Untermiete ist im Mietvertrag verboten? Ein Paar wehrt sich – mit Erfolg

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In Berlin finden Normalsterbliche kaum noch bezahlbare Wohnungen. Hat man nach langer Odyssee endlich ein Zuhause bezogen, hagelt es rasante Mieterhöhungen und Co. Es muss sich endlich etwas ändern – und zwar nicht, indem wir auf bessere Mietpreisbremsen warten, sondern kämpfen! Im dritten Teil unserer Serie zieht ein getrenntes Paar vor Gericht, um sich ein Recht auf Untervermietung zu verschaffen. Hier findet ihr Teil 1 und Teil 2.

Erster Schritt: Kommunikation mit der Hausverwaltung

Zuerst wenden sich Carlotta und Hannes schriftlich an die Hausverwaltung. In einem Brief erklären sie, dass sie sich getrennt haben und Hannes ausziehen möchte. Gleichzeitig schlagen sie eine langjährige Bekannte als Untermieterin vor und bieten an, Schufa-Auskunft, Gehaltsnachweise und alle weiteren gewünschten Unterlagen einzureichen. Als Antwort auf dieses Schreiben erhalten Carlotta und Hannes von der Hausverwaltung lediglich einen knappen Zweizeiler: Der Mietvertrag sei nur von Beiden gemeinsam kündbar, und eine Untervermietung nicht gestattet. Darüber hinaus droht die Verwaltung mit einer Klage, falls die Beiden ohne Zustimmung untervermieten sollten.

Zweiter Schritt: der Mieterverein

Eine solche Klage wollen Carlotta und Hannes gar nicht erst abwarten, sondern sie beschließen kurzerhand, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Als langjährige Mitglieder des Berliner Mietervereins können sie hier auf Rückhalt zählen: Zahlt man regelmäßig den – relativ geringen – Beitrag, genießt man Rechtsschutz und darf die Beratung durch Anwält/innen in Anspruch nehmen. Ausgenommen von diesem Schutz sind nur Rechtsfälle, die zu Beginn der Mitgliedschaft bereits akut waren. Über den Mieterverein finden Carlotta und Hannes schließlich eine Anwältin, die ihren Fall übernimmt und die Kommunikation mit der Hausverwaltung regelt. Da auch die Anwältin über diesen Weg keine Einigung erzielen kann, trudelt schließlich die Gerichtsvorladung für beide Parteien ein.

Der erste Gerichtstermin

Per Gesetz ist die Gebrauchsüberlassung an Dritte genau definiert: Eine Untervermietung muss nämlich nicht gestattet werden, wenn „dem Vermieter die Überlassung aus sonstigen Gründen nicht zugemutet werden kann“ (§ 553 BGB). Deshalb stellt sich die Hausverwaltung vor Gericht als Opfer der Situation dar und lehnt die Wünsche des getrennten Paars erneut ab, da die neue Konstellation der Wohngemeinschaft für die Vermieter unzumutbar sei. Ihre Begründung hört man sehr häufig auf dem Wohnungsmarkt: Bei Einzug wurde explizit ein Paar ausgewählt, weil man mit Wohngemeinschaften schon schlechte Erfahrungen gesammelt habe. Damit nicht genug: Die Hausverwaltung argumentiert auf höchst fragwürdige Weise, erinnert sich Carlotta: Man habe seitens der Vermieter damit gerechnet, dass Carlotta und Hannes irgendwann eine Familie gründen und könne schließlich nichts dafür, dass die Beziehung gescheitert sei. Stattdessen stünde die Hausverwaltung (!) nun vor dem Problem der Trennung. Man könnte fast darüber lachen, wäre das ganze Prozedere für das frisch getrennte Paar nicht derart ernst und eine psychische Belastung gewesen. Die Anwältin der Beiden reagiert jedoch sehr souverän und erklärt vor Gericht die äußerst erstaunliche Tatsache, dass es keine Versicherung für funktionierende Beziehungen gibt.

Der zweite Gerichtstermin

Trotz allem bleibt die Hausverwaltung jedoch hartnäckig und fordert eine/n Zeugen/in, um den Auszug von Hannes aus der gemeinsamen Wohnung zu beweisen. So kommt es zu einem zweiten Gerichtstermin, bei dem die potenzielle neue Untermieterin Anna* in den Zeugenstand tritt. Sie bestätigt natürlich, dass Hannes bereits ausgezogen ist, der außerdem mit einem neuen Mietvertrag belegen kann, dass er inzwischen zur Untermiete in einer neuen WG wohnt.

Das Urteil

Einige Wochen später erhalten Carlotta und Hannes endlich das lang ersehnte Urteil. Beide bleiben Hauptmieter/innen, dürfen aber ein Zimmer an die neue Mitbewohnerin Anna untervermieten. Denn gesetzlich sind Mieter/innen grundsätzlich dazu berechtigt, unterzuvermieten, wenn sie ein entsprechend nachvollziehbares Interesse anbringen (§ 553 BGB). Auch eine zum Nachteil der Mieter/in abweichende Vereinbarung ist unwirksam. Deshalb ist die Klausel zum Verbot der Untervermietung im Vertrag von Carlotta und Hannes ungültig. Einwände gibt es nur dann, wenn etwas gegen die dritte Person spricht, wenn der Wohnraum übermäßig belegt wird oder wenn die Untervermietung für den Vermieter nicht zumutbar ist. Da Anna als neue Untermieterin alle erforderlichen Unterlagen nachweisen kann, und eine Überbelegung bei zwei Personen in einer 3-Zimmer-Wohnung natürlich nicht der Fall ist, gibt es in dieser Hinsicht keine Einwände. Was die Zumutbarkeit angeht, spricht sich das Urteil für die Klägerin und den Kläger aus: Dass die Hausverwaltung in der Vergangenheit Ärger mit WGs hatte, gilt nicht als Argument. Im Gegenteil: Viel stärker wiegt, dass Carlotta sich die Wohnung alleine nicht leisten kann und ein Recht darauf hat, ihr Privatleben innerhalb der eigenen vier Wände gemäß dem Persönlichkeitsrecht so zu gestalten, wie sie es möchte.

Niemals einschüchtern lassen!

Insgesamt dauerte das ganze Prozedere über ein halbes Jahr lang. Mittlerweise ist in der Kreuzberger Wohnung endlich wieder Ruhe eingekehrt. Zumindest fast: „Manchmal habe ich Angst, dass die Hausverwaltung mich jetzt auf dem Kieker hat und mir zum Beispiel beim Auszug Steine in den Weg legt, was die Renovierung oder die Zurückzahlung der Kaution betrifft“, erzählt Carlotta. Trotzdem ist sie froh, sich durchgekämpft zu haben – denn was es bedeutet, eine neue, bezahlbare Wohnung auf dem Berliner Wohnungsmarkt zu finden, wissen wir ja alle.

Lasst euch also niemals in dieses Haifischbecken zurückwerfen, weil ihr von einem Mietvertrag mit seinen vielen angsteinflößenden Passagen abgeschreckt seid – denn diese sind in vielen Fällen ungültig und anfechtbar.

Carlotta hat ein Recht darauf, ihr Privatleben innerhalb der eigenen vier Wände gemäß dem Persönlichkeitsrecht so zu gestalten, wie sie es möchte.

*Name geändert

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