Unsere 11 Kunsttipps für den März 2019

Worum geht's im Leben eigentlich? Gesundheit. Liebe. Beziehungen. Erlebnisse? Sicherheitshalber versehe ich diese gewagte Behauptung mit einem Fragezeichen. Fakt ist: In der Kunst wird es zum kalendarischen Frühlingsbeginn intensiv, emotional und humorvoll. Viel Gefühl wünsche ich euch mit unseren Kunsttipps für den März 2019!

Zara Pfeifer, "Du, meine konkrete Utopie" (2013-2017) © Zara Pfeifer

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Entkunstung | Verkunstung im Österreichischen Kulturforum

Entkunstung, ein Wiener Verein für die Förderung kultureller Produktion und Vermittlung, gastiert derzeit im österreichischen Kulturquartier der deutschen Hauptstadt: Die von Felipe Duque und Maximilian Mauracher kuratierte Ausstellung zeigt künstlerische Arbeiten aller Medien, um zu reflektieren, wie Menschen Dinge erschaffen, die später als Kunst gelten. Mit dabei sind die Fotografien von Zara Pfeifer, die banal erscheinende Gebäude, Ereignisse und Menschen echt, sozusagen #nofilter, einfängt. Demgegenüber steht zum Beispiel Tobias Faisst, dessen Fotomotive aufs Feinste komponiert und geplant sind.

Nevin Aladağ, “Paravent, Social Fabric #1”, 2012. Photo: Trevor Good. Courtesy: the artist, Wentrup, Berlin

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And Berlin Will Always Need You im Gropius Bau

Nach Überarbeitung öffnet der Gropius Bau seinen Lichthof für die Öffentlichkeit und lädt zur Einweihung Künstlerin Chiharu Shiota ein. Ab 22. März sind weitere Gäste im Haus, darunter Mariechen Danz, bekannt für ihre oft theaterhaften, audiovisuellen Inszenierungen, und Haegue Yang, deren raumgreifende Alu-Jalousie-Installation ihr vielleicht im Kesselhaus des Kindl Kulturzentrums gesehen habt. Die Ausstellung "And Berlin Will Always Love You" nimmt sich den Ursprung des Hauses als Kunstgewerbemuseum und Lehrinstitution als Ausgangspunkt – wie damals geht es auch jetzt um die Untrennbarkeit von Kunst und Kunsthandwerk sowie zentrale Aspekte künstlerischen Schaffens wie Urheberschaft, Arbeitsprozesse, Interpretation, Souveränität und Machtstrukturen.

David Shrigley, Right Ear Made From Bronze, 2019 © Helga Maria Klosterfelde

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Little & Large Editions bei Helga Maria Klosterfelde

Ihr wollt ins Kunstsammler-Business einsteigen? Dann schaut bei Klosterfelde vorbei. Die Little & Large Editions von Douglas Gordon und Jonathan Monk bieten große und kleine Arbeiten sogenannter großer und kleiner Künstler. Die wohl populärste zu erstehende Edition – also Werke limitierter Stückzahlen – stammt von meinem liebsten Kunst-Komiker David Shrigley: ein rechtes Ohr aus Bronze für die Wand. Auch zu haben: ein T-Shirt in Übergröße das John Baldessari, das fragen lässt, warum man nicht auf Sumo-Ringer als Nische zielt. Er stellt sich das recht erfolgversprechend vor. Eine amüsante Schau mit großen Namen und ebenso großem Geldanlagepotenzial.

Lina Scheynius, untitled (diary), 2009 © Galerie Tanja Wagner

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Lina Scheynius bei Galerie Tanja Wagner

Bemessen an den Eckpfeilern der Ästhetik sind intime Momente nicht unbedingt schöne Momente. Lina Scheynius’ Serie BODY ist aber so echt und wahrhaftig, sie deckt eine besonders schöne Tiefe des zwischenmenschlichen Lebens und Erlebens auf. Die Bilder zeigen im Grunde den Lauf des Lebens, fangen private Momente von Liebe, Sex und Alterung ein. Dabei wurde der Fotografin eine überraschende Nähe zugestanden: Sie begleitet die letzten Momente der Schwangerschaft ihrer Freundin Amanda, bis hin zur Entbindung und zeigt intime Situationen ihrer Freundin Marina mit Lover.

Mom's Mask, Pt.2, 2016 © Melissa Spitz

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CRAZY bei fhoch3

In Deutschland erkrankt jede*r vierte irgendwann im Lauf des Lebens an einer psychischen Störung; am häufigsten sind Angstzustände, Depressionen oder Abhängigkeitserkrankungen. Auch heute noch werden diese oft weitgehend tabuisiert, vor allem von der nicht betroffenen Gesellschaft. Und so scheitern wir daran, Betroffene richtig zu integrieren. Die Fotografen Sibylle Fendt, Laia Abril, Nora Klein, Louis Quail und Melissa Spitz haben Bekannte oder Familienmitglieder mit einem der Krankheitsbilder in ehrlichen Bildern festgehalten und tun damit etwas sehr Wichtiges: psychische Störungen sichtbar zu machen und eine Auseinandersetzung damit zu provozieren.

Chris M Forsyth, Richard-Wagner-Platz, 2016, Berlinische Galerie © Chris M Forsyth

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Underground Architecture in der Berlinischen Galerie

Wenn ihr demnächst die U7 Richtung Westen nehmt, empfiehlt es sich dringend, mal den Blick vom Handy abzuwenden. Im Untergrund nämlich könnt ihr denkmalgeschützte Bahnhöfe aus der Nachkriegszeit bestaunen, beispielsweise die Station Spandau oder den Fehrbelliner Platz. Besonders herausragende Beispiele fasst die Ausstellung "Underground Architecture. Berliner U-Bahnhöfe 1953–1994“ zusammen. Sachlich-schlichte Eleganz, knallig bunter Pop und historisierende Kathedralarchitektur mit Hintergrundinformationen unter einem Dach.

