ARTVERGNÜGEN #92 – Unsere 11 Kunsttipps für den April 2016

Die Berliner Kunstszene atmet nochmal kräftig ein und aus, bevor es Ende des Monats in den Trubel des "Gallery Weekends" übergeht. (Was ihr nicht verpassen dürft, verraten wir euch in einem Special Ende des Monats.) Passend zum Frühling gibt in der Stadt neben den üblichen Verdächtigen auch junge Nachwuchskünstler, die uns begeistern.

1. Erwin Wurm – Berlinische Galerie
Du bekommst den Jungen aus der Provinz, aber die Provinz nicht aus dem Jungen. So oder so ähnlich geht es wohl auch Erwin Wurm, der uns deshalb sein Elternhaus in einem detailgetreuen, begehbaren Nachbau, gestaucht auf die Breite von 1,10 Meter, nach Berlin bringt. Der Besucher erfährt so "bei Mutti" die Enge der Provinz und darf als one minute sculpture zu einem Teil des Ganzen werden, vorausgesetzt er hat nichts gegen ungewöhnliche Posen (und die nötige Flexibilität). Neben den skulpturalen Arbeiten, widmet sich die Ausstellung aber auch ausführlich dem zeichnerischen Werk Erwin Wurms.

15. April – 22. August 2016
Berlinische Galerie, Alte Jakobstraße 124–128
Mittwoch – Montag: 10.00–18.00 Uhr

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© Erwin Wurm

2. The Artist is Broke #3
"The Artist ist Broke" ist vielleicht der most trending Jutebeutel-Aufdruck. Hinter dem uneitlen Titel steht ein Flohmarkt, bei dem Photodrucke junger Künstler verkauft werden. Tagsüber stellen ausgewählte Kuratoren im 90-Minuten-Rhythmus immer verschiedene Ausstellungen aus den eingereichten Arbeiten zusammen, ersteigert werden können die Bilder dann abends. Bei einer Preisspanne von nur 10 bis 15 Euro sollte für jeden was dabei sein. Und nur so wenig braucht es um die Künstler vor der Pleite zu retten.

16.–17. April 2016 ab 16.00 Uhr
Versteigerung am Abend des 16. & 17. April 2016
The Artist is Broke #3, Boddinstraße 32

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3. Olaf Heine – nhow Berlin
Olaf Heine bekommt sie alle vor die Kamera: egal ob Iggy Pop, Snoop Dogg oder Farin Urlaub. Sein Geheimnis sind wohl seine bildstarken Inszenierungen, bei denen er wie ein Regisseur die Künstler in eine Rolle schlüpfen lässt, manchmal stark wie Superhelden oder verträumt im Moment versunken. Unter dem Titel "Do Not Disturb" werden jetzt 45 seiner Portraits gezeigt, die uns davon träumen lassen, auch einmal so inszeniert werden, vielleicht ja Verena als Frida und Saskia als Diego.

7. April – 11. September 2016
nhow Berlin, Stralauer Allee 3
Täglich 10.00–18.00 Uhr

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© Olaf Heine

4. Berlin Typography Event & Exhibition – Show Us Your Type
Auch wenn der Titel so tut als ob, geht es bei dieser Empfehlung nicht um Berlins Typographien. Vielmehr werden geladene Künstler aus allen Ecken der Welt an diesem Wochenende grafische Arbeiten ausstellen, die Städte zum Thema haben. Sehenswert ist auch die Location: der Secret Garden ist ein ehemaliges Kabarett-Theater aus den rauschenden 20ern, dem 2013 modernisiert wieder Leben eingehaucht wurde.

Preview-Ausstellung: 30. April 2016, 10.00–15.00 Uhr
Eröffnung mit multimedialen Installationen und Musik: 30. April 2016, 17.00–21.00 Uhr
Ausstellung: 1. Mai 2016, 10.00–18.00 Uhr
Einlass nur mit Ticket
Secret Garden Berlin, Gartenstraße 6

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5. Isa Genzken – Martin-Gropius-Bau
Isa Genzken gehört zu den Künstlern, für die sich durch ihre Radikalität mehr Türen öffnen, als schließen, und somit gleichzeitig von ihrer Qualität zeugen. In "Mach dich hübsch" erleben wir den ganzen verrückten Arbeitsdrang von jemandem, die ohne Scheu vor Be- oder gar Verurteilung Filme, Skulpturen, Zeichnungen und narrative Collagen entstehen lässt. Doch lasst euch nicht täuschen, trotz des immensen Outputs kratzen die Arbeiten tief unter der Oberfläche.

