Wie ist es, sein Hobby zum Beruf zu machen? – Bootsbauer Lutz von Berger Boote

Lutz von BERGER BOOTE liebt das Wasser, die Natur, die Sicht, die man von dort aus auf die Welt hat. Nach der Schule hat er Politikwissenschaften und Philosophie studiert, war dann als Reiseführer unterwegs, bis er vor fünf Jahren sein Hobby zum Beruf gemacht hat. Jetzt verkauft er Bootsbausätze, die man sich nach Hause bestellen kann, und bietet Bootsbau-Workshops in Neukölln an. Ganz schön cool, weshalb wir ihn zu einer "kleinen, geilen Firma" küren und ihn glatt mal in seiner Werkstatt besucht haben.

Was macht Berger Boote genau?
Wir machen Bausätze für kleine Sportboote, also für Kanadier, Kajaks, Ruder- und Segelboote. Stand-up-Paddelboote haben wir auch im Sortiment. Wir sind auf dem deutschsprachigen Markt, also Deutschland, Österreich und die Schweiz, die einzigen, die sowas anbieten. Die Designvorlagen bekommen wir von einer amerikanischen Firma namens Chesapeake Light Craft, dem wahrscheinlich weltgrößten Hersteller für kleine Sportboote. Unter deren Lizenz stellen wir hier unsere Bausätze her. Außerdem bieten wir Workshops an, in denen man sich die Boote selber bauen kann.

Seit wann gibt es deine Firma?
Berger Boote gibt es seit 2011. Also ziemlich genau seit 5 Jahren. Gegründet habe ich die Firma, weil ich immer schon gerne gepaddelt bin und mir meine Boote selber gebaut habe. Das hat angefangen bei kleinen, faltbaren Kajaks. Irgendwann bin ich auf diese amerikanische Firma gestoßen, habe mir einen Bausatz hierher bestellt und war begeistert von deren Technik, Stich-and-Glue genannt. Man bekommt vorgefräste Holzteile, näht die dann zusammen, das Ganze wird mit Epoxid und Glasfaser verstärkt. Ich mochte die Bauweise und habe festgestellt, dass es dafür kein Angebot im deutschsprachigen Raum gibt. Daraufhin habe ich den Amerikanern ein Angebot gemacht und einen Businessplan geschickt und schließlich die Lizenz bekommen, das hier zu machen.

Wie hat dein Umfeld damals darauf reagiert, dass du dich selbstständig gemacht hast?
Die Reaktionen waren eigentlich durchaus positiv. Es war eine gute Idee, etwas, das es vorher nicht gegeben hat. Ich habe vorher schon selbstständig gearbeitet, das war nichts Neues für mich. Außerdem war das Produkt gut, die Erfolgsaussichten gut, also insgesamt eine sichere Sache.

Welche Vorteile hat es für dich, dass du dein Hobby zum Beruf gemacht hast?
Wenn man sein Hobby zum Beruf macht, dann arbeitet man das, was man am liebsten macht. Das macht einfach Spaß. Ich geh jeden Morgen wahnsinnig gerne zur Arbeit und ich finde es schade, wenn ich abends aufhören muss.

Gibt's auch Nachteile?
Man hat nie genug Zeit, all das zu machen, was man machen und nebenbei auch noch Zeit für Familie haben möchte und wie bei jeder Selbstständigkeit muss man mit allen Risiken selber fertig werden.

Berlin liegt jetzt nicht gerade am Meer. Warum arbeitest du hier?
Der Standort Berlin ist ein klarer Vorteil. Die Infrastruktur ist super, zum anderen ist Berlin ein Anziehungspunkt für meine Workshop-Gäste und die verbinden das gern mit einer kleinen Städtetour. Außerdem herrscht ein gutes Klima in Berlin. Man kann sich hier mit einer guten Idee selbstständig machen, irgendwie läuft das hier. Das habe ich in anderen Städten so nicht erlebt, da hätten mich die Leute vielleicht komisch angeguckt. Hier sind alle eher interessiert.

Du hast vorhin erwähnt, dass ihr auch Workshops anbietet. Wie laufen die ab?
In unseren Workshops können alle Kunden aus Deutschland, Österreich, aus der Schweiz, ihr Boot nach Anleitung bauen. Das sind 6 Tage. Wir bauen von Montag bis Samstag und am Sonntagmorgen fahren die Kunden dann mit ihrem fertig Boot nach Hause. Die Teilnehmer sind völlig gemischt, es sind vom 19-jährigen Schüler bis zum 80-jährigen Renter, Vater, Sohn, Ehepaare alle dabei. Einige machen das, weil sie wirklich Paddler sind, die ein tolles Boot haben wollen. Andere wollen einfach mal eine Pause vom Job haben und mal wieder was mit ihren Händen machen.

Was macht das handwerkliche Arbeiten so besonders?
Am handwerklichen Arbeiten, gerade am Bootsbau, ist das Schöne, dass das so eine sehr ehrliche Arbeit ist. Man schafft etwas mit seinen Händen, man baut ein Boot.

Wie viel kommst du jetzt selbst noch zum Bootsfahren?
Immer weniger leider. Wir wachsen jedes Jahr relativ stark und je größer die Firma wird, desto weniger Zeit habe ich selbst, mal aufs Wasser zu gehen. Aber wenn sich mal die Zeit bietet, dann schnappe ich mir mein Auto, schmeiße mir ein Boot aufs Dach, ein Zelt in den Kofferraum und dann geht’s raus, so oft ich kann. Meistens irgendwo ins Umland, Spreewald, Seenplatte.

Was ist das für ein Gefühl, im eigenen Boot zu sitzen?
Man fühlt sich gut, wenn man im eigenen Boot sitzt. In dem Boot fährt, dass man auch selber gebaut hat und das dazu nicht selbstgebastelt aussieht. Und es sind tolle Boote, die hier entstehen, die mit jedem gekauften Boot von der Stange mithalten können, wenn nicht sogar einiges besser sind.

Vielen Dank, Lutz!


Dieser Artikel ist mit Unterstützung von ZEIT ONLINE entstanden. Noch mehr kleine, geile Firmen findet ihr hier.

Fotos: © Milena Zwerenz

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