Das Leben der Anderen #9 – Bodyguard Ahmed Mohammed

»Haben Sie sich jemals entschuldigt?« – »Nein. Warum sollte ich das tun? Was ändert das denn?«, sagt Ahmed Mohammed. Er war früher ein Schläger, ein Troublemaker, mit einem Bein in der Unterwelt. Heute residiert er mit Blick auf die Gedächtniskirche und beschützt Menschen. Hauptberuflich. Ortstermin bei Berlins Bodyguard Nummer Eins.

Ahmed Mohammed war zwölf, als seine Familie aus dem Libanon floh. Sie schafften es irgendwie nach Deutschland, lebten auf der Straße, irgendwann bekamen sie eine Wohnung, in Schöneberg war das. Wenige Zimmer für viele Menschen. Bis heute geht er dort vorbei, wenn er sich mal wieder erden muss. Setzt sich auf die Treppenstufen, auf denen er als Kind schon saß und keine Perspektive gesehen hat. Heute ist er ein Meter neunzig groß, ein Hüne – und ein Selfmademan, wie er im Buche steht: Als Türsteher hat in den Neunzigern seine Karriere begonnen: »Naja, man kannte mich als Schlägertyp, aber als Schläger mit Würde«. Später wandelte er sich vom Saulus zum Paulus, er ließ das Nachtleben hinter sich. Schon immer sei er strikt gegen Drogen gewesen, bekräftigt er mehrmals, und habe das nicht mehr ertragen können. Er wurde dann zum Bodyguard, beschützte Franziska van Almsick, als sie noch der vierzehnjährige «Goldfisch» war. Bis heute ist er mit ihr befreundet: »Sie ist wie meine Schwester.« Aber das ist eine Ausnahme, denn Freundschaften baut man in dem Job nicht auf. Man darf seinen Kunden nicht zu nah sein, sondern hält seine professionelle Distanz. »Ich habe jahrelang für Verona Feldbusch gearbeitet, trotzdem hat sie meinen Mitarbeiter abgeworben«, erzählt er. Böses Blut hilft da nicht weiter. Herr Mohammed ist sowieso einer, der lieber nach vorne schaut: Irgendwann hat er neben seiner Bodyguard-Agentur die »Academy for Security« gegründet, wo man sich zum Bodyguard, Sicherheitsfachmann und Detektiv ausbilden lassen kann. Immer wieder kommen Fernsehteams, um die Ausbildung dort zu zeigen und der Chef zeigt sich da gerne von seiner knallharten Seite. Im echten Leben ist er nicht ganz so, er sei vertrauensselig, was es Leuten leicht mache, ihn auszunutzen, meint er. Doch so wie er das dröhnend erzählt, glaubt man ihm das nicht ganz.

Batman ist sein großes Vorbild: Ein bisschen mysteriös, heldenhaft und sehr menschlich, so sieht sich Ahmed Mohammed am liebsten. Seine Augen leuchten, wenn es um die Marvel- und DC-Helden geht: »Meine Frau mag Superman lieber, aber so jemanden gibt’s ja nicht, Superman ist ein Alien. Aber Batman ist ein echter Mensch! Habt ihr schon den neuen Wolverine gesehen?« Die Welt der Helden und Rächer ist sein Metier. Doch wenn er über seinen Helden in der Realität spricht, wird Ahmed Mohammed plötzlich ganz anders, stiller, sanfter: Er begleitete Muhammad Ali einige Wochen auf einer Tour durch Europa, eine ergreifende Zeit für ihn. In seinem Büro hängen überall Bilder und Zeitungsausschnitte über den Boxer.

Doch Geschichten von Touren mit anderen Stars klingen ganz anders: Für Colin Farrell machte er bei der Werbetour zum Film »Alexander» in Japan eine volltätowierte Stripperin klar, bei der gleichen Gelegenheit fühlte sich Angelina Jolie sich mit ihm so wohl, dass sie ihn öfter engagierte. Doch mittlerweile hat Berlins Starbodyguard keine Lust mehr auf die Glitzerwelt: »Ich ziehe mich vom roten Teppich zurück.« Die Drogen, das ganze Reisen, der Druck. »Meine Kunden aus der Pharmabranche sind viel dankbarer. Und es ist viel einfacher.« Die Zeiten, in denen er mehrmals angeschossen wurde und eine Waffe an seinem Hinterkopf spürte, scheinen nun endgültig vorbei zu sein.

Ausserdem ist sowieso viel zu beschäftigt: Als nächstes Projekt steht die Eröffnung eines eigenen Fitnessstudios an. Und die ersten Modelle seines eigenen Modelabels stehen auch schon im Büro, frisch aus der türkischen Näherei geliefert. Die Jacken glitzern, fast so hell wie seine gebleichten Zähne. Ahmed Mohammed grinst breit. Diesem Mann kann man keine Steine in den Weg legen: Er schmeisst sie hoch und jongliert mit ihnen.

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Mehr über Ahmed und seine Firma erfahrt ihr auf seiner Webseite. Sehr zu empfehlen sind die Videos.  Das Leben der Anderen erscheint in Kooperation mit GREATEST BERLIN.

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