Kleine, geile Firmen #19 – KAKAOMANUFAKTUR BELYZIUM

© Milena Zwerenz

Unweit der Torstraße in Mitte hat sich im September die "Kakaomanufaktur Belyzium" angesiedelt. Die Betreiber Klaus (re.) und Florian (li.) bekommen ihre Kakaobohnen direkt aus Belize in Zentralamerika geliefert und stellen ihr Schokoladentafeln selbst her. Ihre frische Schokolade verkaufen sie eingepackt in Butterbrotpapier, dazu gibt es Schokoladentee aus Kakaobohnenschalen. Den direkten Vertrieb und den Anspruch, allerbeste Schokolade anzubieten, finden wir super und lecker und küren Belyzium deshalb zu unserer kleinen, geilen Firma #19.

Was macht ihr in der KAKAOMANUFAKTUR BELYZIUM ganz genau?
Wir machen alles, was mit Kakao zu tun hat: Anbau, Züchtung, Erhaltung der Genetik in Belize, direkter Handel nach Berlin, Verarbeitung, Verkauf im Laden. "Direct trade" also. Wir versuchen, die beste Qualität so frisch wie möglich abzuliefern. Wir verarbeiten die Kakaobohne zu Schokolade und fügen lediglich Zucker hinzu. Wir wollen das Beste aus der Kakaobohne rausholen und den wahren Kakaogeschmack zurückholen.

Was macht ihr ganz genau nicht?
Wir fügen keine anderen Stoffe bei der Produktion hinzu. Unsere Schokolade ist keine chemische Zauberei.

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Ihr beiden betreibt die Kakaomanufaktur, habt sie aber nicht selbst gegründet. Wer steckt dahinter?
Andrei und Tatiana aus Kalifornien haben die Kakaofrau GmbH gegründet, zu der Belyzium gehört. Die beiden haben irgendwann Urlaub in Belize gemacht und haben die Belizebohnen entdeckt. Es gibt dort eine sehr lange Kakaokultur. Die Kakaopflanzen wachsen nicht auf Plantagen, sondern mitten im Wald und können quasi das ganze Jahr über geerntet werden. Die Bohnen sind sehr hochwertig, aber zu teuer für die Großindustrie. Die Bauern dort haben ihre Bohnen unter Wert verkauft, Andrei und Tatiana wollten ihnen helfen. Deshalb haben sie dort Land gekauft und sind Teil der Kooperative geworden. Andrei ist jetzt offiziell Kakaobauer und wir bekommen unsere Bohnen direkt aus Belize.

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Was habt ihr vor eurem Job in der Kakaomanufaktur gemacht?
Klaus: Ich war IT-Berater für die Staatlichen Museen in Berlin.
Florian: Ich habe Ausstellungen und Bücher fürs Technikmuseum gemacht, aber ich hatte keine Lust mehr auf Einjahresverträge.

Ihr kanntet euch also schon vorher?
Nein, wir sind quasi zusammengewürfelt worden.

Arbeiten noch andere Leute bei euch?
Wir haben aber ein paar freie Mitarbeiter, die uns helfen, die Schokolade auf Märkten zu verkaufen. Jetzt im Winter bekommt man sie zum Beispiel auch auf Weihnachtsmärkten.

Ihr habt es euch zum Ziel gesetzt, beste Qualität zu liefern. Aber was zeichnet richtig gute Schokolade aus?
Florian: Zunächst sollte der Rohstoff möglichst gut, die Urbohne möglichst unbehandelt und die Fermentation richtig gelaufen sein. Die Röstung muss so stattgefunden haben, dass sie gut für die Kakaobohne ist. Das klingt komisch, aber ich habe das Gefühl, dass die Röstung nicht wirklich ernst genommen, sondern eher als lästiger Schritt angesehen wird. Die Schokolade sollte nichts enthalten außer Zucker und Kakao.

Und wie sollte sie dann schmecken?
Florian: Ich mag die Fruchtigkeit in der Schokolade. Die beste Schokolade ist die möglichst frischeste. Wenn man das selbst noch nicht gegessen hat, weiß man wahrscheinlich gar nicht, was ich damit meine. Für mich gibt es keinen Weg zurück zu lang gelagerter Schokolade. Die Frische macht Schokolade für mich reizvoll.

