Lesevergnügen #12: 11 spannende Neuerscheinungen für den Frühling

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Zumindest literarisch gesehen, kommen gute Zeiten auf uns zu, denn auch wenn viele Buchmessen und Lesungen abgesagt werden, bedeutet das nicht, dass die Autor*innen nicht fabelhafte und spannende Bücher geschrieben haben. Moritz von Uslar hat sich nach zehn Jahren für eine Bestandsaufnahme erneut in die brandenburgische Provinz begeben. Leif Randt erzählt von einer wunderbaren, alltäglichen, fast normalen Liebe. Erwin Berner schreibt mit seiner Biographie gleichsam eine Chronik für Berlin und Benjamin Maack das Tagebuch eines Depressiven. Für alle, die der Realität entfliehen und sich in Geschichten verlieren wollen oder einfach nur nach spannender Lektüre suchen, haben wir hier 11 tolle Neuerscheinungen.

Moritz von Uslar: "Nochmal Deutschboden"

Zehn Jahre ist es her, dass Moritz von Uslar für einige Monate aufs brandenburgische Land in die Kleinstadt Zehdenick gezogen ist, um herauszufinden, wie Land und Leute dort ticken. Im Frühjahr 2019 wird im Osten die AfD Volkspartei, Zeit für den Autor dem brandenburgischen Dorf erneut einen Besuch abzustatten. Er bleibt vier Monate. Vier Monate, in denen er in illegalen Kneipen sitzt, in Wohnzimmern raucht, mit der Bäckerfrau Katharina schnackt, ebenso wie mit den Punks Raul und Eric. Der fantastische Geschichtenerzähler und Beobachter Von Uslar lässt, wie auch schon in seinem vorigen Buch, die Welt in Brandenburg auf sich wirken, doch dieses Mal ist er kein Unbekannter mehr in der Kleinstadt, die Zeiten haben sich geändert, es wird politischer in Zehdenick.

Moritz von Uslar "Nochmal Deutschboden" | 336 Seiten | Kiepenheuer & Witsch Verlag | Mehr Info

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Sibylle Berg: "Nerds retten die Welt"

Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber nach Sibylle Bergs letztem Buch "GRM" hatte ich ziemlich Weltschmerz, die Tristesse von zehn Jahren Berliner Winter schien über mich gekommen. Zum Glück ist ihr neues Buch ganz anders. Ein Lichtschweif Hoffnung am dunklen Horizont. Schon während ihrer Arbeit an "GRM" hat sie sich mit vielen Expert*innen getroffen und über die Probleme unserer Welt unterhalten – und über mögliche Lösungen. Was soll man gegen den aufkommenden Faschismus tun? Was gegen die Gletscherschmelzung? In "Nerds retten die Welt" können wir jetzt diese Gespräche verfolgen und lauschen, welche Utopien Frau Berg gemeinsam mit diesen Expert*innen für Systembiologie, Neuropsychologie, Meeresökologie etc. gesponnen hat. Das perfekte Buch für alle, die für die Zukunft gewappnet sein wollen.

Sibylle Berg "Nerds retten die Welt. Gespräche mit denen, die es wissen müssen" | 336 Seiten | Kiepenheuer & Witsch Verlag | Mehr Info

Katya Apekina: "Je tiefer das Wasser"

Katya Apekinas Debütroman war ein Überraschungserfolg des vergangenen Jahres: Zunächst wurde er in einem kleinen Verlag in den USA veröffentlicht, jetzt erschien er zeitgleich in Übersetzungen ins Deutsche, Französische, Italienische und Spanische. In ihrem Roman erzählt sie das Schicksal zweier Schwestern, die, nachdem die Mutter versuchte sich umzubringen, von ihrer träumerischen Mutter in Louisiana zum weltberühmten Schriftstellervater, der die Familie vor Jahren verlassen hatte, nach New York ziehen. Während die eine Schwester von dem Gefühl des Verrats geplagt wird, erscheint der Umzug für die andere wie eine Befreiung. Während die eine versucht, die Mutter zu retten, baut die andere eine tiefere Bindung zum Vater auf. Ein Buch über die eigenwilligen Bindungen zwischen Familien und die Kräfte, die diese freisetzen.