9. April – 26. Juni 2016
Martin-Gropius-Bau, Niederkirchnerstraße 7
Mittwoch–Montag: 10.00–19.00 Uhr

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© Isa Genzken, Galerie Buchholz, Köln/Berlin, VG Bild – Kunst, Bonn 2016

6. Hamid Sulaiman – CRONE
Die Politik des Assad-Regimes treibt nicht erst jetzt das eigene Volk aus dem Land. Nachdem Hamid Sulaiman Folter ertragen musste, floh er 2011 aus Syrien und lebt jetzt in Paris. Der Architekt und Künstler hat Themen seiner Heimat in Malereien und Comics festgehalten, die immer wieder in Zeitungen publiziert wurden. Nach drei Jahren Arbeit ist sein Comic "Freedom Hospital“ über das Leben der Menschen, erzählt vom Alltag der Jugend im Bürgerkrieg, von IS-Milizen und politische Unterdrückung in Syrien, ist jetzt bereit, ausgestellt zu werden.

9. April – 18. Juni 2016
Eröffnung: 8. April 2016 um 19.00 Uhr
Galerie Crone, Rudi-Dutschke-Straße 26

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© Hamid Sulaiman

7. Dora Foldes – Showroom Berliini
Auch im Jahr 2016 scheint sich in der Öffentlichkeit noch immer kein normaler Umgang mit dem "untenrum" einer Frau finden zu lassen. Die Werbung sagt uns, wir müssten zwischen den Beinen stets nach Blumenwiese riechen und alle Flüssigkeiten bitte sofort in Hightechbinden verbannen. Dass wir vielleicht aber auch anfangen könnten, uns entspannt mit dem weiblichen Körper auseinanderzusetzen, zeigt die junge ungarische Künstlerin mit ihren Arbeiten unter dem Werktitel "Milk and Blood".

29. April – 21. Mai 2016
Eröffnung: 28. April 2016 um 18.00 Uhr
Showroom Berliini, Charlottenstraße 95, Innenhof 2.OG
Dienstag – Samstag: 12.00–18.00 Uhr

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8. John Holten – L’Atelier-ksr
Eine wunderbare Gelegenheit, sich gleich zwei spannenden Künstlern in besonderer Konstellation durch eine Ausstellung zu nähern. Der Schriftsteller und Verleger John Holten führt an diesem Abend durch die Arbeiten von Lorenzo Sandoval, die noch bis zum 7. Mai zu sehen sein werden. Holten hat dabei einen besonderen Blickwinkel auf die Werke, denn er arbeitete bereits für Sandoval und verknüpft nun sein Erzähltalent zu Geschichten rund um seine Bilder, die dann wie eine Live-Lesung funktionieren.

Talk mit John Holten am 5. April 2016 um 19.00 Uhr
Ausstellung bis zum 7. Mai 2016
Dienstag – Samstag: 14.00–19.00 Uhr
L’Atelier-ksr, Großbeerenstraße 34

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© Agora Collective

9. Johannes Grützke – Villa Schöningen
Direkt an der historischen Glienicker Brücke, unweit der Pfaueninsel, steht die Villa Schöningen. Hinter ihrer prachtvollen Hülle gewährt sie Platz für die Malereien von Johannes Grützke, laut der Morgenpost Berlins eigenwilligster Maler und Mitgründer der 1973 gegründeten Schule der neuen Prächtigkeit. Vor seinem schonungslosen Blick, darin treffen Realismus auf ungeschönte Gesellschaftskritik, scheute sich Altkanzler Richard von Weizäcker nicht, als er zum Porträt vor Grützke posierte. Nicht ihn, aber einige andere nackte Wahrheiten werdet ihr in der Villa zu sehen bekommen.

Bis 19. Juni 2016
Villa Schöningen, Berliner Straße 86
Donnerstag – Sonntag:  10.00–18.00 Uhr

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© Reto Klar

10. Detel Aurand – Botanisches Museum
Frühling vor der Tür. Vegetation unterm Glasdach. Blüte in Öl. Detel Aurand bekräftigt mit ihren floralen Malereien noch zusätzlich das multisensuelle Erlebnis, in das uns Gewächshäuser voll tropischer Seerosen, Kakteen und ungesehener Pflanzenvarianten und der 43 Hektar große Garten mit Pflanzen aus aller Welt entführt. Inspirationen für ihre Gemälde und Skulpturen zieht Aurand direkt aus den vielfältigen Schätzen des Botanischen Gartens.

Bis 29. Mai 2016
Botanisches Museum im Botanischen Garten, Königin-Luise-Straße 6-8
Täglich 10.00–18.00 Uhr

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11. Kunstautomat – Jüdisches Museum
Futter für den Kopf bekommt ihr in der nunmehr vierten Runde vom Kunstautomaten im Jüdischen Museum. Junge, jüdische Künstler haben dafür limitierte Kleinserien entworfen, die euch nach dem Zufallsprinzip in die Hände fallen. Darunter sind hochwertige Fotografien, Ölgemälde, Kunstpostkarten, ein Kunstfilm oder Keramiken. Der Erlös wird unmittelbar an die Künstler weitergegeben. Eine schöne Aktion und perfekte Gelegenheit, sich etwas Kunst ins Haus zu holen die man sich leisten kann.

Jüdisches Museum Berlin, Lindenstraße 9–14
Montag: 10.00–22.00 Uhr, Dienstag – Sonntag: 10.00–20.00 Uhr

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© Jens Ziehe


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