In Berlin darf die Bundespolizei jetzt verdachtsunabhängig Menschen filzen

© Tobias Arhelger | Shutterstock

Die Bundespolizei, die unter anderem für die Sicherheit an deutschen Bahn- und Flughäfen verantwortlich ist, macht Ernst: Am kommenden Wochenende dürfen zwischen den S-Bahnhöfen Alexanderplatz und Lichtenberg sowie in den Bahnen der Stadtlinie keine "gefährlichen Werkzeuge" mitgeführt werden, wozu "Messer, Reizgas und Schlaggegenstände" zählen. Die Maßnahme ist eine Reaktion auf das anhaltende Gewaltproblem auf dem Streckenabschnitt, der die Kriminalitäts-Hotspots Alexanderplatz, RAW-Gelände und Ostbahnhof einschließt.

Jugendliche führen Messer bei sich, verängstigte Menschen haben Reiz- und Tränengas in der Tasche stecken

Das wirft einige Fragen auf: Ist es nicht selbstverständlich, dass Menschen unbewaffnet in der Öffentlichkeit unterwegs sind? Wie soll das temporäre Verbot konkret umgesetzt werden? Und vor allem auch: Ist das die Lösung des Problems?

Auf die erste Frage gibt es derzeit leider eine nur eine schockierende Anwort: Es scheint heute bei breiten Teilen der Gesellschaft eben nicht mehr selbstverständlich, unbewaffnet in der Öffentlichkeit unterwegs zu sein. Jugendliche führen Messer bei sich, verängstigte Menschen haben Reiz- und Tränengas in der Tasche stecken. Die zahlreichen Gewaltexzesse der Vergangenheit, etwa auf dem Alexanderplatz, bereiten scheinbar vielen Menschen Sorgen. Das ist nur allzu verständlich. Doch wie soll damit umgegangen werden?

Es scheint heute bei breiten Teilen der Gesellschaft eben nicht mehr selbstverständlich, unbewaffnet in der Öffentlichkeit unterwegs zu sein.

Die Bundespolizei hat sich nun für den radikalsten Weg entschieden: verdachtsunabhängige Kontrollen. Bisher waren diese Art von Kontrollen nur an sogenannten "kriminalitätsbelasteten Orten" zulässig, zu denen der Hermannplatz, der Alexanderplatz oder auch der Görlitzer Park zählen. Nun weitet die Bundespolizei diese Gebiete deutlich aus.

Massenhaft verdachtsunabhängige Kontrollen

Das bedeutet, dass ihr (zunächst an diesem Wochenende) jederzeit darum gebeten werden könnt, eure Taschen zu öffnen und euch durchsuchen zu lassen. Das ist für die meisten von uns nervig, anstrengend und unheimlich unangenehm. Und es ist vor allem eins: sinnlos. Denn die verdachtsunabhängigen Kontrollen werden nichts am Gewaltproblem an sich ändern. Die Polizei kann sich nie sicher sein, die Richtigen zu erwischen. Stattdessen werden unbescholtene Bürger belästigt und unter Generalverdacht gestellt.

Die Polizei kann sich nie sicher sein, die Richtigen zu erwischen. Stattdessen werden unbescholtene Bürger belästigt und unter Generalverdacht gestellt.

Viel schlauer wäre es, mehr Streifen auf den Bahnhöfen und in den Bahnen patrouillieren zu lassen, Bahnhofsaufsichten einzustellen, Präventionsmaßnahmen zu fördern und (jugendlichen) Gewalttätern gewaltlose Perspektiven aufzuzeigen. Doch dafür bedarf es einer engeren Zusammenarbeit zwischen den einzelnen staatlichen Behörden und Unternehmen wie der Deutschen Bahn, sowie einer dauerhaften Finanzierung von Personalstellen und Präventionsprojekten. Solange der politische Wille hierzu fehlt, wird sich auch an der Situation nichts ändern.

Zurück zur Startseite