Katya Apekina "Je tiefer das Wasser" | 396 Seiten | Suhrkamp Verlag | Mehr Info

© Suhrkamp Verlag | © Kiepenheuer & Witsch

Leif Randt: "Allegro Pastell"

Tanja und ihr Freund Jerome sind seit Jahren ein Paar. Es funktioniert gut. Sie lebt in Berlin, hat gerade einen großen Erfolg mit ihrem Debütroman gehabt und schon eine Idee für ihren nächsten. Er lebt im Maintal und ist ein gefragter Webdesigner. Die beiden hören und sehen sich virtuell täglich, sie leben in ihren eigenen Realitäten – sie im aufregenden Berlin, er im Naturschutzgebiet auf der Suche nach spiritueller Einkehr – an den Wochenenden besuchen sie sich. Während ihre Familien und Freund*innen einige Päckchen zu tragen haben, scheinen Tanja und Jerome gegen negative Vibes immun. Aber hält das für immer? Können sie ihre Liebe und Verbundenheit für immer konservieren? Leif Randt beschreibt in seinem Roman eine Liebesgeschichte der jungen 2010er Jahre, die zwischen Wirklichkeit und Vorstellung, Besonderem und Alltäglichem pendelt.

Leif Randt "Allegro Pastell" | 288 Seiten | Kiepenheuer & Witsch Verlag | Mehr Info

Erwin Berner: "Zu einer anderen Zeit, in einem anderen Land"

Im Mai 1975 zieht der junge Schauspieler Erwin Berner nach Friedrichshain, Ost-Berlin. Hier hat er seine ersten Erfolge gefeiert, sein Coming-out erlebt, aber auch die Wehen der Nachkriegszeit gespürt, der geteilten Stadt. Läuft Berner heute durch seinen alten Kiez, ist nichts mehr wie es einmal war. In seinem Buch "Zu einer anderen Zeit, in einem anderen Land" begleiten wir den Protagonisten auf einer Geschichtswanderung, die nicht nur Passagen seines eigenen Lebens widerspiegelt, sondern diese am großen Ganzen entlang erzählt. Berner schreibt nicht nur seine Biographie, sondern gleichsam auch eine Chronik einer Stadt, die sich im ewigen Umbruch befindet.

Erwin Berner "Zu einer anderen Zeit, in einem anderen Land" | 253 Seiten | Aufbau-Verlag | Mehr Info

© Aufbau Verlag | © Suhrkamp Verlag

Benjamin Maack: "Wenn das noch geht, kann es nicht so schlimm sein"

Tagebuch eines Menschen mit Depressionen: Benjamin Maack war bereits vor vier Jahren in psychischer Behandlung, jetzt wurde die Diagnose erneut bestätigt: Depression. In seinem Buch beschreibt er die letzten Tage vor dem Klinikaufenthalt, die er nur noch auf dem Sofa verbringen kann, von Selbstmordgedanken und Angst. Er schreibt von der Angst, von den Medikamenten "immer müde" zu sein, der Angst vor den Nebenwirkungen, eventuellen Rückfällen. Er erzählt, wie er mit anderen Patient*innen "Alarm für Cobra 11" schaut, wie er in der Kreativwerkstatt stricken lernt. Er beschreibt aber auch das Gefühl, wenn einem die Pfleger*innen statt der eigenen Frau zum 40. Geburtstag gratulieren. Dieses Buch ist ein erschreckend ehrliches Tagebuch, das auch die Lesenden zwischen Hoffnung, Hoffungslosigkeit, Angst und tiefer Verzweiflung taumeln lässt.

Benjamin Maack "Wenn das noch geht, kann es nicht so schlimm sein" | 333 Seiten | Suhrkamp Verlag | Mehr Info

Janna Steenfatt: "Die Überflüssigkeit der Dinge"

Keine Verantwortung. Keine Erwartungen. Keine Verpflichtungen. Nur Spaß, Alkohol, Partys und Sex. Ina lebt in Hamburg ihr Leben genau so, bis ihre Mutter bei einem Autounfall ums Leben kommt und sie ihre Vergangenheit einholt. Sie erinnert sich an ihre Kindheit am Theater, daran und dass sie ihren Vater nie wirklich kennengelernt hat. Ausgerechnet der beginnt allerdings in Hamburg am Theater ein neues Stück zu inszenieren. Genau an diesem Theater nimmt auch Ina einen Aushilfsjob an, und während sie überlegt, ob sie sich dem Vater offenbaren sollen, zeigt ihr das Leben so etwas wie Liebe – und den Verrat an ihr. Eine schöne Coming-of-Age-Geschichte über Liebe, Sex und Schuld.