Andy Warhol “Sprite Figures Kissing” © Galerie Buchholz

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Andy Warhol. From “THE HOUSE THAT went to TOWN” bei Galerie Buchholz

Jeder kennt die Dosen der Campbell-Tomatensuppe und die Marilyn-Monroe-Portraits. Jeder kennt seinen Namen und sein Gesicht: Andy Warhol, König der Pop Art. Dass nicht alles, was die Legende tat, poppy war, kann man jetzt in der Galerie Buchholz sehen. In den frühen 1950er Jahren arbeitet Andy Warhol mit dem Schriftsteller Ralph Thomas Ward an einer kleinen Anzahl illustrierter Bücher. Für seine Illustrationen entwickelte Warhol die Bottled-Line-Technik, die schnell zu seinem Signature-Stil wurde. Mal Freunde, mal er selbst malten die bottled lines aus – am Ende war aber kein Unterschied zwischen den Bildern seiner Freunde und seiner zu erkennen. Die Frage der Urheberschaft und der Reproduzierbarkeit war ja eine, die die Pop-Art-Künstler immer bewegte.

David Wojnarowicz, A Fire in My Belly, 1986–1987, Standbild aus Super-8-Film, Courtesy Electronic Arts Intermix (EAI), New York, Photo: Frank Sperling

8
David Wojnarowicz und Rezah Abdoh im KW

Im KW werden derzeit zwei Künstler gezeigt, die unter unterschiedlichen, in beiden Fällen familiär nicht ganz einfachen Bedingungen ins Leben starteten, letztlich aber durch das gleiche Schicksal aus dem Leben gerissen wurden: David Wojnarowicz wurde in den 50ern in den USA geboren und eignete sich in New York autodidaktisch die handwerklichen und konzeptionellen Fähigkeiten eines Künstlers an, um politischen und persönlichen Themen eine Form zu geben. Nach seiner Erkrankung an Aids setzte er sich stark für die queere Szene ein. Reza Abdoh, ein iranisch-amerikanischer Regisseur, hatte als schwuler Mann in einer iranischen Familie keine leichte Stellung. Seine Theater- und Filmarbeiten waren extrem, laut und schrill, visuell überladen. In einem Artikel fällt der Vergleich zu einer Rasierklinge. Im KW werden Aufzeichnungen seiner Performances gezeigt.

  • KW Institute for Contemporary Art Auguststraße 69, 10117 Berlin
  • Bis 5. Mai 2019 | Mittwoch – Montag: 11–19 Uhr, Donnerstag, 11–21 Uhr 

  • 8 Euro, ermäßigt 6 Euro
University of Ife in Ile-Ife, Nigeria | Architects: Arieh Sharon, Eldar Sharon | Photo: © Arieh Sharon digital archive

9
Bauhaus imaginista im Haus der Kulturen der Welt

Neu im März: Bauhaus imaginista im Haus der Kulturen der Welt. Wenn ihr noch nicht so richtig verstanden habt, was es mit der legendären Designschule eigentlich auf sich hat, sollte ihr ins HKW. Bekanntlich widmet das Haus der Aufbereitung auch komplexer Themen immer besonders viel Zeit und Raum. Die Auseinandersetzung mit dem Bauhaus beginnt hier mit der Fragestellung, wie wir Design und Kulturproduktion heute als soziales Projekt verstehen können. Es geht um das Lernen von Anderen, um Veränderung im Angesicht geopolitischer Tatsachen, um Vermittlung und das interdisziplinäre Zusammenspiel.

  • Haus der Kulturen der Welt John-Foster-Dulles-Allee 10, 10557 Berlin
  • 15. März bis 10. Juni 2019 | Täglich 11–19 Uhr, Dienstag geschlossen | Eröffnung: Donnerstag, 14. März 2019, 19 Uhr, Eintritt frei
  • 9 Euro, ermäßigt 7 Euro, Montag Eintritt frei
Wrestler Kimono, 2013 © VG Bild-Kunst, Bonn 2018 / Courtesy Lisson Gallery

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Objects of Wonder im PalaisPopulair

Skulpturen sind oft recht sperrige, unnahbare und unverständliche Objekte. Man muss sich aber auch eingestehen, dass das Genre „Skulptur“ oft zu eng gedacht wird. Sie einzig auf abstrakt geschnitzte Büsten auf statischem Sockel zu reduzieren, wird der Vielfalt nicht gerecht, wenn man beispielsweise an die Szenographien von Helen Marten denkt, die derzeit auch in der König Galerie zu sehen sind. Oder die britischen Gentlemen Gilbert & George, die das Ereignishafte in Skulpturen hervorheben, während sie sich selbst zur Skulptur machen. Werke britischer Künstler werden in dieser, in Zusammenarbeit mit dem Tate Modern entstandenen Ausstellung, durch Verfremdung, Neukombination und Inszenierung zu Objects of Wonder, also Objekte zum Staunen.

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0+255 im Meinblau Projektraum

Schwarz ist bekanntlich Berlins Uniform. Aber auch das konträre Weiß wird gern getragen. Die Ausstellung 0+255 nimmt sich nicht der Mode an, aber sie macht Platz für Berliner Künstler, die für ihre Arbeit ausschließlich den Farbwert 0 für die Farbe Schwarz und den Farbwert 255 der Farbe Weiß auf der RGB-Farbpalette sowie ihre unbunten Abstufungen verwenden.

Titelfoto: Chris M Forsyth, Richard-Wagner-Platz, 2016, Berlinische Galerie © Chris M Forsyth

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