Wie schlimm ist es wirklich, wenn man jeden Abend ein Feierabendbier trinkt?

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"Treffen wir uns gleich noch auf ein Bier?" Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie häufig ich diesen Satz schon in mein Handy getippt und an Freund*innen geschickt habe. Und eigentlich könnte man meinen, dass da ja auch nichts dabei ist. Das eine Bier zum Feierabend. Das eine Glas Wein zum Essen. Das eine Radler am Kanal beim Sonnenuntergang. Aber vor allem im Sommer, wenn die Abende lau und die Nächte lang sind, kommen diese "einen Male" verdammt häufig vor. Auch zu Zeiten von Corona. Dann sind eben der heimische Balkon und die Mitbewohner*innen die Begleitumstände.

Wie schlimm ist es, wenn man jeden Abend ein Bierchen oder zwei trinkt? Und wie schlimm, wenn man sich zwei mal die Woche richtig einen reinstellt? Ist es besser, über die Woche verteilt wenig zu trinken, als am Wochenende Vollgas zu geben? Und ab wann spricht man eigentlich von Abhängigkeit? Wir haben uns in die Recherche gestürzt und mit Hilfe der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e.V. einige der wichtigsten Fragen beantwortet:

Wie gefährlich ist Alkoholkonsum?

Machen wir uns nichts vor, Unmengen Alkohol zu trinken ist alles andere als gesund. Vor allem bei Jugendlichen, bei denen der Organismus noch in der Wachstumsphase ist, kann Alkohol mitunter schwere Auswirkungen haben. Grundsätzlich erhöht aber auch bei Erwachsenen der Konsum von Alkohol das Risiko für die Entwicklung von akuten und chronischen Erkrankungen und sozialen Problemen.

Stimmt es, dass Alkohol in geringen Mengen sogar gesund ist?

In den letzten 15 Jahren war der günstige Effekt von Alkohol immer wieder Thema. Das bezieht sich aber vor allem auf die Entstehung von Arteriosklerose, kornoraren Herzerkrankungen und ischämischen Schlaganfällen. Und tatsächlich kann bei älteren Menschen, die bereits einen Herzinfarkt hatten oder mehr als einen Risikofaktor für einen Herzinfarkt haben, durch eine kleine Menge Alkohol (bei Männern 30 Gramm, bei Frauen die Hälfte) ein individueller Nutzen entstehen. Das gilt aber auch bei solchen Risikopersonen nur individuell, jüngere Menschen haben dementsprechend keinerlei Nutzen von Alkoholkonsum.

Welche Menge Alkohol wird gefährlich?

Grundsätzlich gilt es, größere Mengen Alkohol zu vermeiden. Zu großen Mengen zählen etwa 1.25 Liter Bier oder 0.6 Liter Wein für Männer, für Frauen sogar nur die Hälfte. Eine Flasche Wein am Abend ist also egal für welches Geschlecht definitiv nicht gut.

Wieviel Alkohol kann man bedenkenlos trinken?

Wenn man gesund ist und keine zusätzlichen genetischen oder erworbenen Risiken im Umgang mit Alkohol hat, liegt die tägliche Menge Alkohol pro Tag für Männer bei 24 Gramm Reinalkohol, das sind etwa 0.5–0.6 Liter Bier oder 0.25–0.3 Liter Wein. Bei Frauen ist es wiederum lediglich die Hälfte. Grundsätzlich gilt aber, dass man selbst bei dieser Dosis mindestens zwei alkoholfreie Tage pro Woche einhalten sollte.

Was ist schlimmer: periodisches oder konstantes trinken?

Darüber ist man sich in Fachkreisen uneinig. Einerseits hat durch das periodische Rauschtrinken, also ein bis zwei Mal die Woche mehr als fünf Gläser Bier, die Leber Ruhephasen zur Regeneration, andererseits kann sich die Leber auch nur begrenzt regenerieren. Außerdem besteht beim konstanten, wenigen Trinken, also max. ein Glas Bier am Tag, die Gefahr, dass sich der Körper daran gewöhnt und so von der gleichen Menge Alkohol immer weniger zu spüren ist. Eine Abhängigkeit kann nicht nur aus massivem Alkoholkonsum entstehen, sondern auch aus regelmäßigen kleineren Mengen.

Was sind Zeichen für eine Abhängigkeit?

Es gibt einige Anzeichen für eine Alkoholabhängigkeit. Von der Diagnose Alkoholabhängigkeit spricht man, sollten mit Blick auf das vergangene Jahr drei oder mehr der folgenden Kriterien gleichzeitig zutreffen:

  • ein starker Wunsch oder Zwang, Alkohol zu konsumieren
  • verminderte Kontrollfähigkeit bezüglich des Beginns, der Beendigung und der Menge des Alkoholkonsums.
  • ein körperliches Entzugssyndrom bei Beendigung oder Reduktion des Alkoholkonsums
  • Nachweis einer Alkoholtoleranz
  • fortschreitende Vernachlässigung anderer Vergnügen oder Interessen zugunsten der Alkoholeinnahme
  • anhaltender Alkoholkonsum trotz Nachweises eindeutiger schädlicher Folgen

Wohin kann man sich wenden, wenn man Anzeichen erkennt?

Der erste Schritt ist, wie in so vielen Dingen, vermutlich der schwerste. In Deutschland gibt es aber jede Menge Einrichtungen, Beratungsstellen und Selbsthilfegruppen, die einem diesen erleichtern. Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. informiert und hilft dabei, geeignete Einrichtungen in der Nähe zu finden, aber auch die Initiative Kenn dein Limit der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung hat eine sehr gute Seite mit Anlaufstellen.

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