Janna Steenfatt "Die Überflüssigkeit der Dinge" | 240 Seiten | Hoffmann & Campe Verlag | Mehr Info

© Hoffmann & Campe Verlag | Diogenes Verlag

Sasha Filipenko: "Rote Kreuze"

Während Russland 1941 bereits im Krieg gegen Nazideutschland steht, soll die junge Russin Tatjana einen Brief des Roten Kreuzes übersetzen, darin enthalten: Die Namen der russischen Kriegsgefangenen in Rumänien. Darunter: der Name ihres Mannes. Während sie sich freut, dass er noch am Leben ist, packt sie gleichsam die Sorge, denn Kriegsgefangene und deren Familien gelten als Verräter*innen und werden verfolgt. Tatjana muss eine Entscheidung treffen, die sie heute, knapp 60 Jahre später, immer noch beschäftigt. Als sie ihren neuen Nachbarn Alexander kennenlernt, erzählt sie ihm ihre gesamte Lebensgeschichte in einer Zeit, die aus Schrecken und Angst bestand und die ihr dennoch ihren zynischen Humor nicht nehmen konnte. Die Geschichte einer ungewöhnlichen Freundschaft. Ein wichtiges Buch, ein Stück Erinnerung, das die Vergangenheit (in Russland) nicht vergessen lässt.

Sasha Filipenko "Rote Kreuze" | 288 Seiten | Diogenes Verlag | Mehr Info

Lady Bitch Ray: "Madonna"

Lady Bitch Ray, die mit bürgerlichem Namen Reyhan Şahin heißt und promovierte Linguistin ist, versorgt uns als Künstlerin und meinungsstrake Feministin nicht nur mit ihrem Rap, sondern auch mit Büchern. Für die Musikbibliothek des KiWi-Verlags schreibt Sahin über eines ihrer größten Vorbilder: Madonna. Was sie mit der Queen of Pop verbindet und welche Macht Popmusik hat, erzählt Sahin in ihrem Buch "Madonna".

Lady Bitch Ray "Madonna" | 144 Seiten | erscheint am 03.04.2020 | Kiepenheuer & Witsch Verlag | Mehr Info

© KiWi Verlag | © Dumont Verlag

Verena Güntner: "Power"

Zwar heißt es immer wieder, dass es Großstädter*innen aufs Land ziehe, ist man aber tatsächlich dort, bemerkt man, dass die Landflucht allgegenwärtig ist. Auch in Kerzes Dorf ist das so. Immer weniger Menschen leben hier, vereinsamen. Kerze allerdings bleibt, sie fühlt sich mit ihrem Dorf, den Bewohner*innen, dem Wald und den umliegenden Feldern tief verbunden. Als eines Tages der Hund einer Nachbarin verloren geht, nimmt Kerze die Suche auf. Sie bricht auf, sucht das Dorf systematisch ab, die Kinder des Dorfes schließen sich ihr an. Als klar wird, dass sie den Hund nur außerhalb des Dorfes finden können, brechen sie auf, ziehen in den Wald. "Power" ist eine Parabel auf die Gegenwart, auf eine Gesellschaft, die den Kontakt zu ihren Kindern verliert. Wie tief ist der Schmerz der Zurückgebliebenen? Welche Kraft braucht es, um nach vorne zu sehen? Durchzuhalten? Güntner hat einen bewegenden Gesellschaftsroman geschrieben, der die tiefen Ängste und großen Schwächen unserer Gesellschaft aufzeigt, und eine klare Message hat: So wie jetzt, kann es nicht weitergehen.

Verena Güntner "Power" | 254 Seiten | Dumont Verlag | Mehr Info

Maxim Biller: "Sieben Versuche zu lieben"

In Maxim Billers Geschichten bewegen wir uns immer zwischen dem Berlin der Nachwendezeit, Stalins Moskau und dem Prag von '68. Zwischen dem ruhigen Hamburg und Tel Aviv, der wohl einzigen Stadt, in der man als Jüd*in die grausame Vergangenheit vergessen kann. Es begegnen uns immer wieder traurige Mütter, stolze Söhne, gebrochene Väter, Charaktere ,die einen bewegen und die Biller wahnsinnig gut skizziert. In diesem Buch sammelt er die schönsten Familiengeschichten, die zeitlos und eine wirklich gute Lektüre sind.

Maxim Biller "Sieben Versuche zu lieben" | 368 Seiten | Kiepenheuer & Witsch Verlag | Mehr Info

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