Unsere 11 Kunsttipps für den Dezember 2018
Es war mal wieder ein schönes Kunstjahr mit euch. Zwar ist Schreiben eine recht einseitige Kommunikation, aber das Suchen und Finden und Aufbereiten der besten Ausstellungseröffnungen, Happenings und Kunstmessen bereitet mir großes Vergnügen. Und darum habe ich euch auch im Dezember wieder ein paar Leckerlis zusammen gesucht und hoffe, euch damit eine schöne Bescherung zu bereiten. Hoho!
1 Cheers bei Eigen+Art Lab
Die Jahresrückblicke können beginnen. Eigen+Art Lab zeigt in der Gruppenausstellung "Cheers" Projekte, die das Lab in den vergangenen 12 Monaten mit KünstlerInnen realisiert hat. Mit dabei sind der Berufshochstapler Andy Kassier und die aktivistischen Internetkünstler !mediengruppe bitnik.
2 Evoking Reality bei Daimler Contemporary Berlin
Kunst schauen ist manchmal wie die Nachrichten lesen. Künstler beobachten, kommentieren und präsentieren ihre Perspektive auf Ereignisse rund um den Globus. Richard Mosse beispielsweise setzt für seine Fotografien Infrarot-Technologien ein, wodurch Situationen sichtbar werden, die unsere blanken Augen sonst nicht sehen können – und aus Sicht einiger auch nicht gesehen werden sollen. Mosses spektakuläre Bilder hängen bei "Evoking Reality" neben denen von Tacita Dean und Viviane Sassen.
3 Artist's Film Days im Babylon Kino
"Videoart at Midnight" ist nach 10-jährigem Bestehen eine Institution. Regelmäßig wird freitags um Mitternacht die Play-Taste gedrückt. Dann laufen Filme von Künstlern wie John Bock, Wolfgang Tillmans und Keren Cytter, die von herausragend bis bizarr reichen. Entdeckungen sind ebenso garantiert wie eine ausgelassene Stimmung. Für die 100. Ausgabe treten die Macher aus der nächtlichen Dunkelheit: im Rahmen eines mehrtägigen Festivals, mit Symposien, Ausstellungen und Screenings zelebrieren und diskutieren sie mit euch die Kunst des Films.
4 Billy Childish bei neugerriemschneider
Childish gilt als Botschafter des amateurhaften Schaffens und freien emotionalen Ausdrucks. Seine teils dramatische Lebensgeschichte verarbeitet er in Gedichten, Malereien, Skizzen, in Musik und Fotos – allein, in Bands oder als Teil der The Stuckist Künstlergruppe. Tracy Emin benennt ihn als einen ihre Haupteinflüsse, er die Dada-Bewegung und vor allem Kurt Schwitters. Eines von Schwitters Gedichte ließ sich Childish sogar auf seinen Allerwertesten tätowieren.
5 Das letzte Bild im C/O Berlin
Es ist uns durchaus klar, dass das Leben nicht unendlich ist – aber weiter wollen wir uns mit dem Ende dann auch nicht befassen. Unsere Kultur hat einfach keine Kultur im Umgang mit dem Tod etabliert. Und daher sind Ausstellungen wie diese wichtig. "Das letzte Bild" zeigt Bilder vom Tod, von den Anfängen der Fotografie bis in die Gegenwart, von Größen wie Bertolt Brecht, Nan Goldin, Douglas Gordon, Thomas Hirschhorn und Thomas Demand.
6 Biografien der Bilder im Museum Berggruen
Die Gurlitt-Ausstellung im Martin-Gropius-Bau ist ein aktuelles Beispiel: Scheinbar stumme Kunstwerke haben eine Lebensgeschichte, die unsere oft in den Schatten stellt. Die Sammlung der Familie Gurlitt stand nämlich im Verdacht, Raubkunst aus der Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft zu sein. Wie man diese Geschichten erhalten und erzählen kann, ist eine Frage, die das Museum Berggruen seit drei Jahren erforscht und nun in einer Ausstellung öffentlich macht. Mit dabei: Skulpturen, Gemälde und Zeichnungen von Picasso, Matisse und Braque.
7 Local Histories im Hamburger Bahnhof
Einer vergleichbaren Spur wie "Biografien der Bilder" folgt "Local Histories": die Ausstellung spürt Beziehungen und Bedingungen der Kunstproduktion in der zweiten Jahrhunderthälfte in New York, Düsseldorf, Berlin, L.A. und Köln auf. Wer beeinflusste wen, wer unterstützte wen und was verband eigentlich Bruce Naumann, Donald Judd, Gerhard Richter und Jenny Holzer?
8 Mat Collishaw bei Blain | Southern
Mat Collishaws Werke haben was magisches: einmal gesehen vergisst man ihre visuelle Wucht nicht mehr. Collishaws Art und Weise existenzielle Themen – in „The Grinders Case“ geht es um die Vergänglichkeit des irdischen Seins – über historische Referenzen auszuarbeiten – wie die Animation einer Aquarellstudie von Albrecht aus dem Jahr 1526 – ist einzigartig. Und so scheint im Moment der Betrachtung die Zeit doch stillzustehen und nichts vergänglich zu sein.
9 Boris Mikailov bei Barbara Weiss
Der Ukrainer Boris Mikhailov ist einer der bedeutendsten Fotografen der UdSSR. Er dokumentierte das Leben in einem ehemals kommunistischen Osteuropa. Seine Bilder sind aber auch ein schönes Attest vom bewahrtem Menschlichen, von Humor und Lust, aber auch Vergänglichkeit und Tod, auf einem Terrain gefallener Ideale und zerbrochener Ideologien.
10 Petra Cortright bei Société
Als wir zuletzt über Petra Cortight geschrieben haben, repräsentierte die junge Künstlerin eine rein digital agierende Künstlergeneration. Auf der Suche nach Material, das sie mit virtuellen Mitteln zu ihrem machen konnte, surfte sie durchs Netz. Sie selbst stand dabei meist im Mittelpunkt ihrer Videos. Inzwischen sind Cortrights Arbeiten als digitale Malerei von YouTube in die Galerie gezogen. Das Internet und Photoshop bleiben ihre hauptsächlichen Tools, das Ergebnis aber wird greifbar. Post-Internet-Kunst nennt sich das.
11 Contemporary Vinegar Syndrome im Martin-Gropius-Bau
Seid ihr bereit für Weihnachten? Wenn ja, ist das euer Event, wenn nein, auch. Für die Serie „Contemporary Vinegar Syndrome“ tauchen die Archivare des Arsenal, Institut für Film und Videokunst, richtig tief ins Archiv. Ihre Fundstücke werden jetzt im Martin-Gropius-Bau gezeigt: „White Christmas“ von Harun Farocki und das legendäre Musical „White Christmas“ mit Bill Crosby von Michael Curtiz aus den 50ern. Die kitschige heile Welt des Musicals steht der scharfen Gesellschaftskritik von Farocki gegenüber. Nach dem Screening lädt die Künstlerin in Residence Wu Tsang zur Performance "Late Night Fermentation Salon" in das Café des Museums.