Studieren während Corona: So geht es Student*innen in der Krise

Für viele Menschen brachte die Corona-Krise einiges an Veränderungen, Problemen, Sorgen aber auch Chancen mit sich – auch für Studierende. Neben den Herausforderungen der Online-Vorlesungen, stehen viele auch privat vor einer völlig neuen Situation, denn viele Unternehmen können sich studentische Mitarbeiter*innen nicht mehr leisten und Jobs gehen verloren. Der Staat hat nun Corona Überbrückungs-Hilfe für Studierende in Aussicht gestellt, viele Studierende sind damit aber nicht zufrieden und finden diese Förderung nicht ausreichend. 

Wir haben mit einigen Student*innen aus Deutschland gesprochen und sie haben uns erzählt, wie es ihnen gerade geht, was ihnen Sorgen bereitet und was sie sich für die Zukunft wünschen.

Margarethe, 22 Jahre, studiert Wirtschaftswissenschaften an der Uni Jena

© Bild: privat
Ich arbeite als studentische Hilfskraft an der Uni und konnte meinen Job glücklicherweise behalten.

Was geht dir durch den Kopf, wenn du an die letzten zehn Wochen denkst?

Die letzten zehn Wochen waren sehr interessant, da man viele Menschen neu kennengelernt hat. Jeder hat so unterschiedlich auf die Pandemie reagiert, ich fand das sehr spannend. Bei mir selbst habe ich festgestellt, dass mir ein geregelter Tagesablauf und die Routine sehr viel Sicherheit gibt, die nun fehlt.

Wie hat sich dein Alltag durch die Corona-Krise verändert und wo liegen derzeit die größte Herausforderungen für dich?

Ich kann, um alle meine Aufgaben zu erledigten, theoretisch 24/7 in meiner Wohnung bleiben. Das ist ungewohnt, da man sich sehr leicht ablenken kann. Teilweise muss ich mir an einem Tag viereinhalb Stunden Vorlesungsvideos anschauen, da fehlt einem manchmal die Motivation. Cool ist aber, dass ich nicht an Zeiten gebunden bin, ich kann mir meinen Tag also selbst einteilen. Das kann aber auch ein Nachteil sein.

Hast oder hattest du einen Nebenjob? Hat sich deine Arbeit dort während der Krise verändert?

Ich arbeite als studentische Hilfskraft an der Uni und konnte meinen Job glücklicherweise behalten. Man hat jetzt sehr viel mehr E-Mail-Kontakt, das macht Absprachen etwas komplizierter, ist aber trotzdem ganz gut möglich.

Welche Sorgen hast du?

Glücklicherweise bin ich kaum von den Beschränkungen betroffen, das sind alles eher Luxusprobleme wie keine Partys, keine Präsenzveranstaltungen in der Uni oder die Sorge, dass unsere Klausuren jetzt härter werden als normal werden. Meine einzige "größere" Sorge ist, dass das Wintersemester auch online statt finden wird, da das Unileben mit den Freund*innen schon etwas anders ist.

Was wünschst du dir für die Zukunft?

Ich hoffe, dass bestimmte gute Sachen der Krise für die Zukunft übernommen werden: höhere Wertschätzung der Care-Arbeit und, dass Krankenhäuser nicht mehr profit-orientiert organisiert werden, mehr Digitalisierung und so weiter. Und, dass Angela Merkel 2021 weiter macht und die AfD aus dem Bundestag fliegt.

Tami, 24 Jahre, studiert Medizin in Mainz

© privat
Ich habe meine Arbeit im Rettungsdienst pausiert und von April bis Juni auf einer Intensivstation mitgearbeitet.

Wie hat sich dein Alltag durch die Corona-Krise verändert und wo liegen derzeit die größten Herausforderungen für dich?

Bei uns wurde die Uni zunächst pausiert und dann komplett auf ein Online-Angebote umstrukturiert. Da es leider vorher kaum E-Learning Angebote gab, hat es etwas länger gedauert, bis alle Fachbereiche Online-Lerninhalte zur Verfügung stellen konnten. Am Anfang gab es dort relativ viel Chaos, wo welche Inhalte zu finden sind und außerdem waren die Server der Lernplattformen teilweise komplett überlastet.

