziert habe. Nein, habe ich nicht! Ganz im Gegenteil, ich habe nicht einmal daran gedacht. Normalerweise ruft selbst an Silvester um 3 Uhr morgens irgendein*e Trunkenbold*in an und wünscht einem – je nach Pegel gerne auch etwas lauter – ein frohes Neues. Dieses Jahr: Totenstille – und zwar von beiden Seiten. Stattdessen wurde wieder mit genau denjenigen gesprochen, mit denen man sowieso gerade immer in Kontakt steht.

Unser Umfeld wird immer kleiner

Womit wir endgültig beim Punkt des eigenen kommunikativen Universums wären. Durch die Einschränkungen – gerade auf der Ebene des persönlichen Kontaktes – wird uns der Austausch zwar erschwert, unmöglich ist er dennoch sicher nicht. Das "Problem" in diesem Fall sind tatsächlich wir. Wir weiten unsere selbst- und teilweise natürlich auch fremdauferlegte Isolation auf einen eigentlich leicht zu handhabenden Bereich aus. Mit einem Griff zum Telefon wäre der Kontakt hergestellt. Stattdessen herrscht Resignation. Ob das am Wetter, den Maßnahmen oder dem eigenen Unvermögen liegt, ist fast schon egal: Es muss sich was ändern!

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