Was ist euer wichtigstes Arbeitsutensil?belyzium_milenazwerenz (1 von 1)

Wie stellt ihr eure Tafeln her?
Florian: Unsere Bohnen holen wir aus unserem Lager in Kreuzberg. Wir rösten sie mit der sogenannten Schachtröstung in einem Ofen. Dann werden die Bohnen von den Schalen getrennt. Dabei entstehen die sogenannten Nibs, das sind die Kakaobohnensplitter. Die Schalen werden als Möglichkeit zum Aufbrühen verkauft. Die gebrochenen Bohnen werden zu einer Art Brei weiterverarbeitet, der dann mit Zucker und unserer eigenen Kakaobutter vermischt wird.

In unseren Mühlen wird das Ganze zwölf bis 24 Stunden gemahlen. Je nachdem, welche Art von Schokolade ich herstellen will, verwende ich unterschiedliche thermische Verfahren, um die gewünschte Form Kakaobutter-Kristalle in der Schokolade entstehen zu lassen. Für die Tabu-Schokolade arbeite ich direkt mit der mühlenwarmen Kakaomasse weiter. Durch zügiges Abkühlen entsteht dabei ein Schmelzpunkt von circa 20 Grad.
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Was hat es mit der Tabu-Schokolade auf sich?
Diese Art der Herstellung ist - wie der Name andeutet - eher unkonventionell und erfordert zudem eine kühle Lagerung der Schokolade. Dabei stellt die Erhaltung der Frische durch die Kühlung eine gewisse logistische Herausforderung dar, auf die wir uns bewusst zu Gunsten des Geschmacks einlassen.

Welche Sorte verkauft sich am besten?
Klaus: Unsere frische Tabu-Schokolade mit 83 Prozent Kakaoanteil.

Und wie teuer ist Schokolade bei euch?
Klaus: Die Tabu-Schokolade kostet 6 Euro pro 100 Gramm. Die kann man grammweise kaufen. Die verpackte und klassisch temperierte kostet zwischen 5 und 5,60 Euro für 50 bzw. 60 Gramm.

Welche Sorte mögt ihr selbst am liebsten?
Florian: Die Tabu-Schokolade mit 89% Kakaoanteil.
Klaus: Ich mag die Maya-Chili-Schokolade am liebsten. Der Chili betont die Kakaofrucht am Anfang, ohne dass man weiß, dass Chili drin ist, bis sich die Schärfe erst später offenbart. Ganz am Ende vermischt sich dann das Raucharoma der Schokolade mit dem Chili.

Stimmt. Eure Schokolade schmeckt tatsächlich sehr rauchig. Fast wie ein guter Whiskey. Esst ihr überhaupt noch andere Schokolade?
Klaus: Ab und zu mache ich das, aber nur, um zu überprüfen, wie das eigentlich ist. Wir bieten auch im Zuge unserer Seminare Tastings an, bei denen wir auch immer eine Schokolade aus dem Supermarkt anbieten. In 99,5 Prozent der Fälle erkennen die Leute, welches Stück das ist.

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Als ihr die Firma gegründet habt, was lief nicht so wie gedacht und wie habt ihr das Problem gelöst?
Klaus: Eine Frage, die wir uns immer wieder stellen, ist, wie wir unsere Schokolade am besten vermarkten, weil wir eben ganz viele Produkte haben. Wir sind Kakaobauern, Bohnenhändler, Schokoladenproduzenten und müssen Marketing machen. Jeder Mensch isst fast jeden Tag Schokolade oder Zucker, wir treffen mit unserer puristischen Schokolade auf eine Welt, die auf Zucker und Milchschokolade konditioniert ist.

Die Prozentangabe auf der Tabu-Schokolade hilft schon ein bisschen, aber damit die Leute verstehen, wie richtiger Kakao schmeckt, geben wir auch Seminare und Workshops. Es geht uns nicht darum, der tausendste Schokoladenhersteller zu sein, der Schokoladenmasse kauft und in eine fancy Form gießt.

Welche wichtige Lektion habt ihr im letzten Monat gelernt?
Klaus: Es ist besser, den Kunden ein Stück Schokolade in den Mund zu stecken, als viel zu erklären.

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Die Kakaomanufaktur Belyzium findet ihr in der Lottumstr. 15 in Mitte und im Internet. Hier könnt ihr euch auch für Schokoladen-Seminare anmelden oder euch noch mehr über ihre Schokolade durchlesen.

Die Fragen haben uns Klaus und Florian beantwortet. Vielen Dank. Vor zwei Wochen waren wir bei PUUR JEWELLERY. Den “kleinen, geilen Firmen”-Floh hat uns übrigens dieser Song ins Ohr gesetzt.

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