Hast oder hattest du einen Nebenjob? Hat sich deine Arbeit dort während der Krise verändert?

Ja, ich arbeite eigentlich als studentische Aushilfe in einer Kinderarztpraxis und im Rettungsdienst. Zu Beginn der Corona Pandemie wurden wir über die Uni aufgerufen, uns in einem Portal mit unserem Semesterstand und unseren Qualifikationen zu registrieren, um bei eventueller Eskalierung der Corona-Situation im Krankenhaus mithelfen zu können. In Deutschland war dies ja zum Glück nicht der Fall. Dennoch wurden einige Studierende eingestellt und eingearbeitet, um im Notfall das Klinikpersonal direkt unterstützen zu können – auch ich. Daher habe ich meine Arbeit im Rettungsdienst pausiert und von April bis Ende Juni auf einer Intensivstation mitgearbeitet.

Welche Sorgen hast du?

Ich mache mir derzeit nicht allzu große Sorgen. Dennoch fürchte ich, dass einige Leute aufgrund der Tatsache, dass „der Notstand“ bei uns in Deutschland nicht eingetroffen ist, sehr wahrscheinlich ja aufgrund der strengen Kontaktbeschränkungen, das Virus jetzt nicht mehr ernst genug nehmen und damit sich und andere Personen gefährden. Das sieht man ja leider schon an den ganzen Verschwörungstheorien, die aktuell kursieren.

Was wünschst du dir für die Zukunft?

Ich glaube, dass wir noch eine ganze Weile mit Kontaktbeschränkungen und Hygienemaßnahmen, wie zum Beispiel dem Tragen eines Mundschutzes, leben müssen. Dennoch wünsche ich mir, dass sich das zwischenmenschliche Leben, auch zwischen fremden Personen, wieder etwas entspannt. Ich wünsche mir, dass die Menschen gegenseitig ein wenig auf sich aufpassen und lokale Unternehmen, Restaurants und Theater unterstützen. Ich kann dabei nur für mich sprechen, aber ich denke, dass die Pandemie viele Leute deutlich schlimmer getroffen hat und man diese, soweit möglich, unterstütze sollte.

Lilli, 23 Jahre, studiert Theater-, Film- und Medienwissenschaft in Wien

© Mali Wychodil
Meine größte Sorge ist wirklich, dass das Wintersemester auch online stattfinden muss.

Wie geht es dir gerade?

Dieser Frage gehe ich seit Beginn der Corona-Krise aus dem Weg. Einerseits ist alles gut, ich bin gesund, meine Familie und Freund*innen sind gesund – das ist schon das größte Glück. Andererseits fühlt sich alles so eigenartig an. Außerdem beantwortet man die Frage ja selbst in "normalen" Zeiten selten wirklich aufrichtig.

Wie hat sich dein Alltag durch die Corona-Krise verändert und wo liegen derzeit die größte Herausforderungen für dich?

Von Alltag kann man eigentlich kaum sprechen. Ich kenne zwar Leute, die sich ganz diszipliniert jeden Tag an ihren Schreibtisch setzen und dort auch wirklich etwas schaffen. Ich gehöre aber definitiv nicht zu diesen Menschen. Früher konnte ich gut zuhause lernen und hab die überfüllten Bibliotheken eher gemieden. Natürlich wird alles plötzlich zur Qual, wenn man mal drauf angesetzt ist. Mit der Disziplin hab ich’s eh nicht so, ich schiebe schon in normalen Semestern alles bis auf den letzten Drücker auf. Vor allem jetzt im Sommer, findet man mich eher an der Donau als vor meinem Laptop.

Hast oder hattest du einen Nebenjob? Hat sich deine Arbeit dort während der Krise verändert?
Normalerweise arbeite ich in einem kleinen Theater bei mir ums Eck. Obwohl wir natürlich recht schnell schließen und sämtliche Veranstaltungen bis Ende Juni absagen musste, werden die Mitarbeiter*innen weiterhin bezahlt. Das war zwar eine enorme Erleichterung und trotzdem super traurig, weil ein großer Teil vom "normalen" Leben weggefallen ist. Ein Ausgleich zum Uni-Chaos.

Irgendwie fügt sich dann aber doch immer alles zum Guten: Über eine Theater-Kollegin bin ich jetzt im Schelato, einer kleinen Eis-Kette, und lebe das absolute Sommerjob-Klischee. Ich lieb’s!

Welche Sorgen hast du?

Meine größte Sorge ist wirklich, dass das Wintersemester auch online stattfinden muss. Obwohl es gerade viele Lockerungen gibt, einige Prüfungen wieder Präsenzveranstaltungen sind und Unterricht in Laboren (für andere Studiengänge) teilweise stattfindet, kann ich mir gut vorstellen, dass die "zweite Welle" uns im Winter nochmal einen Strich durch die Rechnung macht.

Was wünschst du dir für die Zukunft?

Uff. Zukunft. Wie alle wünsche ich mir natürlich ein Ende der Pandemie – ich will ans Meer, nach 23 Uhr in einer Bar sitzen, keine Panik-Macher-Posts mehr in den Sozialen Medien sehen – obwohl ich immer im Hinterkopf habe, dass eine zweite Corona-Welle wohl oder übel auf uns zukommen wird. Ich habe in den letzten Wochen jedoch vor allem gelernt, dass man mache Dinge einfach nicht beeinflussen kann – warum sich dann darüber den Kopf zerbrechen?

Phillip, 26 Jahre, studiert im Master Literatur und Medien in Bamberg

© privat
Vielleicht ja das Ende des Kapitalismus? Ich mache mir aber auch keine großen Hoffnungen.

Was geht dir durch den Kopf, wenn du an die letzten 10 Wochen denkst?Es passiert gerade auf der ganzen Welt sehr viel in einem unglaublichen Tempo und so scheint es auch bei mir voranzugehen. Überhaupt die letzten Monate seit Beginn des Lockdowns sind rasend schnell vorbeigegangen. Das ist einerseits natürlich etwas unheimlich, auf der anderen Seite aber auch sehr spannend. Es scheint so als würde sich politisch viel regen und auch der Kontakt mit anderen Menschen (wenn man ihn denn hat) scheint mir aufgrund der Ausgangssperre sehr intim, die Leute sehnen sich wieder nach der alltäglichen Freiheit.

Wie hat sich dein Alltag durch die Corona-Krise verändert und wo liegen derzeit die größte Herausforderungen für dich?

Ich kann vorerst nicht mehr in der Bar arbeiten und vermisse das sehr. Als Barkeeper hat man viel Kontakt zu Gästen, Kolleg*innen und Freund*innen und man merkt schnell wie sehr einem das fehlt. Die größte Herausforderung ist gerade das Studium. Gerade als Ersti in einem Masterstudiengang finde ich es wichtig in die Uni zu gehen und dort Leute zu treffen mit denen man sich austauschen kann. Alle Seminare finden nun über Zoom statt, ich finde es zwar gut, die Möglichkeit zu haben, würde aber trotzdem gerne live vor Ort sein. Die Professor*innen und Studierenden geben sich aber dennoch sehr Mühe.

Welche Sorgen hast du?

Persönlich eigentlich wirklich nur Geld. Solange ich damit über die Runden komme bin ich ansonsten sehr glücklich – trotz Corona. Im größeren Sinne macht mir die gesellschaftliche Entwicklung zur Zeit noch Sorgen, ich versuche mich aber davon nicht zu sehr einvernehmen zu lassen.

Was wünschst du dir für die Zukunft?

Das positive Änderungen aus der aktuellen Situation gezogen werden und es nicht einfach "back to normal" wird. Vielleicht ja das Ende des Kapitalismus? Ich mache mir aber auch keine großen Hoffnungen.

Isabel, 25 Jahre, studiert im Master Kultur- und Medienmanagement in Hamburg

© privat
Meine Sorge ist, dass Corona den Arbeitsmarkt noch lange beeinflusst und die Suche nach einem Job noch herausfordernder wird.

Wie geht es dir gerade?

Irgendwie durchmischt. Seit Mitte März spielt sich mein Leben und mein Master viel auf dem Laptop ab. Das hat lange gut geklappt, weil Inhalte und Studium großen Spaß bringen. Seit zwei Wochen merke ich aber ehrlicherweise auch: die Luft ist raus.

Wie hat sich dein Alltag durch die Corona-Krise verändert und wo liegen derzeit die größte Herausforderungen für dich?

Eigentlich studiere ich einen Master, der sehr praktisch ausgerichtet ist. Wir sind nur 16 Studierende im Jahrgang und das Studium lebt vom gemeinsamen Theater-, Konzert- und Ausstellungsbesuchen und dem Umsetzen von Projekten. Lebhafte Diskussionen mit Dozent*innen aus der Praxis und im Jahrgang haben das letzte Semester bestimmt. Jetzt merke ich, dass das Denken und das Kreativ sein auf Knopfdruck während eines ZOOM-Meetings oft schleppend funktioniert. Körpersprache, die Stimmung im Raum oder spontanes Blicke zuwerfen – all diese Zwischentöne vermisse ich im Digitalen.

Welche Sorgen hast du?

Viele meiner Freunde machen jetzt ihren Abschluss, mein Jahrgang und ich 2021. Die Frage „Wie gehts weiter?“ begleitet gerade viele. Meine Sorge ist, dass Corona den Arbeitsmarkt noch lange beeinflusst und die Suche nach einem Job noch herausfordernder wird.

Was wünschst du dir für die Zukunft?

Bei einigen Leuten habe ich beobachtet, wie sehr wir Konzerte oder die Clubkultur vermissen. Ich hoffe, dass viele die Relevanz und die Bedeutung von Kunst und Kultur im Bewusstsein abspeichern und der Support für diese Orte nicht abreißt. Zwischen einer Sehnsucht nach dem Vertrauten und einer stetig wachsenden Neugierde auf neue Formate, digitale Perspektiven und kreative Impulse bin ich ziemlich gespannt, was die Zukunft bringen wird.

Sinem, 25 Jahre alt, studiert im Master FACTS (Finance, Accounting, Taxation, Supplements) in Berlin

© privat

Wie geht es dir gerade?

Sehr gut, das Wetter wird immer besser, die Sperrstunde ist weggefallen, alles wieder fast normal.

Was geht dir durch den Kopf, wenn du an die letzten 10 Wochen denkst?

Irgendwie gemischt. Zum einen bin ich glücklich, wie sich die Situation im allgemeinen in Deutschland entwickelt hat im Vergleich zu manch anderen Ländern. Zum anderen war anfangs alles so unrealistisch, zum Beispiel die Vorstellung nicht einfach Essen oder Trinken zu gehen. Einfach erstaunlich, wie anpassungsfähig man sein kann und wie kreativ man bei mancher Problemlösung wurde.
Zusätzlich aber auch irgendwie beängstigend, dass man die Zeit von vor zehn Wochen so schnell wieder vergisst und, dass eigentlich nichts für selbstverständlich gehalten werden sollte.

Hast/ Hattest du einen Nebenjob, Hat sich deine Arbeit während der Krise geändert?

Ja und nein. Für mich war Work-From-Home schon vor der Krise kein Problem, sodass ich glücklicherweise wie gewohnt weiter arbeiten konnte. Anfangs war es noch etwas ungewohnt, sein Team ausschließlich über den Screen zu sehen, jedoch fühle ich mich durch regelmäßige (natürlich virtuelle) Lunch Meetings und After-Office-Drinks mehr verbunden denn je.

Was wünschst du dir für die Zukunft?

Dass wir unsere Hilfsbereitschaft, Toleranz und Hygiene beibehalten und draus lernen – die kleine Bar um die Ecke ist nicht selbstverständlich, es gibt keine „unwichtigen“ Berufe, Schule und Uni sind nicht uncool.

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